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DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

Titel: DSR Bd 4 - Das Schattenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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dem Platz gesehen hatte.
    »Er war wahrscheinlich auf einer seiner Missionen. Hier in der Gegend gibt es eine Menge hilfsbedürftiger Leute in den Hintergassen. Etzel macht immer etwas, um zu versuchen, ihnen zu helfen: Seine ›Seele arbeitet‹, wie er es nennt.« Die beiden Wörter, die Etzel zu benutzen pflegte, sprach Mina auf Deutsch.
    »Seine Seele arbeitet?«, fragte Cass verwundert, die das Zitat ins Englische übersetzte.
    »Du kannst Deutsch?«
    »Nicht wirklich«, gestand sie. »In wissenschaftlichen Zusammenhängen stoße ich von Zeit zu Zeit auf deutsche Ausdrücke; das ist alles.«
    »Ich bin beeindruckt«, merkte Kit an. »Du weißt ebenfalls, wie man Chemikalien testet und wie man Latein liest. Gibt es irgendetwas, das du nicht kannst?«
    »Kochen.« Sie schenkte ihm ein sonniges Lächeln.
    Die Teynkirche rückte zwischen den Schatten ins Blickfeld; ihre Zwillingstürme mit den vielen Spitzen erhoben sich himmelwärts. Jede fingerdünne Fiale war von einem Kreuz gekrönt, das im letzten, sterbenden Licht des Tages wie ein goldener Stern glitzerte. Die unteren Scheiben des gewaltigen Mittelfensters, das in langgestreckter gotischer Bauart konstruiert war, strahlten im rötlichen Schimmer von Kerzenlicht; und Fackeln zu beiden Seiten der imposanten schwarzen, eisenbeschlagenen Tore spendeten Licht rund um den Eingang. Kit öffnete knarzend die kleinere Tür, die in die größere eingesetzt war, und die drei betraten die ehrwürdige alte Kirche.
    Der Gottesdienst war gut besucht. »Nur Stehplätze, wie ich sehe«, scherzte Kit. Dann wurde ihm klar, dass es immer nur Stehplätze gab, weil kein Kirchengestühl vorhanden war – nur eine Reihe von Stühlen, die den ausgedehnten Altarbereich einkreisten und für die älteren Mitglieder der Kongregation gedacht waren. Mina warf ihm einen strengen Blick zu. »Tut mir leid«, sagte er. »Ich werde mich von jetzt an gut benehmen.«
    Sie drängten sich zwischen denen, die sich im hinteren Bereich versammelt hatten. Die anwesenden Priester sangen das Präludium. Obwohl der Gottesdienst eine Mischung aus Latein mit ein paar Anweisungen auf Deutsch war, konnte man ihm relativ einfach folgen; und Kit, der in religiösen Riten nicht so gut bewandert war, hatte an der Messe zumindest nichts zu beanstanden, falls er sie nicht sogar tatsächlich als angenehm empfand. Ein Blick auf Mina – deren Gesicht, das vom Kerzenlicht sanft angeleuchtet wurde, andächtig, sogar verzückt wirkte – ließ Kit wissen, dass sie hingerissen war von den majestätischen Sätzen der Liturgie und des Gesangs. Dass sie sich im Kloster Montserrat als Nonne ausgegeben hatte, folgerte Kit, hatte in Wilhelmina zweifellos ein tieferes Verständnis für den Gottesdienst hervorgerufen.
    Für Cassandra war es jedoch noch etwas mehr.
    Als die Psalmen und Hymnen in der großen überwölbten Dunkelheit nach oben hallten und sich der Weihrauch in süßen, kräftigen Wolken vor dem Altar erhob, wurde Cass zuerst ruhig, dann nachdenklich und wirkte zum Schluss geradezu überwältigt: Der Kopf war nach vorne gebeugt, und sie hatte die Augen strenggenommen eher zusammengepresst als lediglich nur geschlossen; ihr ganzer Körper war angespannt, fast starr. Als am Ende die letzten Noten der großen Orgelpfeife in der Luft erklangen, neigte sich Kit nah zu Cass und wisperte: »Bist du okay?«
    Cass nickte, hob jedoch nicht den Kopf; und ihre Hände blieben fest ineinander verkrampft vor ihrer Brust. Gottesdienstbesucher um sie herum begannen, sich aufzulösen und fortzuströmen, aber sie bewegte sich nicht.
    Wilhelmina legte den Arm um die Schultern der jungen Frau. »Was ist los, Cassandra?«
    Als sie nicht reagierte, drängte Kit sie sanft: »Du kannst es uns erzählen. Wir sind für dich da. Ist es Heimweh?«
    »Nein«, hauchte Cass schließlich. »Nichts dergleichen.« Sie hob ihr Gesicht, und Kit sah, dass sie geweint hatte. »Ich glaube nicht, dass ich irgendjemandem erzählt habe, was mir in Damaskus passiert ist.«
    Kit und Mina tauschten einen Blick. »Du musst nichts sagen, wenn du es nicht willst«, sagte Wilhelmina zu ihr. »Es ist in Ordnung. Wir verstehen das.«
    »Es ist der Grund, weshalb ich hier bin«, sagte Cass und wischte mit den Handballen die feuchten Spuren auf ihren Wangen weg. »Ich habe etwas gesehen, das mich geängstigt hat – eine Vision. Und es hat mich so sehr in Schrecken versetzt, dass ich zum nächsten Zufluchtsort gerannt bin, den ich finden konnte, und das war die Kapelle

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