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Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Titel: Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Saalfrank
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beiden grundlegenden Urerfahrungen zu betrachten, die wir vorgeburtlich im Schutzraum des Uterus unserer leiblichen Mutter gemacht haben. In dieser frühen, der pränatalen Phase unseres Lebens, haben wir bereits erste prägende Beziehungserfahrungen gemacht: Die Grunderfahrung der gesamten Schwangerschaft ist es, dass man einerseits sicher, tief und innig (im Uterus und über die Nabelschnur mit der Mutter) verbunden ist, andererseits jedoch jeden Tag wächst und so auch schon im Mutterleib immer autonomer, kompetenter, immer freier, unabhängiger und eigenständiger wird.
    Genau diese Erfahrung ist es, die uns zu sozialen und beziehungsfähigen Wesen macht – und uns mit der Sehnsucht ins Leben gehen lässt, genau diese Qualität der Beziehung einmal wiederzuerlangen. Also eine enge Verbundenheit bei gleichzeitiger Autonomie als Grundlage für die Qualität unserer Liebesbeziehung zu den Kindern.
    Diese Beziehungsform zu leben bedeutet, dass sich zwei Partner ganz eng und auf das Tiefste verbunden fühlen, sich gegenseitig vertrauen und voneinander wissen, dass sich der eine auf den anderen verlassen kann. Sie wissen auch voneinander, dass sich der eine für den anderen nichts mehr wünscht, als dass er in der Lage ist, sich als eigenverantwortliche und eigenständige Person zu entfalten, er also unabhängig und autonom sein kann. Das ist die Qualität der Liebesbeziehung zu unseren Kindern. Und so widersprüchlich es klingen mag: Genau dieser Spannungszustand beschreibt das Gefühl Liebe. Liebe ist in dieser Definition die einzige Beziehungsform, in der man zugleich frei und auch verbunden sein kann. Voraussetzung dafür, dass sich Kinder gut entwickeln und ihre Potenziale entfalten können, ist, dass sie sich in ebendiesem Sinne geliebt fühlen, dass sie eine Beziehung erfahren, die von Liebe und Anerkennung geprägt ist und die die existenzielle Botschaft vermittelt: Du bist o. k., so wie du bist!
    Alle Beziehungen zu Kindern, die diese Aspekte nicht erfüllen, sind für die Entwicklung des Kindes hemmend, hinderlich oder auch störend.
    Wenn wir Eltern um diese beiden Grundbedürfnisse wissen, die sowohl wir als auch unsere Kinder in uns tragen, und auch darum wissen, dass sich unsere Kinder im Spannungsfeld dieser beiden Bedürfnisse entwickeln, können wir die Verantwortung dafür übernehmen, diese jeweils im Gleichgewicht halten zu wollen und unseren Kindern das Gefühl der Verbundenheit bei gleichzeitiger Autonomie so zu vermitteln, dass sie Sicherheit und Geborgenheit einerseits, aber auch größtmögliche Autonomie zum Wachsen andererseits erfahren können. Johann Wolfgang von Goethe drückte dies schon vor Jahrhunderten auf seine Art aus:
»Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.«
Drei (Grund-)Bausteine in der Beziehung zu Kindern
    Dass sich Kinder mit uns Erwachsenen verbinden wollen, dass sie grundsätzlich »Teamworker« sind und bereits viele Kompetenzen mit auf die Welt bringen, habe ich bereits beschrieben. Hierzu gehört auch ihre angeborene Beziehungsfähigkeit. Genau genommen sind es vor allem drei Qualitäten, die diese Fähigkeit ausmachen: Offenheit, Unvoreingenommenheit und die Fähigkeit, sich eng an Bezugspersonen zu binden. Und im Grunde genommen sind es auch die Fähigkeiten, die wir Erwachsene im Kontakt mit Kindern (wieder) aktivieren können, denn wir tragen sie alle in uns.
    Aber welche Qualitäten sind seitens der Eltern noch wichtig als Voraussetzung für eine gelingende Beziehung? Wie können Eltern die Beziehungsfähigkeit der Kinder gut beantworten? Was brauchen Kinder von ihren Eltern?
    Kinder brauchen
     
Eltern, die Verantwortung übernehmen,
Eltern, die ihre eigenen Grenzen kennen,
Eltern, die authentisch sind und persönlich werden.
1. Verantwortung übernehmen und Kindern etwas zutrauen
    Wenn wir Kinder bekommen und Eltern werden, übernehmen wir automatisch eine Verantwortung. Das würde niemand bestreiten. Was aber genau bedeutet es für Eltern, ihre elterliche Verantwortung wahrzunehmen? Um mich der Antwort dieser Frage zu nähern, möchte ich mich im Folgenden mit drei Aspekten beschäftigen:
     
Bereichen, in denen Eltern zur Übernahme der Verantwortung verpflichtet sind,
Momenten, in denen Eltern Verantwortung mit Macht verwechseln,
und der Abgabe der Verantwortung an Kinder selbst.
    Wenn wir als Eltern Verantwortung für eine Entscheidung übernehmen, heißt das grundsätzlich zum einen, dass die Kinder sie nicht tragen müssen,

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