DS066 - Die Todesspinne
lächelte verkniffen und klemmte sich hinter das Lenkrad, Barbara nahm bei ihm Platz, der Mann, der zuerst drauflosgeballert hatte, zwängte sich zu ihr und klappte die Tür zu. Die Menschen in den feierlichen Anzügen strömten zu den übrigen Wagen, der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Doc legte sich hin, um weiter an seinen Fesseln zu arbeiten.
»Ist es noch weit?« fragte das Mädchen nach einer Weile.
»Wir sind gleich da«, antwortete Deeter.
Abermals spähte Doc aus dem Sarg. Er stellte fest, daß der Wagen sich einem anscheinend uralten Backsteingebäude näherte, das einmal ein Krematorium gewesen sein konnte oder nach wie vor war. Aus einem Schornstein quoll schwarzer Qualm. Zu dieser Zeit war der Strick an seinen Handgelenken so mürbe, daß eine kurze Muskelanspannung genügte, um ihn zu zerreißen. Er tat es, während Deeter das Fahrzeug behutsam durch ein schmiedeeisernes Tor steuerte. Doc hielt sich nicht mit den Knoten an seinen Fußfesseln auf. Mit Brachialgewalt fetzte er die Schnüre auseinander, kam taumelnd auf die Beine und schnellte auf die Fahrbahn. Er zweifelte nicht daran, daß er sich jetzt hätte retten können, doch er wollte Ham und Monk nicht im Stich lassen. Er lief zu dem Backsteingebäude.
Vor der Tür parkte ein schwarzer Cadillac; Doc wußte nicht, wem er gehörte, aber er hielt es für möglich, daß Deeter sich damit entfernen wollte, sobald alles vorüber war, weil ihm der Leichenwagen zu auffällig erschien. Er fischte ein Gerät aus der Tasche, das die Größe eines durchschnittlichen Zuckerwürfels hatte und mit einem kleinen Magneten ausgestattet war. Doc drückte auf einen winzigen Knopf und schaltete so das Gerät ein. Dann klebte er es im Vorbeigehen unauffällig unter ein Schutzblech des Cadillacs. Damit mußten in erheblichem Umkreis atmosphärische Störungen entstehen, die unter anderem den Polizeifunk belästigten und notgedrungen sämtliche Streifenwagen alarmierten.
Hinter ihm brach Geschrei auf. Revolver und Pistolen feuerten Stakkato, Bremsen kreischten, Schritte hallten über Asphalt. Doc kümmerte sich nicht darum. Er verschwand in dem Gebäude. Ihm war klar, daß er nur einige Sekunden zur Verfügung hatte, um einen Plan zu entwerfen, und dazu mußte er die Örtlichkeiten kennen. Er lief zwei Stufen hinunter und stand in einer Art Kesselraum. Ein mickriges Männchen stellte sich ihm entgegen. Doc vermutete, daß er den Heizer vor sich hatte. Er wischte ihn aus dem Weg und untersuchte den mächtigen Ofen.
Ein Fließband aus Asbest führte zu einer halbhohen Eisentür, die sich mechanisch und von Hand öffnen ließ. Hinter der Tür war ein acht Fuß langer, mit Blech ausgekleideter Schlauch, an dessen Ende sich eine zweite Tür befand. Das Asbestband bildete den Boden des Metallschlauchs. Hinter der zweiten Tür lag der eigentliche Verbrennungsofen.
Doc klopfte gegen die Seitenwände des Schlauchs; sie klangen hohl. Offenbar waren rechts und links von der Blechverkleidung größere leere Räume, was im übrigen mit der gesamten Bauweise dieser Anlage zusammenpaßte. Die Fassade diente lediglich dem Zweck, die ungeheure Hitze abzuschirmen, und es wäre sinnlos gewesen, den Platz zwischen der Fassade und der Verbrennungskammer mit Steinen oder womit immer auszufüllen. Aber beweisen ließ sich dies einstweilen nicht. Doc hoffte inständig, daß der Architekt so logisch gedacht hatte wie er.
Er knallte die vordere Ofentür zu. Im selben Moment quollen Deeter, das Mädchen, Ham und Monk und Deeters Anhang herein. Der Anhang stürzte sich mit Triumphgeheul auf Doc und rang ihn zu Boden, Doc verzichtete darauf, sich zu wehren. Das Männchen, das
Doc aus dem Weg gewischt hatte, trippelte zu Deeter und beschwerte sich über Docs miserable Manieren. Deeter lachte.
»Hauen Sie ab, Mann«, sagte er. »Sie fallen mir auf die Nerven. Sie haben mein Geld eingesteckt und mir dafür ohne Genehmigung der Stadtverwaltung dieses Krematorium vermietet. So was ist nicht ungefährlich, und Grobheiten sind das mindeste, das man in Kauf nehmen muß.«
Das Männchen zog einen Flunsch und verkroch sich in einen finsteren Winkel. Deeter nahm Ham und Monk die Knebel ab.
»Ihr sollt noch was vom Leben haben, ehe es zu Ende ist«, erklärte er aufgeräumt. »Außerdem hat ein Mensch das Recht, zu schreien, wenn ihm was wehtut, und euch wird’s bald sehr wehtun.«
»Sie sind ein Schwein«, sagte Monk mit Würde; und zu Doc: »Ich hab angenommen, daß du dich wenigstens selbst
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