Du bist das Boese
eingekringelte Daten.
Antonella fuhr ihm langsam mit der Hand durchs Haar, streichelte sein Gesicht. Er erinnerte sich gut an diese Daten. Dann schloss er endlich die Augen und schlief ein.
Sonntag, 23. Juli 2006
Vormittag
Er wachte auf Antonellas Sofa auf, weil irgendwo sein Handy klingelte. Es war Corvu. Sie warteten im Büro auf ihn, es war schon halb neun. Während er eine kalte Dusche nahm, kochte Antonella ihm einen doppelten Espresso und schmierte ihm ein paar Toasts. Er rauchte zwei Zigaretten und schlürfte seinen Kaffee.
»Du gönnst dir wieder Tabak und Koffein, Michele?« In ihrer Stimme schwang nicht der leiseste Vorwurf mit, eher Genugtuung.
»Die Pillen habe ich auch ins Klo geworfen, zusammen mit ein paar Hirngespinsten aus der Vergangenheit.«
Sie lächelte. »Dann fehlt jetzt nur noch der Sex. Oder hast du damit auch schon wieder angefangen?«
Er drückte ihr einen sanften Kuss auf den Mund und rief sich ein Taxi.
Im Büro erfuhr er, dass Corvu, Piccolo und Mastroianni schon seit sechs Uhr morgens den Fall zu rekonstruieren versuchten, ganz von Anfang an.
»Im Licht der neuesten Erkenntnisse habe ich noch einmal sämtliche Alibis für den Mord an Elisa Sordi kontrolliert. Ich habe mir erlaubt, auch das von Angelo Dioguardi unter die Lupe zu nehmen«, sagte Corvu fast entschuldigend.
»Richtig so, Corvu. Ich höre.«
»Also. Wir haben die Gewissheit, dass Elisa Sordi um fünf Uhr noch lebte, weil sie da mit ihrer Mutter telefoniert hat. Das Gespräch ist im Verbindungsnachweis aufgeführt. Kurz vorher oder nachher war die Pförtnerin oben und hat die bearbeiteten Akten abgeholt, um sie Cardinale Alessandrini zu bringen. Dann kam Manfredi zu Elisa, oder er war bereits da, als sie den Anruf ihrer Mutter entgegennahm. Er blieb ungefähr zwanzig Minuten, während unten am Tor Dottor Balistreri und Dioguardi eintrafen und kurz mit Gina Giansanti sprachen. Manfredi war noch in Elisas Büro, als Angelo mit dem Aufzug hochfuhr, und hörte von dort aus, dass der Kardinal persönlich die Tür öffnete. Manfredi ließ Elisa verletzt zurück, wie er behauptet. Er schloss ab, rannte nach Hause und rief den Conte an, der im Hotel Camilluccia war, nur fünf Minuten entfernt. Das haben wir überprüft. Dann ging er auf die Terrasse und sah durchs Fernglas Dottor Balistreri mit der Pförtnerin plaudern. Er ging in sein Zimmer und fügte sich mit der Rasierklinge die Verletzungen zu. Durch sein Geschrei wurde die Mutter geweckt. Der Conte kam fünf Minuten später, traf Dottor Balistreri, wechselte zwei, drei Worte mit ihm und ging dann nach oben, während Gina Giansanti sich für die Messe fertig machte. Auf dem Weg zur Villa B traf Dottor Balistreri auch noch Padre Paul, der gerade von dort kam. Mit dem Fahrstuhl fuhr er in den dritten Stock, wo Angelo Dioguardi und der Kardinal auf ihn warteten. Padre Paul verließ das Anwesen gemeinsam mit Gina Giansanti. Sie wollte in die Messe, er nach San Valente.«
Corvu machte eine Pause und las in seinen detaillierten Aufzeichnungen.
»Valerio Bona nutzte die Abwesenheit der Pförtnerin und folgte Dottor Balistreri nach oben. Er ging zu Elisa hinein und fand sie tot vor. Jedenfalls hielt Valerio sie für tot. Manfredi schwört, sie sei nur verletzt gewesen. Einer der beiden lügt also oder irrt sich. Die sechs nun noch in der Via della Camilluccia anwesenden Personen gingen alle gegen achtzehn Uhr fort. Als Dottor Balistreri, Dioguardi und Cardinale Alessandrini aus dem Haus kamen, sahen sie den Conte und Ulla mit dem Auto wegfahren, Manfredi mit dem Motorrad. Ab diesem Zeitpunkt wissen wir, wo sich fünf dieser sechs Personen aufhielten, ohne den geringsten Zweifel. Dottor Balistreri und Angelo Dioguardi haben sich das Endspiel angesehen. Der Kardinal, Ulla und Manfredi waren im Vatikan. Und vom Conte wissen wir, dass er zum Innenminister fuhr. Die Polizei hat damals die Besucherliste eingesehen, aus der hervorging, dass er um achtzehn Uhr fünfzig dort eintraf und um neunzehn Uhr fünfunddreißig wieder ging.«
»Corvu, besorg uns bitte eine vollständige Kopie der Besucherliste des Ministeriums.«
»Aber Dottor Balistreri«, protestierte Corvu matt.
»Das kriegst du schon hin, Corvu. Tu es einfach. Und jetzt widmen wir uns wieder der Gegenwart.« Balistreri zeigte zur Tafel, auf der in chronologischer Reihenfolge die Buchstaben standen.
O (Elisa)
? (Ulla)
A (Alina)
R (Samantha)
E (Nadia)
? (Giovanna)
V (Selina)
I (Ornella)
? (Fiorella)
»Es gibt
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