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Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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es klüger war, klein beizugeben, zumindest für den Moment.
    „Na warte, du hässlicher Kartoffelsack, das zahle ich dir noch heim!“, keuchte sie beim Laufen, um zumindest vor sich selbst das Gesicht zu wahren. Vier und eine halbe Runde trottete die unsportliche Swantje mehr, als dass sie lief, den Rest musste sie gehen, weil sie gar keine Puste mehr hatte. Das war kein Wunder, denn normalerweise wurde sie chauffiert oder von einem Pferd getragen. Selbst zum Tennis war sie nur selten gegangen, und da stand sie mehr herum, als dass sie spielte.
    Sie stöhnte und japste entsetzlich. „Autsch“, sagte Mathys, „das kostet Kraft.“ Julie musste wider Willen lachen. Im Grunde hätte sie Swantje den Ärger nach all den fiesen Bemerkungen ihr gegenüber so richtig gönnen sollen, aber Swantje tat ihr trotzdem eher leid.
    Vor dem Ende des Unterrichtes zeigte Milo ihnen noch die Ausrüstung und die Aufzucht-Station für die Zuchtfalken. Ab August würden die Beizvögel bis Februar wieder täglich eine Stunde im Hellen trainiert werden müssen, aber zurzeit war alles ruhig. Nach der Führung war es schon zwölf; der Unterricht war zu Ende.
    Von der gestrigen Nacht noch müde und vom Unterricht erschöpft, freuten sich alle Mädchen und auch die Jungs unter den Gefährten auf die Pause und das Essen. Der Rückweg verlief schweigsamer als der Hinweg, die meisten hingen ihren Gedanken nach.
    Nach der Hälfte der Strecke hörte Julie, die mit Mathys und Daan genau hinter Swantje, Dolf und Tonia herlief, ein kurzes Gezeter und Geraschel. Der Waldweg öffnete sich an dieser Stelle zu einem Wiesenrand. Die Geräusche kamen aus dem dichten Laub eines Holunderbusches. Auch Swantje hatte den Lärm vernommen. Zögerlich blieb sie stehen und sah fragend zu Tonia.
    „Sollen wir nicht …“, begann sie bittend.
    „Bist du verrückt? Ich will ins Lager“, knurrte Tonia. Sie zog Swantje am Ärmel weiter. Dolf brauchte sie nicht zu ziehen, er dackelte brav hinter ihr her, wie immer. Der pickelige Junge blickte Tonia mit dem gleichen treuen Blick an wie ein verliebter Drache sein Weibchen. Schon lief Tonia wieder voraus, Dolf im Schlepptau. Mit hängenden Schultern folgte Swantje den beiden; das kleine Grüppchen entfernte sich schnell.
    Julie fragte niemanden. Sie schob die dichten Zweige des Holunders vorsichtig auseinander, außer Acht lassend, dass sie sich im feuchten dunklen Untergehölz die Hose und die Schuhe beschmutzte. Aus einem Nest in zwei Metern Höhe war ein Amselbaby gefallen. Die Köpfchen der anderen Küken im Nest waren trotz der bedeckenden Blätter gut zu sehen. Sie streckten das orange-gelbe Doppeldreieck ihrer Schnäbelchen in Julies Richtung. Der Ausreißer lag hilflos auf einer der wenigen bemoosten, aber ansonsten freien Stellen am Boden. Seine Äuglein waren schon offen, und die kleinen Stummelflügel ließen ihn noch bemitleidenswerter aussehen, als er ohnehin schon war. Julie dachte angestrengt nach und zog dabei die Stirn kraus. Daan und Mathys waren ihr zum Gebüsch gefolgt. „Ich weiß, dass heraus gefallene Vögel von der Mutter nicht wieder angenommen werden, wenn man sie berührt. Meint ihr, es könnte klappen, wenn wir etwas basteln?“
    Daan, der sich, wie alle Elfen, stark mit der Natur verbunden fühlte, nickte.
    „Wir könnten eine kleine Trage bauen“, schlug Mathys vor.
    „Gute Idee“, bestärkte ihn Julie. Daan suchte zwei Stöckchen zusammen, die kräftig genug waren das Gewicht des Vögelchens zu tragen. Mit viel Mühe schoben sie die Stöckchen durch die Ränder eines Wegerich-Blattes, ohne dieses anzufassen, und balancierten mit den Stöckchen noch ein anderes Blatt obendrauf, nur um ganz sicher zu gehen. Dann bugsierten alle drei gemeinsam das kleine hilflose Wesen mit Stöckchen auf die Blätter der behelfsmäßigen Trage.
    „Wer bringt es zurück? Wir müssen uns beeilen – wenn die Mutter uns am Nest sieht, lässt sie vielleicht alle Kinder im Stich!“, drängte Mathys zur Eile.
    „Ich mach’ es“, rief Julie. So schnell sie konnte, kletterte sie im Inneren des dichten Holunderbusches auf einen Platz, von dem aus sie das Nest gut erreichen konnte. Daan und Mathys gaben ihr vorsichtig den kleinen Patienten hoch. Julie schaffte es, ihn an den stumpf hellgrünen, bräunlich gefleckten Eierschalenresten und seinen Geschwistern vorbei in das Nest gleiten zu lassen, ohne irgendetwas zu berühren. Dann stieß Daan, dessen geschärfte Sinne das Nahen der Amselmutter wahrnahmen,

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