Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)
und Wut beim Kind und den Wunsch nach »Rache«.
Der Wunsch, der oft zunächst noch unterdrückt wird, richtet sich dann aber entweder gegen Geschwister oder auch gegen andere Personen. Oft können auch diese unterdrückten Wutgefühle erst im Erwachsenenalter ihren destruktiven Ausdruck finden, dann aber oft heftig.
Sie erhalten eine Lüge aufrecht, indem vorgegeben wird, erzieherisch zu wirken.
Im Grunde aber strafen die Eltern zumeist, weil sie als Kinder selbst geschlagen wurden und unbewusst etwas selbst Erlebtes wiederholen.
Sie »programmieren« das Kind, unlogische Argumente zu akzeptieren: »Wenn ich dir wehtue, geschieht es zu deinem Besten!«
So wird das Kind »programmiert«, den Schmerz der Demütigung als nicht schmerzhaft zu registrieren (Desensibilisierung!).
Die Botschaften an das Kind, die selbst durch vermeintlich »leichte« Schläge gesendet werden, sind also vielschichtig und fatal. Das Kind erfährt keinen Respekt, keine Wertschätzung und wird in seinem Urvertrauen tief erschüttert. Es wird fortan, wenn es auf die Eltern reagiert, häufig nur aus Angst handeln. Das Kind lernt, dass es den eigenen Schmerz nicht fühlen darf, dass dieser vielmehr ignoriert werden muss. Seine Psyche und sein Immunsystem werden auf diese Weise nachhaltig geschädigt. Denn wenn Kinder in solch einer lieblosen Atmosphäre aufwachsen, muss der Organismus permanent mit Stress umgehen. Hierfür produziert unser Körper ein lebenswichtiges Hormon: das Cortisol. Es wird in der Nebenniere gebildet, versorgt den Körper mit Kraft und wirkt dabei an vielen verschiedenen Stellen im Körper, zum Beispiel auf das Immunsystem. Wenn wir nun aber dauerhaftem Stress ausgesetzt sind, kommt es irgendwann zu einer sogenannten Nebennierenschwäche und einem daraus resultierenden Cortisolmangel (da die Nebenniere nicht mehr ausreichend Cortisol produzieren kann). Die Folgen sind unter anderem Anfälligkeit für Infekte, Asthma, Schwindel, Depression, Burn-out, Angstzustände, Lebensmittelallergien, Nervosität, Haarausfall und Verdauungsstörungen. Ein vollständiges Fehlen von Cortisol kann sogar zum Tod führen.
Das Kind lernt, dass Liebe und Gewalttätigkeit miteinander vereinbar sind. Dadurch wird es wahrscheinlicher, dass das Kind als Erwachsener selbst diese Gewalt seinen Kindern gegenüber weitergibt. Die Weigerung, einen Zusammenhang zwischen der frühkindlich erfahrenen Gewalt und der aktiv wiederholten Gewalt der Erwachsenen zu sehen und verstehen zu wollen, erklärt nicht zuletzt auch die grundsätzliche Ignoranz der Gesellschaft dem Thema Gewalt gegenüber.
»Ein Klaps hat noch keinem geschadet!« Wer so etwas sagt, hat wahrscheinlich, physisch oder psychisch, selbst gewaltvolle Erfahrungen gemacht – und beweist mit diesem Satz das Gegenteil, nämlich, dass ein Klaps durchaus schaden kann. Veränderung dauert. Sie dauert auch, weil wir als Gesellschaft nicht bereit sind, das Wissen, das wir gewonnen haben, anzuwenden und Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für unser Handeln und Tun den Kindern gegenüber.
Wir vergessen das Wesentliche:
Wie geht es unseren Kindern?
Kindheit ist einem beständigen Wandel unterworfen. Kinder verbringen ihre Zeit heute immer länger in Kindertagesstätten oder in Schulen, die mittlerweile oft Ganztagseinrichtungen sind. Wenn man über diese Tendenz spricht, muss das jeweilige Konzept der Einrichtungen berücksichtigt werden, und diese Entwicklungen und Angebote sind immer auch im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sehen.
Dennoch muss es auch möglich sein, kritisch zu hinterfragen, inwiefern der Besuch dieser Betreuungs- und Bildungseinrichtungen mit den Grundbedürfnissen der Kinder vereinbar ist. Kinder verbringen immer mehr Zeit in solchen Einrichtungen und haben dadurch weniger echte Freizeit. Sie treffen seltener Freunde am Nachmittag, sie spielen weniger draußen. Und es gibt kaum noch Zeiten, in denen unsere Kinder von Erwachsenen unbeobachtet sind. Die Kindheit ist eine durchorganisierte und überwachte Zeit mit wenigen Räumen für Autonomie und Bewegung geworden. Und wann und auf welche Weise verbringen wir Eltern Zeit mit unseren Kindern?
Krippe oder Kinderzimmer?
Eine Diskussion, die beständig und mit sehr konträren Positionen geführt wird, betrifft die Fragen frühkindlicher Betreuung. Was von der einen Seite als Recht der emanzipierten Frau eingefordert wird – ihr Kind in eine Einrichtung zu geben, um wieder am Berufsleben
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