Du bist das Boese
aufs neue Jahr angestoßen hatten, erreichte ihn der Anruf. Balistreri lauschte schweigend, dann rief er Corvu an und forderte ihn auf, Natalya sitzen zu lassen und ihn sofort mit einem Dienstwagen abzuholen.
Um ein Uhr erreichten sie den von Scheinwerfern hell erleuchteten Hügel. Auf dem Weg war ihnen der Notarztwagen begegnet, der den von Colajacono am Bein verletzten Schäfer fortbrachte. Der andere Mann trug Handschellen und wurde von zwei Polizeibeamten bewacht. Ein Sanitäter kümmerte sich um Tatòs Nase.
Piccolo saß allein in einem Polizeiwagen, in eine Decke gewickelt.
»Corvu, während ich mit Piccolo spreche, inspizierst du die Hütte. Allein. Hast du alles, was du brauchst?«
»Selbstverständlich, Dottore.« Er ging die Tasche holen, in der sich alles Nötige befand, um den Tatort zu inspizieren, ohne Spuren zu verwischen.
Balistreri setzte sich neben Piccolo auf den Rücksitz. Er merkte, dass sie zitterte, stellte aber keine Fragen. Sie erzählte ihm unaufgefordert, was geschehen war, und sparte nur Colajaconos Ohrfeige aus. Den würde sie sich noch persönlich vorknöpfen.
»Tut mir leid«, endete sie. »Ich hatte Angst, dass sie uns entwischen, und ich wusste nicht, auf welcher Seite Colajacono steht.«
Das Pasquali zu erklären, wird schwierig werden. Noch schwieriger als das mit Tatòs Nase.
»Gut. Ich lasse Sie jetzt nach Hause bringen«, sagte Balistreri sanft.
»Erst suchen wir Nadia«, antwortete sie stur.
»Die suchen wir . Sie fahren nach Hause, ich lasse Sie bringen.« Das war ein nicht verhandelbarer Befehl. Wenige Minuten später saß Piccolo in einem Wagen, der sie endlich zu Rudis Linsen brachte.
Balistreri trat zu Colajacono. »Das mit Tatòs Nase tut mir leid. Wir werden noch Gelegenheit haben, uns ausführlich darüber zu unterhalten. Auch darüber, was Sie überhaupt hierher verschlagen hat.«
Colajacono sah ihn mit offener Verachtung an. »Wann immer Sie möchten, Dottore. Dann können Sie uns auch erklären, warum Sie uns von dieser Irren verfolgen lassen.«
Balistreri zuckte mit keiner Wimper. »Jetzt erklären Sie mir erst einmal, was Sie hier eigentlich zu suchen haben.«
»In dieser Hütte wohnt einer der beiden Roma. Der da«, Colajacono zeigte auf den jungen Schäfer in Handschellen. »Die Herde und das Auto gehören ihm. Wir haben einen anonymen Hinweis erhalten, nachdem wir publik gemacht hatten, dass wir eine Giulia mit kaputtem Scheinwerfer suchen.«
»Anonym? Trauen Sie allen anonymen Hinweisen?«
»Das hab ich Ihnen doch schon mal gesagt, Dottor Balistreri. Wir sind hier nicht in Ihrem eleganten Büro im Stadtzentrum. Bei uns herrschen andere Sitten.«
Balistreri ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Und wer ist der andere?«
»Auch ein Schäfer. Er haust in einer Hütte auf der anderen Seite des Hügels, einen Kilometer von hier. Sie haben die Gelegenheit genutzt, dass die meisten Leute irgendwo Silvester feiern, und sind hier in der Nähe in eine Villa eingestiegen. Einen Fernseher, eine Stereoanlage, eine Videokamera und ein bisschen Silber haben sie mitgehen lassen. Liegt alles im Kofferraum der Giulia. Der hier heißt Vasile Geoana.«
Balistreri trat zu dem Schäfer. Ein hagerer, knochiger Mann mit einem langen Bart. Lederjacke, T-Shirt und Jeans. Er stank nach Schaf und nach Alkohol.
»Sprichst du Italienisch?«
Eine zustimmende Geste. Sein Blick war hart und ausweichend.
»Ist das dein Auto?«
»Ja, meins.« Raue Stimme, kehliger Akzent.
»Von wem hast du das?«
»Ägypter, Pizzabäcker. Zweihundert Euro.«
»Mit kaputtem Scheinwerfer?«
»Was ist Scheinwerfer?«
»Lampe, Licht.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, nachher kaputt. Ich jemand gegeben, danach kaputt.«
Corvu trat aus der Hütte, ging zu Balistreri und zeigte ihm ein Plastiktütchen mit zwei langen blonden Haaren. Balistreri hielt sie dem Schäfer unter die Nase.
»Wo ist das Mädchen?«, brüllte Colajacono den Schäfer an.
Vasile atmete hektisch und starrte auf einen Punkt am Boden.
»Wer Mädchen?«
»Dieses Mädchen«, insistierte Colajacono und wies auf das Tütchen mit den Haaren.
»Ich Nutten mitbringen, manchmal.«
Colajacono packte mit seiner riesigen Pranke das Handgelenk des Schäfers. Der schrie vor Schmerz.
»Das Mädchen, das du in der Via di Torricola in dein Auto geladen hast. Wo ist sie?«, fragte Colajacono und verdrehte ihm das Handgelenk. Vasile schrie noch lauter und wand sich vor Schmerz.
Ein eisiger Windstoß fegte über die Wiese. Dem
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