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Du bes Kölle: Autobiografie

Du bes Kölle: Autobiografie

Titel: Du bes Kölle: Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Engel
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weniger zeittypisch war der schwarze Pelzmantel, den ich mir mal für billiges Geld besorgt hatte. Womöglich war er sogar echt, dafür hatten vielleicht ein paar Dutzend Bisamratten dran glauben müssen. Völlig am Rad drehten wir schließlich zur Zeit der Tony Hendrik Five. Da trug ich meistens einen Kaftan, schwarz, mit weißen Ornamenten. Unglaublich eigentlich, aber das Ding war ausgesprochen bequem.
    Entsprechende Läden, in denen man sich mit solchen Klamotten eindeckte, schossen im Laufe des Jahrzehnts überall aus dem Boden. Beliebt war der American Stock am Rudolfplatz, da richtete sich das Sortiment danach, was in Amerika gerade angesagt war. Und mit den Hippies kamen natürlich auch die indisch angehauchten Läden, in denen man beim Eintritt immer einen Schlag bekam von diesen ganzen Räucherstäbchen und Duftkerzen und sonstigem undefinierbaren Zeugs. Wer nach etwas Ausgefallenem, Ausgeflipptem suchte, der wurde dort fündig. Gerade als junge Band hat man versucht, auf der jeweils neuesten Modewelle mitzuschwimmen. Mal trug man eine Shake-, mal eine Slophose. Mal variierte der Schlag, mal die Position des Schlitzes, oder es wurden irgendwelche Kettchen integriert. Verdammt viel merkwürdiges Zeug wurde damals zusammengenäht, aber das meiste gefiel mir nicht. Ich stand weder auf indische Duftwässerchen noch auf übertriebene Schlaghosen. Das war mir zu aufgesetzt, zu modisch, zu mitläufermäßig.
    Mit der Zeit wurden wir zum Glück souveräner, was das Bühnenoutfit betraf. Back to the roots, hieß es dann, sprich: Wir tragen Alltagsklamotten und alles, worin wir uns wohlfühlen. Das traf später ganz besonders auf die Fööss zu. Wenn man so will, haben wir Wolfgang Petry und seinem Namensvetter Niedecken den Weg für ihre karierten Hemden bereitet, wenn auch ohne 500 Freundschaftsbändchen am Arm. Aber mit solch einem Hemd und normalen Jeans wollten wir unsere Bodenständigkeit demonstrieren und dass wir mit dem ganzen Modetheater nichts mehr zu tun hatten.
    Irgendwann im Laufe der 60er hatten auch in Sülz die ersten Läden aufgemacht, in denen sich vor allem Jugendliche trafen und die gerade angesagte Musik hörten. An der Luxemburger, kurz vor der Ecke Sülzburgstraße, lag der Reich . Da ging ich auch zuweilen hin, und manch einer dort mochte mich im Star-Club oder sonst wo auf einer Bühne gesehen haben. Aber wenn ich durch meine heimatlichen Straßen in Sülz spazierte, dann war ich für die Leute dort weiß Gott kein Star.
    Mein Lebensgefühl damals war Rock ’n’ Roll, ganz klar. Nur weil ich Musik machte, nahm ich jedoch keinen anderen Gang an. Und ich brauchte auch keine großen Gesten oder irgendein Machogehabe. Denn ich hatte stattdessen etwas anderes, etwas ganz Besonderes: eine Band. Und das genügte!

EIN FÜRCHTERLICHES WORT
    Damals im Star-Club ging es für mich noch ziemlich brav zu. Nun gut, ich musste mich wegen meines Alters hin und wieder vor der Polizei verstecken. Aber mit Alkohol oder gar Drogen lief bei mir gar nichts, da habe ich in der Pause höchstens mal eine Cola getrunken. Außerdem passte Besitzer Menninghard ja immer auf wie ein Luchs, dass dort nichts anbrannte.
    Wie es mit den Mädels aussah? Gab es viele im Star-Club , und wir hatten auch schon früh unsere ersten Groupies. Fürchterliches Wort eigentlich: Groupie. Aber es gab eben ein paar Mädchen, die waren immer um uns herum und haben gewartet, bis wir uns nach dem Gig zu ihnen setzten. Nun ja, die ein oder andere mag sich mal auf dein Bein gehockt haben. Und vielleicht hast du dann auch mal ein bisschen rumgeknutscht, wer weiß? Aber ich war jünger als der Rest und zudem ziemlich klein, die meisten dieser Mädels waren einen halben Kopf größer als ich. Hat mir natürlich nichts ausgemacht, und seit ich »Yeah Yeah Yeah« von den Beatles gesehen hatte, wusste ich ja auch, wie es läuft mit den weiblichen Fans. Wenn du in einer Band spieltest, hattest du bei denen ganz klar einen Stein im Brett. Und es schadete auch nichts, wenn du ein bisschen singen konntest.
    Es gibt ein Foto von mir aus dem Jahr 1962. Da sitze ich bei den Luckies hinterm Schlagzeug, habe aber zugleich ein Mikro vor der Nase. Ich könnte heute nicht mehr sagen, ob es sich dabei nur um eine Momentaufnahme handelt. Denn diese Singerei hinterm Schlagzeug, das wollte ich ja gar nicht. Letztlich ist es doch so: Ein Trommler singt nicht. Der Trommler sitzt hinter der Schießbude, und der Sänger steht vorne. Alles andere ist nur eine

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