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Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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zugesehen. „Ein bisschen Ruhe dahinten, bitte!“, kam Anouks Stimme so deutlich zu ihnen durch, als stünde Anouk direkt neben ihnen. „Was ist denn da los?“, setzte Anouk noch hinzu.
    Daan ergriff das Wort: „Ehrenwerte Anouk, die Störung war keine Absicht. Unsere Anwärterin ist gerade unbeabsichtigt das erste Mal geschwebt und überrascht zu Boden gegangen.“ „Ist das wahr, Kind?“, fragte Anouk; den Anflug von Verblüffung bekam sie nicht schnell genug aus ihrer Stimme, so dass nun wirklich jedem klar war, dass hier etwas Besonderes passiert war. Alle drehten sich zu Julie um. Diese stand nun in der Mitte eines riesigen Haufens von Jugendlichen, die sie alle anstarrten wie ein seltenes Insekt, und fühlte sich total überfordert. Also nickte sie nur. Anouk klatschte zweimal kurz in die Hände, um die Aufmerksamkeit wieder nach vorne zu lenken. „Falls noch jemand eine neue Eigenschaft entdeckt, möge er dies bitte leise tun, denn ich erkläre jetzt die Regeln für die heutige Prüfung.“ Dieser Scherz war genau das Richtige gewesen, er lockerte die Spannung bei allen, und Julie atmete erleichtert auf.
    Sie dachte darüber nach, was gerade geschehen war, wie sie geschwebt war und über Anouks Worte – und fast hätte sich Julie ein zweites Mal unsanft auf den harten Boden gesetzt, als ihr bewusst wurde, was das alles bedeutete. Vier! Sie hatte vier Eigenschaften – so viele wie Anouk!
    Sie musste sich zusammenreißen, um die folgenden Worte der Regeln für die Jagd auf den weißen Hirsch von Anouk zu hören und aufzunehmen.
    „Wer diese Prüfung nicht schafft, wird von der weiteren Teilnahme ausgeschlossen.“ Nun hatte Anouk die volle Aufmerksamkeit der Anwärterinnen und ihrer Gefährten. Alle, die jetzt noch dabei waren, wollten gerne Hüterin sein oder als Gefährte in den Rat einziehen. Die Monate in Tallyn hatten ihre Spuren hinterlassen. Selbst die plumpskuhartige Gestalt von Swantje hatte so etwas wie eine Form angenommen. Und die Mädchen, von denen viele vorher total unselbständig gewesen waren, konnten jetzt nähen, selbst Kerzen gießen, Körbe flechten, duftende Seifen herstellen und vieles andere. Keine der Anwärterinnen wollte den Zauber für die Erinnerungslöschung erleben, und davon blieb nur die Hüterin  verschont. Alle warteten gespannt auf die nächsten Worte der aktuellen Hüterin.
    Anouk sprach mit sanfter Stimme: “Der weiße Hirsch ist ein kostbares Tier. In seinen Haaren steckt viel Magie. Eure Aufgabe wird es sein, ihm listig einige von seinen Haaren zu entwenden. Die Haare sollten sich recht leicht lösen, denn es ist genau die richtige Zeit im Jahr. Die Aufgabe wird allerdings im Laufe des Tages immer schwieriger werden; ihr könnt euch vorstellen, dass der Hirsch nicht gerade begeistert ist, wenn man ihm dauernd Haare ausreißt. Aus diesem Grund wird die Reihenfolge der Teilnehmer ausgelost. Aus den Haaren des Hirsches werdet ihr unter meiner Anleitung einen Heiltrank brauen, den die Anwärterinnen für die letzte Prüfung im Wettstreit um den Platz der Hüterin benötigen. Die letzte Prüfung ist höchst gefährlich – ohne diesen starken Heiltrank können wir niemandem erlauben, daran teilzunehmen.“ Anouk hob beide Hände auf Schulterhöhe. „Anwärterinnen! Schließt bitte alle eure Lieblingshand. Nach dem folgenden Ton könnt ihr sie wieder öffnen. Die leuchtende Zahl über eurem Handteller sagt euch, wann ihr an der Reihe seid und schreibt sich selbsttätig in dieses Pergament – Schummeln ist also zwecklos.“
    Eine Art „Plop“ ertönte.
    „Ihr könnt die Hände jetzt öffnen“, schloss Anouk, „und viel Glück bei der Jagd nach den Haaren!“
    Julie blickte auf ihre zitternde Hand. Die Gedanken in ihrem Kopf überschlugen sich. Wie viele waren sie noch? Neunundsechzig, nein, achtundsechzig? Es nützte nichts, sie musste die Hand öffnen. Das Herz sackte ihr in die Hose. Eine gelb-goldene „68“ glühte auf ihrem Handteller. Sie waren die Letzten …
    „Verdammt!“, entfuhr es Daan. Er hasste es zu verlieren und erst recht bei so wichtigen Dingen. Auch Mathys guckte mehr als bedröppelt. Wie auf ein geheimes Kommando gingen alle drei an die Seite und setzten sich auf die kleine Mauer aus Natursteinen, die um Leung Jans Grundstück gezogen war. Die ersten kräftigen Strahlen der Morgensonne kamen durch und umflirrten wohlig wärmend Julies Beine, aber sie schenkte ihnen keine Beachtung. Die Gruppen mit den Nummern eins bis fünf bekamen

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