Dschungel-Gold
Er hat die Kirche gestiftet. Die Urkunde liegt im Koffer, ich zeige sie Ihnen nach der Ankunft. Das Geld für den Bau soll ich bei Ihnen abholen.«
»Das steht in der Urkunde?«
»In einem Begleitbrief. Dreißigtausend Menschen ohne Gottes Wort, Kranke ohne Trost, Sterbende ohne das Sakrament … Gott leidet mit.«
»Ich scheiß mir gleich in die Hose!« Carlos trat wieder näher an Belisa heran.
»Auch du, mein Sohn, wirst bald Gott suchen.«
»Wir sind keine Kinder, Pater.« Belisa streckte Pater Burgos ihre kleine Hand hin. »Wir haben jeden Sonntag die Messe besucht. Vor unserer Abfahrt haben wir gebeichtet und die Kommunion empfangen. Wir alle. Ich und meine Brüder. Aber dort, wo wir hinfliegen, ist ein Priester so unnütz wie eine Warze.«
»Jeder Mensch braucht Gott. Am meisten die Verfluchten, die Verzweifelten, die Entwurzelten, die Vergessenen. Ich bin zuversichtlich.«
»Natürlich. Sonst wären Sie nicht hier.« Miguel schob sich an die Seite Belisas. »Man wird Sie auslachen, Pater. Wetten, daß man Sie auslacht?«
»Wetten, daß mehr Männer die Predigt hören werden als das Zwitschern der Huren?«
»Ihre Sprache gefällt mir, Pater.« Miguel streckte seine riesige Schmiedehand aus. »Um was wetten wir?«
»Um eine Beichte, in der Sie die Wahrheit sagen.«
»Und was bieten Sie?«
»Nichts … weil ich gewinne.«
»Können wir jetzt abfliegen?« unterbrach einer der Piloten die Wette. »Ich möchte am Abend wieder in Davao sein.«
»Einsteigen!« Der andere Pilot ging hinüber zu dem großen Transporthubschrauber. »Die Mädchen hierher zu mir. Los! Beeilung!«
Carlos lachte auf. Er klatschte in die Hände und ging auf die Gruppe der Dirnen zu. »Hopphopp!« schrie er. »Alles einsteigen in die Mösenschaukel ! Anschnallen, aber Vorsicht bei den Titten! Sie werden noch gebraucht!«
Die Mädchen, alles junge Dinger aus dem Hinterland, nicht älter als höchstens zwanzig, liefen zu dem großen Hubschrauber. Nur eine blieb stehen. Sie war älter als die anderen, um die Dreißig herum, und stemmte die Fäuste in die Seiten. Kampfbereit und furchtlos. Carlos blieb vor ihr stehen.
»Wer bist du?« fragte sie. »Ich bin Carmela. Mir imponierst du nicht mit deiner Gurke. Großmaul, du!«
»Ich bin Carlos, der Blitz! Der Boxer …«
»Ein Boxer! Oben Muskeln und unten ein Würmchen! Bei mir bist du in zwei Runden k.o. …«
»Darauf lasse ich es ankommen. Auf diesen Fight brauchst du nicht lange zu warten.«
»Vergiß es nicht.« Carmela wandte sich ab und folgte den anderen zum Hubschrauber. Bevor sie einstieg, rief sie Carlos noch über die Schulter zu: »Ich rate dir, vorher zehn Eier zu essen, du Arsch!«
Breit grinsend kam Carlos zu Belisa zurück. »Ist das ein Weib!« sagte er genußvoll. »Ich werde sie in Stücke reißen.«
»Wenn du sie anrührst, schmeiß ich dich aus Diwata hinaus.«
Das klang endgültig, nicht wie eine Warnung. Das war schon ein Urteil. Carlos steckte die Hände in die Hosentaschen.
»Schwesterchen …« sagte er stockend. »Man darf doch auch in Diwata ein bißchen Spaß haben …«
»Eure Späße bestimme ich!«
Und jetzt, zum erstenmal, machte Pedro, der bisher geschwiegen hatte, den Mund auf.
»Ich glaube«, sagte er, »Belisa hat ihr Wesen gewechselt. Das ist eine andere Belisa. Wir werden noch allerhand mit ihr erleben.«
»Kann es endlich losgehen?« rief vom Hubschrauber her der Pilot. Er war ungeduldig geworden und böse. Der Transporter mit den Huren war startbereit, die Rotorflügel drehten sich knatternd und pfeifend. Dann stieg er senkrecht in die Luft und schwebte davon.
Pater Burgos hockte schon auf seinem Sitz. Belisa klemmte sich neben ihn. Hinter ihnen nahmen die drei Brüder Platz. Der Pilot schloß die Tür und setzte seinen Helm mit dem eingebauten Funksprechgerät auf.
»Anschnallen!«
»Halt's Maul!« knurrte Miguel.
»Der Pater will noch ein Gebet sprechen«, rief Carlos. »Lieber Gott, laß mich Frommen sicher nach Diwata kommen … Gut, was?«
»Schlecht.« Pater Burgos drehte den Kopf nach hinten. »Besser: Lieber Gott, hier kommt ein Haufen, den du solltest noch mal taufen.«
»Eins zu null für Sie, Pater. Aber Priester haben ja immer das letzte Wort.«
Der Hubschrauber dröhnte in den Himmel. Weit ging der Blick über das Land, über die Riesenstadt Davao, über den Dschungel, der hinter der Stadt begann. Ein Urwald, der noch Tausende von Geheimnissen barg.
Belisa blickte über den dichten Teppich der Baumwipfel
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