DS058 - Das Ungeheuer aus dem Meer
Holländer.«
»Nicht auf den See-Engel?«
»Wir wissen nicht, wo der See-Engel ist. Er ist plötzlich da und verschwindet wieder.«
Coolins runzelte die Stirn, aber anscheinend hatte er keine Lust und wohl auch keine Zeit, Smalling noch einmal zu foltern.
»Dann werden wir Piper, Boscoe und einen gewissen Fliegenden Holländer fangen«, sagte er. »Vielleicht kriegen wir auch den See-Engel und Savage. Man kann nicht immer nur Mißerfolge haben!«
15.
Ham hatte den Helikopter in einer flachen Mulde drei Meilen von dem Farmhaus entfernt auf die Erde gebracht. Mittlerweile wanderten Doc, Ham und Johnny über einen schmalen Pfad, der unter hohen Bäumen zum Meer führte. Die Brandung war bereits zu hören, ein paar Möwen strichen über die Baumkronen, während andere Vögel sich schon ein Nachtquartier suchten. Die Sonne war untergegangen, aber der Himmel war noch grau. Die Luft hatte sich empfindlich abgekühlt.
Am Waldrand blieb Doc stehen, und Ham und Johnny folgten seinem Beispiel. Sie starrten auf das Farmhaus, das als schwarzer Schemen mehr zu ahnen als zu sehen war.
»Wartet auf mich«, flüsterte Doc. »Ich bin gleich wieder hier.«
Lautlos wie ein Schatten huschte er durch die Dämmerung auf den unförmigen Schemen zu. Als er näher kam, bemerkte er, daß die Farm ziemlich ungewöhnlich gebaut war. Sie hatte einen zweistöckigen Mitteltrakt und zwei einstöckige Seitenflügel. Er vermutete, daß sie vor zwanzig Jahren zum letztenmal mit Farbe in Berührung gekommen war. Die vier Autos parkten vor der Vordertür; Menschen waren nicht in Sicht.
Doc schlich ums Haus und entdeckte eine Hintertür; im selben Augenblick traten einige Männer heraus und spähten zum Himmel. In einem von ihnen erkannte Doc den feisten Boscoe.
»Es ist dunkel genug«, sagte jemand.
»Man darf nichts überstürzen«, erwiderte Boscoe.
Ein weiterer Mann kam aus dem Haus und baute sich breitbeinig und drohend vor Boscoe auf. Boscoe wich zwei Schritte zurück.
»Die Krone ist weg!« rief der Mann, der zuletzt aus dem Haus gekommen war. »Boscoe, wo ist sie?!«
»Guck mich nicht so mißtrauisch an!« sagte Boscoe.
»Gleich guck’ ich dich gar nicht mehr an!« schimpfte der Mann. »Dann nehme ich einen Knüppel und schlage dir den Schädel ein!«
»Lieber nicht!« sagte Boscoe weinerlich. »Ich glaube, ich habe sie ganz in Gedanken an mich genommen.«
Er lief ins Haus; die übrigen folgten. Doc pirschte zum Fenster und sah, wie beim Schein von Taschenlampen Boscoe in einer Ecke in der lockeren Erde grub.
Die Dielenbretter, die dort gelegen hatten, waren den Weg der Fensterscheiben und der Dachziegel gewandert. Sie waren verschwunden, als hätte es sie nie gegeben. Boscoe förderte die Krone zutage. Sie steckte noch in der Samthülle, zusätzlich hatte Boscoe sie in Zeitungspapier gewickelt.
Der Mann, der sich bei Boscoe nach der Krone erkundigt hatte, riß sie ihm unter allen Anzeichen der Empörung aus den Händen. Aus einem Nebenzimmer trat nun auch Piper zu der kleinen Gruppe. Er betrachtete Boscoe und die verpackte Krone und schüttelte verständnislos den Kopf.
»Er hat eine Abreibung verdient!« sagte hitzig der Mann, der die Krone an sich gebracht hatte. »Manchmal sind Prügel die einzige Therapie.«
»Ich bin krank«, sagte Boscoe kläglich. »Ich kriege sogar regelmäßig Pillen ...«
Der Mann mit der Krone verlor die Geduld. Er holte aus und schlug Boscoe ins Gesicht. Boscoe wehrte sich, die Krone fiel auf den Boden und klirrte, als wäre sie zerbrochen.
Boscoe und der Mann stellten den Kampf ein. Piper bückte sich zu der Krone und schälte sie aus Samt und Papier. Sie war in der Tat in ihre Bestandteile zerlegt, und unter der dünnen Goldschicht kam ein Gewirr von Drähten zum Vorschein.
»Ein Sender!« sagte Piper entgeistert. »Man hat uns fein auf’s Kreuz gelegt!«
Er richtete sich auf und runzelte die Stirn, seine Fäuste waren geballt. Lange starrte er auf die gefährliche Krone; dann gab er sich einen Ruck und marschierte in das Nebenzimmer. Wieder schlossen sich seine Kumpane an. Doc huschte zum nächsten Fenster, von wo aus er das andere Zimmer überblicken konnte. Eng gepfercht wie Sardinen in einer Dose ruhten hier gefesselt und geknebelt Monk, Renny, Long Tom und die beiden Quietmans.
Piper trat Monk wuchtig gegen die Rippen und musterte ihn drohend. Einer seiner Männer leuchtete Monk ins Gesicht, Monk blinzelte heftig.
»Sie hatten die Krone präpariert!« schimpfte Piper.
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