DS065 - Angriff aus dem Dunkel
offensichtlich auf freiem Fuß, aber nun wußte er, Doc, nicht, wo er sie suchen sollte. Dann ging er mit dem Polizisten in die Richtung zum Speisesaal. Unterwegs kamen sie an einem großen Spiegel im Foyer vorbei, und Doc blieb erschüttert stehen. Er sah ebenfalls aus, als hätte er mehrere Schlägereien hinter sich, außerdem benötigte er dringend eine Dusche und eine Rasur. Er gab dem Polizisten Geld und bat ihn, ihm aus dem nächsten Laden ein Hemd zu besorgen. Während der Polizist in seinem Streifenwagen mit Sirene und Rotlicht lospreschte, um den Auftrag auszuführen, ließ Doc sich vom Portier ein Zimmer geben und bestellte den Hotelfriseur zu sich.
Der Polizist kam vor dem Friseur. Inzwischen hatte Doc gebadet und sich wieder angezogen, auch das schmutzige Hemd. Er schickte den Polizisten hinunter; er käme so bald wie möglich nach. Er wechselte das Hemd, als endlich der Friseur erschien. Doc ließ sich den Bart aus dem Gesicht schaben, dabei überlegte er abwesend, daß die zahlreichen Gangster, die ihn loswerden wollten, dies ohne Mühe längst hätten bewerkstelligen können, wenn sie sich einmal dazu durchgerungen hätten, einen Friseur zu bestechen, damit dieser ihm, Doc, die Kehle durchschnitt. Dann fiel ihm ein, daß Friseure nur in Ausnahmefällen übertrieben verwegen sind. Beinahe nie sind sie gewerbsmäßige Schwerverbrecher, außerdem sind sie seßhaft. Nur ein geborener Abenteurer mag sich mit dem Gedanken vertraut machen, innerhalb von maximal einer Stunde den Wohnort zu wechseln und möglicherweise den Rest seines Lebens auf der Flucht zu verbringen.
Er entlohnte den Friseur und schenkte ihm ein großzügiges Trinkgeld. Im Augenblick war er froh darüber, daß der Friseur sich nicht doch als verwegener Abenteurer entpuppte. Als er wieder ins Erdgeschoß kam, war der Sergeant schon im Speisesaal und las eine Zeitung, die er sich am Kiosk im Hotel gekauft hatte. Doc setzte sich zu ihm.
»Sie haben sich zu Ihrem Vorteil verändert«, sagte der Polizist und grinste. »Aber mir geht’s manchmal auch so. Wenn ich bis über beide Ohren beschäftigt bin, vergesse ich alles – Waschen, Rasieren, Schuheputzen, sogar das Essen. Ich wollte Ihnen schon einen Tip geben, hab mich aber nicht getraut.«
»Glücklicherweise gibt’s Spiegel«, sagte Doc. »Im allgemeinen habe ich nicht die Angewohnheit, ohne Gepäck zu verreisen. Mein Gepäck liegt samt meinem Flugzeug in der Chesapeake Bay.«
»Wer hat Sie rausgezogen?« fragte der Polizist verblüfft.
»Ich bin mit einem Fallschirm abgesprungen«, erklärte Doc.
»Ein Attentat?«
»Eher eine Havarie.«
Der Kellner kam und erkundigte sich bei Doc und dem Polizisten nach ihren Wünschen. Sie bestellten Sandwiches mit Schinken und Käse und dazu Kaffee.
»Haben Sie wenigstens genug Geld dabei?« erkundigte sich der Polizist. »Ich kann Ihnen mit ein paar Dollar aushelfen.«
»Danke,« Doc lachte leise. »Meine Brieftasche habe ich gerettet. Andernfalls könnte ich bei jeder Bank einen Kredit auf nehmen.«
»Entschuldigen Sie«, sagte der Polizist verlegen. »Sie sind ja ein berühmter Mann. Soweit hab ich im Moment nicht gedacht.«
»Das macht nichts«, sagte Doc. »Ihr Angebot war trotzdem sehr nett.«
Der Kellner servierte den Kaffee und meinte, die Sandwiches wären bald fertig. Doc nickte. Er und der Polizist tranken Kaffee.
»Was ich vorhin gelesen hab ...«, sagte der Polizist und deutete auf seine Zeitung. »Da ist in einer Flakstellung schon wieder was zusammengebrochen, aber diesmal kein Betonsockel, sondern das ganze Geschütz.«
»Nein!« Doc wurde jäh hellwach. »Darf ich ...?«
Er griff sich die Zeitung und las. Der betreffende Artikel stand auf der ersten Seite und stammte aus Baltimore.
Aus zuverlässigen Quellen wurde heute bekannt, daß eine neue 155-Millimeter-Kanone, deren Reichweite bis zu fünfzehn Meilen betragen soll, zerstört worden ist. Das Geschütz befand sich auf einer zehnrädrigen Lafette und war bei Fort James in Stellung. Das Geschütz wog mehr als sechzehn Tonnen und sollte die Kanaleinfahrt bei Baltimore schützen.
Doc ließ das Blatt sinken und dachte nach. Fort James lag an der Chesapeake Bay nicht weit von der Stelle entfernt, über die er in der Nacht jenes gespenstische Erlebnis hatte, dem sein Flugzeug zum Opfer gefallen war. Er zweifelte nicht daran, daß zwischen diesen beiden Ereignissen ein Zusammenhang bestand.
Er las weiter.
Wie aus der amtlichen Verlautbarung hervorgeht, hat ein Posten,
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