DS087 - Der purpurne Drache
zuverlässig erwiesen.
Das Telefon läutete. Doc nahm den Hörer ab, horchte und sprach kurz hinein. Jener seltsame Trillerlaut erfüllte wieder einmal den Raum.
»Ein weiterer«, sagte er knapp. »Sid Turley.«
Rennys Riesenfäuste schlossen und öffneten sich. »Ein weiterer Absolvent? Tot?«
»Nein, verschwunden«, erwiderte Doc. Seine tiefe, sonore Stimme hatte sich scheinbar nicht geändert, doch es war ein Unterton darin, der den großen Ingenieur aufhorchen ließ. Dieser scharfe Unterton, wenn Doc ihn einmal gebrauchte, zeigte gewöhnlich an, daß sich seine Gegner lieber in acht nehmen sollten. Doc lag sehr viel an seinen rehabilitierten Ex-Kriminellen. Er fühlte sich für sie verantwortlich.
Rennys Blick fiel auf die Schlagzeile einer der Zeitungen, die Doc auf dem Intarsienschreibtisch liegen hatte:
DRACHE ERZWINGT GESTÄNDNIS EINES ALTEN MORDES
»An dieser Theorie von einem Purpurnen Drachen kann doch nichts dran sein«, sagte er heiser. »Heilige Kuh, schließlich wissen wir, daß es solch ein Vieh nicht gibt.«
Doc antwortete zunächst nicht, und Renny sah ihn daraufhin scharf an.
Doc schien es nicht zu bemerken. Er ging vielmehr zu einem in der Vertäfelung des Raumes eingelassenen großen Wandfach. Verschiedenfarbige Lichter blinkten auf, als Doc mehrere Knöpfe drückte, und ein leises Summen erfüllte den Raum.
Und dann begann sich Renny ernstlich Sorgen zu machen. Er wußte, was Doc da tat.
Alle Helfer des Bronzemanns trugen speziell angefertigte Socken. In ihrem Hackenteil war unsichtbar eine kleine Metallplakette eingearbeitet, die auf Vibrationen einer ganz bestimmten Frequenz ansprach, egal ob elektromagnetischer, akustischer oder sonstiger Natur. Wenn Docs Helfer diese spürten, stürmten sie, egal wo sie waren und was sie taten, zum nächsten Telefon und riefen in seinem Hauptquartier an.
In den Hacken der Socken waren die kleinen Vibratoren deshalb versteckt, weil die Erfahrung gelehrt hatte, daß selbst bei gründlichster Durchsuchung einem Mann kaum jemals die Socken ausgezogen wurden, wenn ein oberflächlicher Blick zeigte, daß darin nichts steckte.
Innerhalb von dreißig Minuten gingen zwei Meldungen ein. Eine kam von Major Thomas J. Roberts, von seinen Freunden Long Tom genannt, dem Elektroniker unter Docs Helfern, der in Südamerika an einem gigantischen Staudammprojekt arbeitete. Die zweite kam von William Harper Littlejohn. Johnny, wie er genannt wurde. Der Geologe und Archäologe war mit einer Expedition, im fernen Asien.
Monk und Ham meldeten sich nicht. Und in diesem Augenblick war es, daß die drei Männer erschienen.
7.
Ein rotes Warnlicht über der Tür leuchtete plötzlich auf. Dieses Licht blinkte nicht, wenn Besucher auf dem üblichen Wege mit dem Fahrstuhl kamen, sondern nur, wenn sich jemand auf dem Weg über die Treppe der Suite näherte.
Daß es drei Besucher waren, ging aus der Art des Blinkens hervor. Das Ganze funktionierte über eine infrarote Lichtschranke, die im Treppenhaus angebracht war. Mit geballten Fäusten schlich Renny auf die Tür der Suite zu.
Doc blieb an dem Intarsienschreibtisch sitzen, hatte sich nur so leicht gedreht, daß er die Tür voll im Blickfeld hatte.
Renny wartete, bis er vor der Tür ein leises Geräusch zu hören glaubte. Dann riß er sie auf, und sofort kamen drei Männer in den Raum gedrängt. Renny wollte zwei Hälse packen, um die dazugehörigen Köpfe zusammenzuschlagen, aber ein Wort von Doc hielt ihn zurück.
»Renny!«
Doc Savage hatte es nicht laut gesprochen, aber Renny reagierte augenblicklich und erstarrte mitten in der Bewegung.
Der Mann, der Renny am nächsten stand, schrie ängstlich auf: »Lassen Sie ihn nicht auf uns los, Doc! Wir sind um Schutz gekommen, nicht um uns herumzuprügeln!«
Renny bekam einen knallroten Kopf. Vor Scham, was bei ihm nur selten vorkam, aber jetzt war es so. Denn er hatte die Männer inzwischen erkannt. Es waren drei weitere ›Absolventen‹ von Docs »College« im Norden des Staates New York.
Der Mann, der aufgeschrien hatte, war Sid Turley – Turley, den seine Frau als verschwunden gemeldet hatte und von dem Renny geglaubt hatte, daß er ein weiteres Opfer des Purpurnen Drachen geworden war.
Turley wirkte abgehärmt, und nackte Angst stand in seinem Gesicht. Auch die beiden anderen wirkten verängstigt. Der eine war Slats Murphy. Sein hageres Gesicht ließ ihn über seine Jahre gealtert wirken. Einst war er ein Gangster und Killer gewesen; jetzt
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