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Dschiheads

Dschiheads

Titel: Dschiheads Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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ja.«
    Â»Ãœbrigens, kannst du mir erklären, wie diese Uhr funktioniert, die uns der Commander da geschenkt hat?«
    Â»Klar.«
    Â»Als der Commander sie uns überreichte … Es ist eine Tradition der Flotte«, äffte Maurya Cayley nach, »ihren Besuchern ein Planetochron zu überreichen … Hast du da seine Geste in Richtung Jo bemerkt? Diese zögerlich wegwerfende Handbewegung wie: Erwartet ihr, dass ich dem Köter auch eine Uhr überreiche? Jo hat die Geste richtig interpretiert und schlagfertig geantwortet … Was hast du gesagt, Jo?«
    Â»Ich sagte: Danke, aber ich habe meine innere Uhr bereits auf die hiesigen astronomischen Gegebenheiten eingestellt.«
    Â»Hervorragend! Da hat er doch etwas verdattert dreingeblickt. Das hatte er nicht erwartet.«
    Maurya schob das schwarze Plastikkästchen – das Planetochron – unschlüssig auf der Tischplatte hin und her. Ailif griff danach und drückte eine Taste auf der oberen Schmalseite. Der Bildschirm leuchtete auf, zeigte aber noch nichts. »Jetzt sucht es sich seine Satelliten«, sagte er. Ein Ping ertönte, und eine Projektion von Hot Edge erschien auf dem Monitor. »Hier im Zentrum hast du immer den roten Punkt, über dem die Sonne gerade senkrecht steht. Links siehst du den Terminator des Sonnenaufgangs, rechts den des Sonnenuntergangs. Die Sonne steht gerade im Osten. Hier wird die lokale Uhrzeit angezeigt. Dreizehn Uhr zwei. Noch sieben Stunden bis Mittag. Wenn du hier umschaltest« – er tippte auf den Touchscreen – »erscheinen die Positionen der sechs Apostel in ihren jeweiligen Phasen. Und hier sind ihre Auf- und Untergangszeiten angegeben.«
    Â»Hm«, kommentierte Maurya ohne große Begeisterung. »Weißt du, an was mich das erinnert? An die Dinger, die Anfang des Jahrtausends auf der Erde groß in Mode waren. Jeder trug so etwas mit sich herum, hielt es sich ans Ohr und quasselte oder quetschte Nachrichten in die Tasten. Man sieht es noch manchmal in alten Filmen. Vor der Jahrtausendwende war der Kontakt zu Gesprächspartnern noch ganz anders gewesen – da suchten die Leute sogenannte Telefonzellen auf, die man in jeder Straße aufgestellt hatte, und legten Wert darauf, die Tür zu schließen, damit keiner mithörte. Das änderte sich innerhalb weniger Jahre völlig. Die Diskretion wurde abgeschafft, das Bedürfnis danach erlosch schlagartig. Es ist gespenstisch. Fünf, sechs oder noch mehr Leute stehen beisammen und sprechen laut und ungeniert mit einem unsichtbaren Gegenüber. Es musste eine Art kommunikativer Massenwahn ausgebrochen sein. Weißt du, was ich meine?«
    Â»Ja. Man nannte diese Handapparate Cellphones oder Handys.« Ailif war aufgestanden und hatte die Hände gegen die Rieselwand gestemmt. Das Wasser rann seine Unterarme entlang und tröpfelte zu Boden. Jonathan leckte es auf.
    Â»Es muss zugegangen sein wie während des Turmbaus zu Babel.«
    Â»Schlimmer! Die in Babylon konnten sich ja nicht mehr verstehen, weil jeder plötzlich in einer anderen Sprache redete. Aber hier bekam jeder alles mit, jede Wichtigtuerei, jeden Zwist, jede persönliche Auseinandersetzung – und das in aller Öffentlichkeit! Grässlich. Eine ständige und allgegenwärtige Belästigung.«
    Â»Aber glaubst du, es ist so viel anders, wenn wir über unsere Kopfhautchips miteinander in Kontakt treten.«
    Â»Ganz entschieden! Wir flüstern den Adresscode und kommunizieren sotto voce. Allenfalls ein leises Murmeln. Wir belästigen niemanden. Das gebietet die Höflichkeit.«
    Â»Hm.«
    Â»Es gab da einen Film über dieses merkwürdige Phänomen. Von einem Engländer. Wenn ich mich nicht irre, hieß er The Electronic Fever . Den musst du dir gelegentlich ansehen. Was ich an der ganzen Sache so faszinierend finde, ist die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der Menschheit ständig fast oder ganz von der sie umgebenden Wirklichkeit abgekoppelt war und sich in elektronischen Gefilden herumtrieb. Es muss so gewesen sein, als wäre man auf allen Seiten von Zombies umgeben, die ständig quasseln und quatschen, drücken und tatschen, wischen und mit den Fingern schnippen. Zeitgenössische Quellen berichten, es sei überhaupt kein normaler zwischenmenschlicher Kontakt mehr möglich gewesen. Jeder starrte auf den kleinen Bildschirm in seiner Hand.«
    Â»Was mag wohl das Motiv dafür

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