DS063 - Der Boss des Schreckens
Tom fühlte mit der Zunge, daß er zwei lose Zähne hatte, nur weil er immer wieder versucht hatte, das Gespräch auf den Drahtzieher der Bande zu bringen.
Natürlich war der Boß pikiert darüber gewesen, daß seine Identität nun enthüllt war, ja, sogar fuchsteufelswild. Aber nach Lage der Dinge war ihm keine andere Wahl geblieben, und er hatte versucht, das Beste daraus zu machen. Irgendwie war er sogar befriedigt gewesen, als er das Erstaunen in den Gesichtern seiner Leute gesehen hatte, nun, da sie wußten, wer ihr Boß war.
Long Tom saß auf dem Rücksitz zwischen zwei der Männer und war an beide mit Handschellen angeschlossen. Sie hatten sich billige falsche Deputy-Sheriff-Sterne angesteckt, auch die anderen beiden, vorne. Dies sollte als Tarnung dienen, falls sie irgendwo von jemand angehalten wurden.
Wohin sie fuhren, konnte Long Tom nur ahnen. Wenn sie vorhatten, ihn zu erschießen, würden sie es wahrscheinlich irgendwo an einem verlassenen Küstenstrich erledigen und ihn dann hinterher von den Klippen ins Meer werfen. Wahrscheinlich mit einem großen Stein beschwert, damit er auch wirklich auf den Grund sinken und nicht mehr hochkommen würde, bis ihn die Fische gefressen hatten.
Plötzlich fuhr ihnen ohne jede Vorwarnung von hinten ein Wagen vor den Kühler, der jäh abbremste und dadurch auch sie zum Halten zwang.
Einer der Männer stieß einen Fluch aus und zog seine Pistole.
»Warte, es ist Lopez«, warnte ihn sein Kumpel.
Lopez war ein langer blasser Mann, der ganz aufgeregt angerannt kam.
»Habt ihr ihn schon gekillt?« schrie er von weitem. Aber dann sah er selber, daß Long Tom noch lebend hinten auf dem Rücksitz hockte. »Jesses, dann bin ich ja gerade noch rechtzeitig gekommen!«
»Was hat dich gebissen?«
»Befehl vom Boß, der Kerl darf unter keinen Umständen gekillt werden!« keuchte Lopez, immer noch ganz außer Atem.
»So? Und warum das, plötzlich?«
»Es scheint, daß er zehn Millionen Dollar und ein paar Diamantminen geerbt hat.«
Long Tom lehnte sich zurück, nicht wenig überrascht, aber schlau genug, seinen Mund zu halten. So, er hatte zehn Millionen Dollar geerbt? Na, hoffentlich stimmte das auch.
Und er wunde sich bewußt, daß seine Häscher ihn auf einmal regelrecht mit Respekt behandelten. Sie waren sogar um seine Bequemlichkeit besorgt. Vor ein paar Minuten hatten sie ihn noch wie ein Stück Vieh behandelt, das sie zum Schlachthof brachten, und hatten nicht das mindeste persönliche Interesse an ihm genommen.
»So, zehn Millionen und dazu noch ein paar Diamantminen, eh?« bemerkte Long Tom. »Gut, gut!«
»Haben Sie Ihren Onkel Cunico gut gekannt?« fragte Lopez. »Ich meine, waren Sie sein Lieblingsneffe ?«
»Wen ...«
»Na, Onkel Cunico, den Mann, der Ihnen den ganzen Zaster vermacht hat?«
»Oh, Sie meinen Onkel Wilbur – ja, stimmt, dort haben sie ihn immer Cunico genannt«, sagte Long Tom. »Nun, der war wirklich ein prima Kerl. Das war Onkel Wilbur.«
Er hütete sich wohlweislich, irgendwelche sonstigen Namen einer erfundenen Verwandtschaft zu erwähnen, wodurch er ihnen vielleicht in die Falle tappen könnte. Er hatte keinen Onkel Cunico. Das heißt, er hatte auch keinen Onkel Wilbur.
»Die Handschellen tun mir verflixt weh«, sagte er. »Wie wär’s, wenn Sie mir die zur Abwechslung um die Fußknöchel schließen würden?«
»Ich weiß nicht«, sagte einer seiner Häscher zweifelnd.
»Ich schreibe Ihnen dafür einen Scheck über fünfzig Dollar aus«, sagte Long Tom.
Das gab den Ausschlag. Long Toms erste Handlung, nachdem seine Handgelenke frei waren, bestand darin, einen Scheck auszuschreiben. Man hatte ihm zwar seinen Füllhalter gelassen, aber aus irgendwelchen Gründen schrieb der nicht, sondern kratzte leer auf dem Scheckformular herum, und so borgte er sich von einem der Männer einen Kugelschreiber. Er schrieb den Scheck aus, Unterzeichnete ihn, und dann rollten sie einträchtig weiter nach Norden.
»Wo fahren wir eigentlich hin?« erkundigte sich Long Tom unschuldig.
Er hatte die Frage schon früher gestellt und keine Antwort bekommen. Der einzige Unterschied war, daß sie ihn diesmal angrinsten, statt ihm ins Gesicht zu schlagen.
Er setzte sich zurück und dachte über die zehn Millionen Dollar und die Diamantminen nach. Es waren angenehme Gedanken, aber er ließ sich von ihnen nicht einlullen. Das Ganze roch ausgesprochen nach einem Trick von Doc Savage.
Aber es war eine Tatsache, daß der, der sich diesen Trick hatte
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