Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
Vom Netzwerk:
unseren Bürgermeister nächstes Jahr vielleicht nach Hause schicken, und einer aus dem anderen Lager übernimmt das Ruder.«
    »Das ist politische Fiktion, Michele. In Wahrheit haben wir es hier mit einem sehr komplexen Problem zu tun. Um in die Richtung zu wirken, die dir vorschwebt, braucht man Zeit und einen breiten Konsens. Man muss sich mit den jeweiligen Bürgermeistern über geeignete Grundstücke verständigen, man muss die neuen Unterkünfte bauen, und die müssen wiederum den EU-Richtlinien entsprechen. Und auch die Roma selbst müssen ihr Einverständnis geben. Eine Zwangsumsiedlung würden der Vatikan und der aktuelle Kommunalausschuss aus dem Mitte-Links-Lager gar nicht gern sehen.«
    Und wenn es in der Zwischenzeit Tote gibt, kann man das auch nicht ändern.
    »Hör zu.« Pasquali verlegte sich aufs Schmeicheln. »Mag sein, dass Colajaconos Vorgehensweise manchmal ziemlich schroff ist, und du weißt nur zu gut, dass ich das als Polizist und als Katholik nicht billige. Aber du hast nichts in der Hand, um ihn anzuzeigen.«
    »Er hat uns verschwiegen, dass er die Iordanescu kannte.«
    »Was er bestreitet. Da steht das Wort eines angesehenen Vicecommissario gegen das einer Prostituierten.«
    »Aber es gibt noch etwas Gravierenderes«, fuhr Balistreri fort. »Ramona sagt, Colajacono sei überhaupt nicht überrascht gewesen, ihr im Kommissariat zu begegnen.«
    »Klar. Weil er sie nie zuvor gesehen hatte.«
    »Hör zu, stell dir bitte nur einen Moment lang vor, dass die Iordanescu die Wahrheit sagt und sie sich schon kannten. Nur einen kurzen Moment. Was schließt du dann aus der Tatsache, dass Colajacono nicht überrascht ist, als er sie Weihnachten im Morgengrauen wiedersieht?«
    Pasquali schwieg und verzog keine Miene. Nur eine zarte Stirnfalte verriet seine Nervosität. Schnell verjagte er den Gedanken, wie schlimme Vorhersagen zum Wochenendwetter, denen man besser keine Beachtung schenkt.
    »Er kannte sie nicht, Balistreri. Punkt. Es nützt nichts, eine Tür zu öffnen, hinter der sich eine Mauer befindet.«
    Mit dem Übergang zum Nachnamen war das Thema abgehakt. Pasquali strich sich über das graue Haar, um Zeit zu gewinnen. »Da ist noch etwas«, begann er dann wieder. »Die Sache mit Linda Nardi. Wir haben ihr für heute die Vermisstenanzeige von der Iordanescu versprochen.«
    »Die können wir ihr doch geben. Da ist nichts Kompromittierendes dran.«
    »Ich weiß, und deshalb ermächtige ich dich auch, sie ihr auszuhändigen. Aber die Nardi hat gestern am Telefon noch etwas anderes von mir verlangt, damit sie nichts über den Streit in Torre Spaccata verlauten lässt.«
    Und vor dem Präsidenten wolltest du damit nicht rausrücken. Dann muss es ja ein ernsthaftes Problem für dich sein.
    Pasquali sah aus dem Fenster zum Petersdom hinüber und ließ den Blick auf seiner geliebten Kuppel ruhen, als suchte er göttliche Inspiration. »Sie will wissen, was wir über Samantha Rossi verheimlichen.«
    Auf einmal beunruhigt es dich also doch, dieses R im Rücken des armen Mädchens.
    »Verstehe, Pasquali. Ich kümmere mich darum. Vielleicht kann ich mich heute Abend mit ihr treffen.«
    »Die Nardi wird sich bestimmt freuen, von dir zu hören, nachdem ihr euch so lange nicht gesehen habt«, endete Pasquali mit eisigem Ton.
    Gleich nach dem Mittagessen erreichte Corvu den Sitz der ENT , eine schöne Wohnung im Zentrum. Parkett und teure Tapeten, Fotos von Casinos, alte Flipper und Jukeboxes, eine schöne, elegante Sekretärin.
    Avvocato Francesco Ajello, Geschäftsführer der ENT und des Bella Blu, war ganz anders, als er ihn sich vorgestellt hatte. Wie ein Spielhöllenbesucher oder Zocker wirkte er jedenfalls nicht.
    Er war im Gegenteil ein großer, kultivierter Mann um die vierzig mit manikürten Händen, perfekt geschnittenem Haar und durchtrainiertem Körper. Sein Teint war frisch, als wäre er gerade bei der Kosmetikerin und unter der Sonnenbank gewesen.
    Hinter seinem Rücken hing die Diplomurkunde seines Jurastudiums. Auf dem modernen Schreibtisch standen Fotos einer distinguierten Blondine und eines muskulösen Jugendlichen. Zweifelsohne ein erfolgreicher Geschäftsmann mit absolut honorigem Hintergrund.
    »Wir sind sehr betroffen«, begann Ajello zerknirscht, »dass ein junger Angestellter auf diese Weise zu Tode kommen musste, in einem sinnlosen Streit. Aber in der Welt, in der wir heute leben, sind solche Vorfälle wohl leider an der Tagesordnung.« Er bedachte das Foto seines Sohns mit einem

Weitere Kostenlose Bücher