DS072 - Die Zauberinsel
»die sie höchstens bewußtlos machen würden.«
»Das ist sie sowieso«, erklärte ihm Monk.
Nachdem der häßliche Chemiker das Tor geschlossen und gesichert hatte, knurrte er: »Wir sollten sie schnellstens ins Krankenhaus schaffen.« Er beugte sich über die junge Frau. Mit einem Taschenmesser schlitzte er ihr den Ärmel vom Handgelenk bis zur Schulter auf.
Er erstarrte, und das Kinn fiel ihm herab.
»Uff!« platzte er heraus. »Sie ist gar nicht verletzt!«
Ein dumpfes Geräusch veranlaßte ihn herumzufahren.
Ham war lang auf’s Gesicht gefallen.
Monk bemühte sich verzweifelt, auf den Beinen zu bleiben, aber dann kippte er quer über Ham.
Als Monk die Augen auf schlug und Ham sah, der bei Bewußtsein zu sein schien, zog er eine Grimasse.
»Das nächste Mal kannst du sie von mir aus erschießen«, krächzte er, »egal ob du mit Gnadenkugeln geladen hast oder nicht.«
»Das nächste Mal«, schnappte Ham, »werde ich so viel Verstand haben, nicht auf dich zu hören, du Affenabkömmling, wenn ich eine Gefahr wittere!«
Sie hörten auf, sich gegenseitig zu beleidigen, und sahen sich um. Eines wirkte dabei auf sie wie eine kalte Dusche.
»Das Luftschiff!« heulte Monk los.
»Verschwunden!«
Ihre Schreie waren ziemlich überflüssig. Es gab nicht den geringsten Zweifel, daß das Luftschiff weg war. Es mußte zu den großen Schiebetoren auf der Flußseite des Hangars hinausgeschafft worden sein, denn einer der Torflügel war nicht richtig geschlossen.
Vier Männer lungerten im Hangar herum. Monk und Ham hatten die vier noch nie gesehen, aber sie erkannten Gangster, wenn sie welche sahen.
Kit Merrimore kam auf Monk und Ham zu, die inzwischen gemerkt hatten, daß sie an Händen und Füßen mit Draht gebunden waren.
»Empfinden Sie Übelkeit?« fragte sie.
»Nein, nur Wut«, sagte Monk. »Auf Sie!«
»Das Gas hinterläßt nämlich bei den meisten ein leichtes Gefühl der Übelkeit, das aber nichts weiter zu sagen hat«, fuhr das Mädchen unbeirrt fort. »Ein netter alter Mann, den ich kenne und der für einen chemischen Konzern in New Jersey arbeitet, hat es für mich gemixt. Er sagte, es würde selbst einen Elefanten augenblicklich knockout machen.«
»Hören Sie endlich auf«, schnappte Monk.
»Oh, ich liebe es zu prahlen«, sagte die junge Frau lächelnd. »Ich hatte das Zeug in einer Flasche in meiner Kostümjacke. Als Sie mir den Ärmel aufschlitzten, ließ ich es auslaufen. Nebenbei, damit haben Sie mir die Jacke völlig ruiniert.«
Monk sah sie an und mußte wider Willen grinsen. »Wie lange sind wir knockout gewesen?« fragte er.
»Etwa sechs Stunden«, sagte das Mädchen.
Monk schaute verdutzt. Ihm war es nicht länger als ein paar Minuten vorgekommen.
»Wir haben uns Ihr Luftschiff ausgeborgt«, sagte die junge Frau.
Das wußten sie bereits.
Die junge Frau schnippte jetzt mit den Fingern, rief leise, und links drüben rührte sich etwas. Zwei Tiere kamen heran. Monks Maskottschwein, Habeas Corpus, das unglaublich mager war, lange Läufe wie ein Hund und Flügelohren hatte. Und Hams Schimpansenaffe Chemistry, über dessen Genetik sich selbst Zoologen nicht einigen konnten.
Beide Tiere scharwenzelten um die schlanken Fesseln der jungen Frau herum, was Monk und Ham ungläubig erstarren ließ. Sie hatten ihre Maskottiere nämlich in zahllosen Dressurstunden darauf gedrillt, sich niemals mit Fremden einzulassen. Daher waren Monk und Ham jetzt nicht wenig verärgert.
»Ham«, sagte Monk, »seit Jahren willst du schon aus dem Schwein Frühstücksspeck machen. Jetzt geb’ ich dir dazu die Erlaubnis. Ich esse sogar mit.«
»Monk«, erklärte Ham ebenso feierlich, »du darfst dir Chemistrys Fell über den Kamin hängen, was du schon immer tun wolltest.«
Die junge Frau lächelte sie süß an. »Wenn das so ist«, sagte sie, »werde ich diese Tiere lieber mitnehmen. Ich finde sie wirklich niedlich.«
Monk und Ham stöhnten auf.
Einer der Männer kam heran und knurrte: »Wir sollten jetzt, lieber verduften, Miß. Hat keinen Zweck, hier noch länger herumzuhängen.«
Er beugte sich über Monk und Ham und zwang jeden, eine Pille zu schlucken. Die Pillen hatten etwa die Größe von mexikanischen Bohnen und schmeckten gallebitter.
Monk und Ham zogen Grimassen und versuchten, den Geschmack durch Spucken loszuwerden. Sie fragten sich, was nun mit ihnen passieren würde, und sollten es bald genug erfahren. Die Dinge begannen sich in grauen Nebel aufzulösen.
Das letzte, was sie hörten,
Weitere Kostenlose Bücher