DS072 - Die Zauberinsel
hinsehen mußte, um sich zu vergewissern, daß sie überhaupt welche trug. Sie hatte große braune Augen und brünettes Haar. Ihr Kinn trug sie hoch in der Luft, und sie benahm sich, als ob sie es gewohnt war, daß Männer sich überschlugen, ihr jeden Gefallen zu tun.
»Ich bin Kittrella Merrimore«, sagte sie.
Monk und Ham sahen sich an, als ob sie gerade entdeckt hatten, daß der hübsche Schmetterling, mit dem sie hantiert hatten, eine tödlich giftige Motte war. Sie hatten beide schon von ›Kit‹ Merrimore gehört. Sie war ein Mädchen, das mehr Geld hatte, als ihm guttat.
Zwei ausländische Adlige hatten sie unter der Behauptung, sie hätte ihnen die Ehe versprochen, vor Gericht auf Schadensersatz verklagt. Ein Pilot, der mit ihr im Alleinflug den Atlantik überquert hatte, hatte sie beide zu ertränken versucht, als sie sich gegen Ende des Fluges immer noch weigerte, ihn zu heiraten. Überhaupt war sie das reinste Dynamit.
»Sie haben ein Luftschiff, glaube ich«, sagte Kit Merrimore, zu Doc Savage gewandt.
Der Bronzemann bestätigte, daß dem so war. Falls Kit Merrimore auf ihn eine Wirkung hatte, war es ihm jedenfalls nicht anzusehen.
»Ich bin gekommen, um Ihr Luftschiff zu kaufen«, erklärte Kit Merrimore rundheraus.
»Zu welchem Zweck?« erkundigte sich Doc.
»Verzeihen Sie«, entgegnete die Dynamitlady, »aber das geht zufällig nur mich etwas an.«
Docs drei Helfer warteten gespannt, wie sich die Dinge weiterentwickeln würden.
Doc Savage sagte nichts, nachdem sie ihm praktisch erklärt hatte, seine Nase nicht in ihre Angelegenheiten zu stecken.
Sein Schweigen schien Kit Merrimore zu reizen. Sie tippte nervös mit der Spitze ihres handgearbeiteten Schuhs auf den Boden.
»Also, was ist?« schnappte sie. »Wie viel, glauben Sie, ist Ihr Luftschiff etwa wert?«
»Es ist unverkäuflich«, entgegnete Doc ganz ruhig.
»Unsinn. Natürlich ist es verkäuflich. Wie viel?«
Doc hatte seine bronzefarbene Hand auf den Couchtisch gelegt, an der die Sehnen wie Kabelstränge vortraten.
»Sie scheinen nicht zu verstehen«, sagte er mit sonorer, sehr beherrschter Stimme. »Das Luftschiff, das ich habe, ist auf meine speziellen Bedürfnisse hin konstruiert. Und ich würde es niemals ausleihen, ohne zu wissen, zu welchem genauen Zweck es benutzt werden soll.«
Kit Merrimores Fußtippen wurde heftiger.
»Sie reden, als ob Sie mir Zutrauen, daß ich es benutzen will, um Bomben auf Frauen und Kinder zu werfen.«
Auch dadurch ließ sich Doc nicht zu einem Streit provozieren.
Die junge Frau änderte daraufhin plötzlich ihre Taktik. Sie lächelte süß und verlegte sich auf’s Bitten.
»Bitte«, sagte sie, »ich brauche das Luftschiff wirklich dringend.«
»Für welchen Zweck?« fragte Doc unbewegt.
»Es tut mir wirklich leid, aber das kann ich Ihnen nicht sagen«, erwiderte die junge Lady.
»Dann tut es mir ebenfalls leid«, sagte Doc. »Sie können das Luftschiff nicht haben.«
Kit Merrimores Lächeln hätte einen Krieg stoppen können.
»Bitte«, bettelte sie.
»Sie haben keine Chance, mich herumzukriegen«, erklärte ihr Doc.
Kit Merrimore stampfte mit beiden Füßen auf, und in ihren Augen blitzte es. »Ich verlange, daß Sie es mir verkaufen!« zischte sie.
Doc zuckte die Achseln.
»Ich werde Sie schon noch dazu bringen, das zu bereuen«, erwiderte die junge Frau. »Wahrscheinlich wissen Sie nicht, wer ich bin.«
»Sie sind eine junge Frau, die als Kind offenbar nicht oft genug über’s Knie gelegt worden ist«, entgegnete Doc lässig. »Und Sie haben offenbar zuviel Geld.«
Monk und Ham hielten in der Erwartung, daß Doc gleich etwas an den Kopf fliegen würde, unwillkürlich den Atem an.
Kit Merrimore langte auch nach einem Briefbeschwerer. Aber dann erstarrte sie plötzlich. Ihr Blick war auf den Bericht über Ben Brasken gefallen, und sie konnte auch über seinem Namen die Überschrift lesen: »Fälle, die möglicherweise der Nachforschung wert wären«.
Sie riß ihre braunen Augen auf und sah Doc an.
»Oh!« sagte sie. »Oh!«
Docs Gesicht war, wie stets, keinerlei Gefühlsregung anzumerken. Aber seine drei Helfer waren fast ebenso überrascht wie die junge Frau.
Kit Merrimore sah von dem Bericht auf.
»So, das ist es also!« sagte sie.
Ohne ein weiteres Wort stand sie auf, machte kehrt und verließ Docs Empfangsdiele. Sie schien es jetzt eilig zu haben.
»Monk, Ham«, sagte Doc ganz ruhig. »Vielleicht wäre es gut, wenn ihr ihr nachgeht und seht, was sie macht.«
Monk
Weitere Kostenlose Bücher