DS030 - Hannah,die Hexe
protzigen Limousine und hatte nicht nur einen Chauffeur, sondern auch einen Leibwächter bei sich. Benedict war mittelgroß und untersetzt, hatte wache Augen und trug einen Anzug, der durchaus mit Hams Garderobe konkurrieren konnte.
Jesse Benedict war sein Körpergewicht in Gold wert, und er verheimlichte es nicht. Er war energisch und kurz angebunden, ein Mann der Tat, der nicht daran gewöhnt war, die Zeit mit Überlegungen zu vertrödeln. Er hatte eine weiße Nelke im Knopfloch seines Jacketts, an der er zuweilen schnupperte.
»Ich habe schon viel von Ihnen gehört, Mr. Savage«,! sagte er zu Doc, »ich kenne auch Ihren ausgezeichneten Ruf. Angeblich sind Sie nicht einmal für eine Million Dollar bereit, einen Fall zu übernehmen, der Sie nicht interessiert, und Sie haben noch nie einen Klienten im Stich gelassen. Das imponiert mir. Vielleicht erklären Sie mir, was hier vorgefallen ist. Soviel ich weiß, soll eine Schnellstraße gebaut werden ...«
»Richtig.« Doc nickte. »Miles Billings, ein Ingenieur, war mit den Voruntersuchungen beauftragt und ist spurlos verschwunden.«
»Ich verstehe«, sagte Benedict und roch an seiner Blume.
»Kurz bevor Billings verschwunden ist, war er scheinbar verhext; so jedenfalls wurde mir berichtet.«
»Ich verstehe.«
»Außerdem ist einer meiner Männer, John Renwick, verschollen.«
Ham mischte sich ein. »Und jetzt hat auch noch Monk den Verstand verloren!«
Monk rüttelte wieder am Gitter.
»Und schließlich«, erläuterte Doc, »scheint auch noch ein Mädchen in diese Vorgänge verwickelt zu sein. Sie ist ebenfalls nicht auffindbar. Sie ist die Tochter eines meiner Freunde, Mortimer Knight in Boston.«
Benedict vergaß, an seiner Blume zu riechen. »Mortimer Knight!« sagte er. »Er ist einer der einflußreichsten Männer in ganz New England. Ich kann mir nicht vorstellen, was er mit dieser Sache ...«
»Knight finanziert die Autostraße«, sagte Doc. »Er hat mir ein Telegramm geschickt.«
Ham und Johnny waren nicht weniger überrascht als Benedict. Sie hatten nicht gewußt, daß Doc bereits Verbindung mit Mortimer Knight auf genommen hatte.
Doc reichte Benedict das Telegramm, und Ham und Johnny spähten Benedict über die Schultern, um den Text zu entziffern. Der Text lautete:
ALS FREUND BITTE ICH SIE DEN FALL ZU UNTERSUCHEN STOP ICH FÜRCHTE AUCH UM DAS LEBEN MEINER TOCHTER STOP HINTER DIESER ANGELEGENHEIT STECKT MEHR ALS DIE LEUTE VERMUTEN STOP MORTIMER KNIGHT
»Ich verstehe, ich verstehe ...«, sagte Benedict lahm. Er blickte zu Monk hinüber. »Wir sollten damit beginnen, daß wir diesem bedauernswerten Menschen helfen. Wenn ich sonst noch etwas tun kann, müssen Sie es mir nur mitteilen.«
Er ging langsam zu der Zelle. Monk blickte ihm ruhig entgegen. Er wirkte plötzlich nicht mehr wirr, und anscheinend hatte er der Unterhaltung zugehört.
»Soll das ein Witz sein?« fragte er mißvergnügt. »Wie wär’s, wenn mich jemand aus diesem Käfig ’rausläßt?«
»Ich begreife nichts!« erklärte Johnny überzeugt.
»Ist das die Möglichkeit ...« Ham schluckte. »Der Kerl ist so normal wie wir!«
Auch die übrigen Anwesenden starrten Monk verblüfft an.
Monk verzog das Gesicht zu einer gräßlichen Grimasse.
»Was soll dieses Geschwätz?« fragte er. »Worüber redet ihr überhaupt?«
Jesse Benedict gewann als erster seine Fassung wieder. Würdevoll schnupperte er an seiner Nelke.
»Die Verhaftung dieses Mannes war offensichtlich ein gravierender Fehler.« Er wandte sich an Milt. »Lassen Sie ihn sofort frei.«
Milt beeilte sich, den Befehl auszuführen. Monk spazierte aus der Zelle und sah sich feixend um.
»Was ist los?« fragte er. »Ihr benehmt euch, als wäre euch ein Gespenst begegnet!«
Doc übernahm es, die notwendigen Erkundungen einzuholen.
»Was war mit dir los?« fragte er.
»Wieso war mit mir was los?« erwiderte Monk. »Wann soll was los gewesen sein?«
»Heut morgen. Was soll dieses Gerede über eine
Screeching Lady,
über Seeleute und über Anzüge, die mit der Innenseite nach außen getragen werden müssen?«
Monk blickte ihn verständnislos an.
»Verdammt, Doc, ich habe keine Ahnung, was du meinst.« Unvermittelt wirkte er ein wenig besorgt. »Bist du ganz sicher, daß dir nichts fehlt?«
»Du kannst dich offenbar an nichts erinnern«, sagte Doc.
»An was kann ich mich nicht erinnern?!«
Doc fand sich damit ab, daß von Monk einstweilen nichts zu erfahren war, das Licht auf die mysteriösen Vorgänge hätte
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