DS061 - Die Gedankenmaschine
nichts durchsucht worden. Ich glaube nicht, daß etwas gestohlen worden ist.«
»Ich hab auch nichts gefunden«, erklärte Ham. »Dann gibt es nur eine Möglichkeit.«
»Richtig«, sagte Doc. »Der Mann hat uns nichts weggenommen, sondern was gebracht, und was immer er gebracht hat, ist so gut versteckt, daß wir stundenlang danach fahnden könnten.«
»Also?« sagte Ham.
»Ich denke gerade an den Sessel im Chefbüro der Minengesellschaft«, sagte Doc.
Im selben Augenblick verwandelte sich einer der mächtigen Sessel im Empfangszimmer in eine gleißende Flamme; doch die Detonation, die sie begleitete, war viel schwächer als die bei Castello. Dennoch verlor Ham das Gleichgewicht und segelte rücklings zur Tür der Bibliothek, und Doc wurde gegen die Mauer geschleudert.
Hals über Kopf zogen sie sich ins Labor zurück. Doc erinnerte sich daran, daß bei Castello das Feuer von selbst erloschen war, sobald die Chemikalie, die es erzeugte, sich aufgezehrt hatte. Einstweilen blieben ihm und Ham nichts anderes übrig, als zu warten und zu hoffen, daß dieser Brand sich ähnlich verhielt.
Sie hörten, wie die Fensterscheiben bei der ungeheuren Hitze zerplatzten und wie das Feuer durch den hereinströmenden Sauerstoff neue Nahrung erhielt. Als Doc davon überzeugt war, daß von der Chemikalie nichts mehr übrig war und nur noch die Möbel und der Teppich brannten, langte er sich einen Feuerlöscher von der Wand – im Labor gab es mehrere Feuerlöscher, weil Docs Experimente häufig nicht ungefährlich waren – und lief wieder in den Empfangsraum. Zu seiner Überraschung hatte sich das Feuer nahezu ausschließlich auf den Sessel und den Teppich beschränkt. Die Decke war zwar schwarz, aber noch vorhanden. Mittlerweile war das Feuer beinahe erloschen. Der Teppich schwelte noch ein bißchen; Doc sprühte Schaum darüber.
»Du hast an den Sessel im Chefbüro gedacht«, rekapitulierte Ham und wischte sich Ruß und Schweiß vom Gesicht. »Die Überlegung war richtig. Aber wer hat den Brand gelegt?«
»Wenn meine Logik mich nicht im Stich läßt«, sagte Doc, »waren es die Leute in der Etage unter uns.«
Ham fluchte und bahnte sich durch Rauch und Gestank einen Weg zur Tür, gleichzeitig zog er seine kleine Maschinenpistole aus der Schulterhalfter. Doc hatte diese Waffen für seine Gefährten entwickelt und nach seinen Angaben bauen lassen. Sie waren im Handel nicht zu haben und nur wenig größer als normale Pistolen, von dem langen, gebogenen Magazin einmal abgesehen. Die Feuergeschwindigkeit war höher als die von Maschinengewehren. Doc hatte auch die Munition für diese Pistolen hergestellt. Die Auswahl reichte von Betäubungspatronen, die eine beinahe sofortige Bewußtlosigkeit verursachten, über Nebel-, Gas- und Leuchtgeschosse bis zu Sprengprojektilen, deren Wirkung die von Dynamit übertraf. Meistens waren die Waffen mit Betäubungsmunition geladen, weil Doc nach Möglichkeit Menschenleben schonen wollte. Er selbst war fast immer unbewaffnet. Er verließ sich lieber auf seinen überlegenen Verstand und auf die zahllosen technischen Tricks und Spielereien, die zu seiner Berühmtheit beigetragen hatten. Er fürchtete, sich zu sehr an eine Waffe gewöhnen zu können und desto hilfloser zu sein, wenn er sie einmal nicht zur Verfügung hatte.
Ham rannte den langen Korridor entlang und treppab zur fünfundachtzigsten Etage. Aber er kam nicht weit. Er kam nur bis zum nächsten Treppenabsatz, dann prasselte ihm ein Kugelhagel entgegen. Geistesgegenwärtig setzte Ham sich blitzschnell auf die Stufen. Er spähte durch die Stäbe des Geländers, sah einen Menschen in einer himmelblauen Jacke, der zu ihm nach oben starrte, und erwiderte den Beschuß. Er traf den Gegner so wenig, wie dieser ihn getroffen hatte. Der Mann tauchte aus dem Blickfeld, Schritte trappten in die Richtung des Lifts und verstummten. Ham raffte sich auf und hastete weiter. Der Korridor war menschenleer, einer der Lifts in Betrieb. Ham begriff, daß der Mann in der blauen Jacke damit beschäftigt war, sanft in die Tiefe zu entschwinden.
Ham eilte wieder nach oben in das verräucherte Empfangszimmer. Doc stand am Fenster und blickte hinunter.
»Doc«, sagte Ham atemlos, »der Kerl oder die Kerle wollen mit einem Lift flüchten, aber mit dem Expreßlift können wir vor ihnen unten sein!«
»Nein«, sagte Doc. »Wir lassen sie entkommen.«
»Warum?«
»Hast du sie erschreckt?«
»Ich weiß es nicht. Aber einer von ihnen hat mich
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