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Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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Schlag um Schlag mit dem gewaltigen Morgenstern los. Er schwang die schwere Waffe so geübt, dass er kaum Zeit zum Ausholen brauchte. Hieb um Hieb trieb der Vogt Julie in Richtung Pendel. Julie musste rückwärts gehen, Schritt für Schritt kam sie näher an das Pendel heran. Da geschah es: Ein besonders brutaler Hieb schmetterte auf Julies Kopf herunter. Julie schaffte es zwar noch, den wuchtigen Morgenstern mit dem Schwert zur Seite abzulenken, aber sie verlor dabei das Gleichgewicht und lag nun zu den Füßen des Vogtes auf dem Boden.
    Julie blickte hektisch Richtung Pendel; sie wollte es zumindest ein Mal gesehen haben, wenn sie jetzt schon ihr Leben dafür lassen musste. Auf einem riesigen Ständer bewegte sich langsam und lautlos ein schmiedeeisernes Pendel in dunklem Anthrazit. Der stabile Sockel war mit seltsamen Schriftzeichen besetzt; sie mussten uralt sein. Trotzdem sah es eigentlich nicht bedrohlich aus.
    „Es wird dein Blut sein, das den Sockel des Pendels netzt – dann wird das Pendel wissen, wie schwach du bist, und mich wählen. Das Pendel ist mein!“, triumphierte der Vogt. „Jetzt bricht eine neue Zeit an …“ Er holte ein letztes Mal zum Schlag aus.
    Julie schloss die Augen, sie war so müde. Sie hatte zuviel Blut verloren, um zu kämpfen, es war vorbei. Das wäre wohl der richtige Moment für den Heiltrank gewesen. In der selbstgewählten Dunkelheit fielen ihr die Worte des alten Mannes wieder ein, der Hinweis auf die Schwachstelle des Vogts. – Das war es! Trotzig rollte Julie sich gewandt auf die Seite; einmal musste sie es noch versuchen. Was hatte der Vogt gesagt? Er würde Hüter, weil ihr Blut den Sockel des Pendels netzen würde? Von links unten stach Julie dem Vogt das Schwert tief in sein Bein. Der Vogt schrie auf. Das Blut schoss aus der Wunde, Julie musste eine größere Ader getroffen haben. Sich noch immer links unten haltend, trat Julie im Liegen dem Vogt kräftig gegen den hinteren Oberschenkel des verletzten Beins, so dass der Vogt in Richtung Pendel stolperte, und hielt gleichzeitig ihr Schwert zwischen seine Schienbeine. Der Vogt stöhnte auf, auch das andere Bein blutete jetzt; beim Stolpern hatte sich die scharfe Schneide in sein Bein gegraben. Er kam vollends aus dem Gleichgewicht, fiel nach vorne und landete der Länge nach auf dem Sockel des Pendels.
    Sobald der erste Tropfen seines Blutes den Sockel berührte, begann der Sockel zu zischen und zu brodeln; der Vogt schrie auf und verschwand, und Julie spürte, wie sich ein metallener Reif beißend in die Haut um ihr Handgelenk brannte. Auch sie schrie auf, der Schmerz trieb ihr die Tränen in die Augen. Julie verlor das Bewusstsein.
    Das hohle Geräusch der sich öffnenden Tür schreckte Mathys aus seiner Reglosigkeit. Während alle anderen nur die Hälse reckten, um herauszufinden, was geschehen war, stürmte Mathys mit vom Warten steifen Gliedern auf die Türen zu. Er wusste wie alle in Tallyn geborenen, dass ihn das sein Leben kosten konnte, falls der Vogt gewonnen hatte: Wenn die dunkle Seite das Schicksal bestimmte, entwich den Kammern das Letale, ein schwarzes Gas, welches den Rückzug des Vogtes zum Portal sicherte. Es tötete jeden, außer dem Vogt und seinen Anhängern, der von ihm eingehüllt wurde. Wenn die helle Seite gewann, wurde der Blaue Wind der Heilung frei, er half der Anwärterin, die gewonnen hatte, sich vom Kampf zu erholen und bescherte allen Menschen in Tallyn neue Gesundheit. Doch noch bevor Mathys auch nur einen Blick in die offene Tür werfen konnte, brachte ihm der Jubel der Menge die ersehnte Gewissheit. Diejenigen, die weiter weg standen, hatten die ersten glitzernden Teilchen des Blauen Windes aufsteigen sehen. Julie hatte den Vogt besiegt!
    Rasend schnell verbreitete sich der Blaue Wind und zog seine schillernden Bahnen in Richtung Tallyn. Jetzt gab es kein Halten mehr; alle stürmten in die Katakomben.
     
    Julie saß verdattert auf dem Reisigboden. Seltsamer, glitzernd blauer Nebel hatte sich überall im Raum ausgebreitet und sie aus ihrer Bewusstlosigkeit geweckt. Im ersten wachen Gedanken suchte sie hektisch nach dem Gegner; bis ihr wieder einfiel, dass der Vogt vorhin verschwunden war. Julie fühlte sich nicht wirklich schlecht; sie hatte keine Schmerzen. Sie sah an sich herunter, die Kleidung war noch zerrissen, aber die Wunden waren nicht mehr zu sehen! Auch ihre Erschöpfung war wie weggeblasen. Vorsichtig betastete Julie den breiten Reif an ihrem Handgelenk. Er war mit seltsamen

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