Dschungel-Gold
Suppe streuen.« Avila lachte kurz auf. »Wie heißt er?«
»García. B. García. Toledo hat nur B. gesagt … ich habe ihn nicht nach dem vollen Vornamen gefragt. B. García.«
»Wer es auch ist … wir werden ihm Feuer unterm Schwanz machen.« Morales strahlte über das ganze Gesicht. »Ich werde ihm Juana ins Bett legen. Dann habt ihr Ruhe. Wen Juana bearbeitet, der hat kein Rückgrat mehr.«
»Auch da ist Nachschub angekündigt.« Ramos zog einen Notizzettel zu sich heran. »Aus Davao kommen vierzehn Mädchen für dich.«
»Vierzehn?« Morales seufzte. »Das wird hart. Ich muß sie alle testen …«
»Zehn Kilo weniger Fett täten dir gut«, sagte Avila anzüglich.
»Und drei Brüder kommen mit.«
»Neue Digger? Drei? Mit dem Hubschrauber vom Chef? Was soll denn das?«
»Es sollen die Brüder von diesem B. García sein.«
»Aha!« Avila schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Der Herr García ist wohl zu feig oder zu vornehm, allein zu kommen. Braucht drei Bodyguards. Kommt nur. Kommt nur … mit euch werden wir auch noch fertig!«
»Und ein Priester ist auch dabei.«
»Ein was?« fragte Sotto ungläubig.
»Ein Pater. Federico Burgos. Vom Heiligen Blut.«
»Blut kann er hier genug sehen.« Avila griff zum Bier und trank sein Glas leer. »In Davao muß die Gehirnerweichung grassieren! Ein Priester. Was sollen wir hier mit einem Priester? Will er etwa auch Säcke schleppen?«
»Er wird jeden Sack segnen!« schrie Sotto und überschlug sich vor Lachen. »Meinen kann er zuerst segnen – ich halt ihn ihm gerne hin …«
»Auf jeden Fall wird es unangenehm.« Ramos schob den Notizzettel zur Seite. »Wir kennen das ja. Neue Maulhelden. Wollen beweisen, wie gut sie sind. Ihre Vorgänger waren nur Versager. Idioten. Aber sie … die großen Macher. Darauf sollten wir uns einstellen. Passiver Widerstand. Laßt diesen B. García reden, was er will … wir haben zwei Ohren: Zum einen hinein, zum anderen hinaus. Und wenn er unerträglich wird …«
»Dann überlaß ihn mir.« Avila lehnte sich zurück und blickte an die rohe Holzdecke. Vier Jahre war es her. Von der Minenleitung war Juan Ortiz aus Davao geschickt worden. Ein Revisor. Er hatte sich die Lohnbücher vorgenommen, die Zahl der Säcke pro Arbeiter, das Ergebnis der Goldwäscherei, die Reinheit des herausgefilterten Goldes.
Sechs Wochen hatte er sich durch die Aufzeichnungen gewühlt und dann zum immer freundlichen Ramos gesagt:
»Ihr lebt hier im Dschungel. Aber dieser Dschungel ist ein Rosengarten gegen den Dschungel in eurer Buchführung. Da stimmt gar nichts. Da fehlt kilogrammweise Gold. Da sind Tausende von Pesos im Sumpf verschwunden. Ramos, wie willst du das Herrn Toledo erklären?«
Es hatte keine Erklärung gegeben. Statt dessen war es zu einem bedauerlichen Unglücksfall gekommen.
Der Revisor, ein Großstadtmensch und zum ersten Mal im Urwald, kannte natürlich den unauffälligen Strauch Abrus precatorius nicht. Der Strauch wächst an Flußufern und auf Lichtungen im Dschungel, und wenn seine Samenkapseln reif sind, streuen sie schwarzrot gemusterte Hülsenfrüchte auf den Boden. So entsteht ein farbenprächtiger, verlockend schöner Teppich aus Erbsen. ›Paternoster-Erbsen‹, wie die Eingeborenen sie nennen, denn aus ihnen wurden früher Rosenkränze hergestellt. Nach sorgfältiger Bearbeitung, denn die schöne Paternoster-Erbse ist ein Höllensamen. Er enthält Abrin, das schwerste aller bekannten Kontaktgifte. Bruchteile eines Milligramms dieses Giftes, durch einen Ritz in der Haut in den Körper eingedrungen, genügen, um einen Menschen zu töten. Nur hoch spezialisierten Tropenärzten ist es möglich, das Gift später im Leichnam nachzuweisen … der Tod tritt durch Herzlähmung ein. Wer denkt schon bei einem plötzlichen Herzstillstand an Abrin, das Gift der Paternoster-Erbse …
Der Revisor aus Davao war plötzlich durch eine Herzlähmung gestorben. Vor Schreck. Durch einen Schock, wie man feststellte. Neben ihm hatte man eine erschlagene Schlange gefunden. Die Rekonstruktion des Falles war einfach: Der arme Mann war im Urwald einer Schlange begegnet, hatte sie noch töten können und war dann durch diesen Schock an Herzversagen gestorben.
Eine klare Diagnose. Niemand war auf den Gedanken gekommen, den Körper näher zu untersuchen. Und selbst dabei hätte man vielleicht den kleinen Hautkratzer auf der Brust übersehen.
Nur einer wußte von diesem Kratzer. Und der schwieg.
Warum auch sollte Avila verraten, wie man
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