Du bes Kölle: Autobiografie
Übergang zu »Indianer kriesche nit«: Bei der letzten Wiederholung der Zeile »Indianer dürfe dat nit« hat der Willy die Mütze gezogen und der Menschheit seine Glatze gezeigt. Zum ersten Mal. Danach, das ist klar, brauchte er die schöne Stevie-Wonder-Mütze nie mehr. Ich habe sie aber auch nicht wiederbekommen. Geschenkt ist geschenkt!
ZU VIEL BUMM-DONG-KLONG
Willy Schnitzler war kein klassischer Frontmann. Aber er hatte eine sehr schöne, hohe Stimme, genau wie Bömmel Lückerath. Selbst Hartmut Priess, als der sanglich vielleicht am wenigsten Talentierte von uns, konnte in den tieferen Stimmlagen einiges beisteuern. Und weil Peter Schütten, Erry Stoklosa und ich ohnehin vom Fach waren, lag es nahe, es auch mal a cappella zu versuchen.
Schon auf unserer ersten LP »Op bläcke Fööss noh Kölle« (1974) findet sich mit »Kölle du uns Stadt am Rhing« ein A-cappella-Stück. Oft haben wir solche Lieder in einer Art Madrigalstil vorgetragen, das klang dann wie mittelalterlicher Mönchsgesang. Sich das zu erarbeiten, erforderte viel Fleiß. Ein Höhepunkt in dieser Richtung ist meines Erachtens der »Wochemaat en Kölle«, der sich dann auch auf unserem »A Cappella«-Album von 1993 findet. Die Nummer basiert auf einem alten kölschen Lied, dessen Sprache wir zunächst einmal angleichen mussten. Ich glaube, da hat sich vor allem Erry Stoklosa drum gekümmert. Die Idee hinter dem Song ist, das wilde Durcheinanderrufen eines Marktes zu spiegeln. Wenn man das allerdings singend abbilden will, darf man natürlich nicht chaotisch werden. Sondern man muss, im Gegenteil, äußerst exakt vorgehen. Jeder Sänger hat seine Linie, die sich an vorgegebenen Punkten mit der eines anderen kreuzt. Es geht um Töne und Worte, die aufeinandertreffen oder aufeinanderfolgen, um eine regelrechte Choreografie der Stimmen.
A-cappella-Gesang muss Witz haben. Mit Geist herangehen ist grundsätzlich gut, aber oft sind mir die Texte heutiger A-cappella-Bands doch allzu »geistreich«. Einen ganzen Abend a cappella halte ich nicht aus. Mir kommt da hinterm Sänger auch oft zu viel Bumm-Dong-Klong in die Ohren. Andererseits: Indem man Instrumente mit der Stimme nachahmt, macht man zuweilen sogar die Not zur Tugend. »Lück wie ich un du« zum Beispiel wurde im Dixieland-Stil arrangiert und mit einem kompletten Orchester eingespielt. Das konnten wir natürlich nicht mit auf die Bühne nehmen. Und deshalb wurde die Tuba, Posaune oder was auch immer im Hintergrund gesungen statt gespielt.
Für mich waren solche Projekte immer auch eine Reminiszenz an meinen Vater. Die Vier Botze haben grundsätzlich vierstimmig gesungen, und sie waren unverschämt gut. Da gab es zum Beispiel auf Schellackplatte »Ostermann in der Parodie«. Wenn man genau hinhört, stellt man fest: Die singen nicht nur jeder ihre Melodie, sondern springen manchmal auf den anderen Zug. Plötzlich hat der eine die Linie seines Nebenmanns übernommen, aber alles so unauffällig, als sei es spielerisch einfach.
Nun könnte man natürlich fragen: Warum haben die Bläck Fööss sich diese Mühe überhaupt gemacht? Mit Instrumenten und drei Akkorden wäre der Song bestimmt leichter aufzunehmen gewesen. Aber wir waren der Ansicht, dass man als Künstler auch immer mal wieder eine Latte legen muss. Und die Fööss konnten solche Latten ziemlich hoch legen. Ich weiß auch: Wenn wir den »Wochemaat« heute kurz proben würden, hätten wir ihn sofort wieder drauf. Meinen Part von damals kann ich jetzt noch komplett abrufen, den könnte ich auf der Stelle noch mal einsingen. Und so geht das, davon bin ich überzeugt, auch den anderen Fööss.
MANNEN TAPPEN MOPPEN
Auch unser wohl bekanntester A-cappella-Song ist keine Eigenkomposition, sondern stammt ursprünglich von Herbert Grönemeyer. Das erste Mal haben wir Herbert in Berlin getroffen, 1982 zur Funkausstellung. Damals war er noch ein ziemlich unbeschriebenes Blatt als Musiker und sang dort ein Lied von Diether Krebs und Jürgen Triebel: »Currywurst«. Wie es für ihn danach weiterging, ist bekannt.
Seinen Song »Männer« haben wir 1989 zunächst auf Deutsch eingeübt. Das war eine klasse Nummer, die überall gut ankam. Eines Tages jedoch saß ich bei Adam Backhausen auf dem Sofa – »Baggy« war für die Druckfassung unserer Covergrafiken zuständig. Und dort hörte ich zum ersten Mal eine extrem schräge Version dieses Songs. Der Grönemeyer hatte »Männer«, seinen großen Hit, tatsächlich auf Holländisch aufgenommen!
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