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Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Titel: Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Saalfrank
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liebevolle Ermutigung. Gerade weil auch unbewusste Prozesse eine Rolle spielen und das Gehirn hierfür bereit sein muss, ist es wenig nützlich – sogar kontraproduktiv –, wenn Eltern den Prozess des Trockenwerdens aktiv (oder gar druckvoll) fördern oder ihr Kind zum Trockenwerden (gar mit Belohnung) erziehen wollen. Eher führt dieses elterliche Eingreifen bei Kindern zu Unsicherheit und Frustration, die das Trockenwerden verlangsamen oder zu Rückschritten führen. Grundsätzlich beginnen Kinder selbst, sich für die Benutzung der Toilette durch die Eltern oder für ihr Töpfchen zu interessieren und darauf aufmerksam zu machen, dass sie eine volle Windel haben.
    Leonie befindet sich (also) gerade in einer Entwicklungsphase, in der sie intensive Erfahrungen auf verschiedenen Ebenen macht:
     
Mein Körper gehört mir, ich entscheide.
Ich kann meinen Körper kontrollieren.
Ich kann ein Bedürfnis steuern.
Ich kann etwas bewirken und trage Verantwortung.
    Sie übernimmt Eigenverantwortung für ihren Körper und erfährt, wie es ist, die eigenen Körperfunktionen zu kontrollieren. Es macht sie selbstständig und unabhängig. Inmitten dieser Erfahrungen empfängt Leonie nun durch das Eingreifen ihrer Mutter verschiedene Botschaften, die sie für sich folgendermaßen übersetzt:
     
Die Signale, die mein Körper sendet, sind nicht wahr.
Körperliche Signale muss ich also übergehen.
Meine Mutter ist diejenige, die hier das Sagen hat, meine Bedürfnisse sind nicht wichtig.
    Verhängnisvolle Botschaften, die Leonie hier empfängt und die sie in einen inneren Konflikt bringen:
     
Wenn ich auf meine Bedürfnisse höre, widerspricht dies dem, was meine Mutter möchte.
    Sie ist so zwischen der eigenen Autonomie und der Kooperationsbereitschaft zu ihrer Mutter hin- und hergerissen und entscheidet sich letztendlich – so wie fast alle Kinder – für die Kooperation mit ihrer Mutter. Leonie stellt ihr eigenes Bedürfnis zurück und wird so in einer wichtigen Autonomie- und Persönlichkeitsentwicklung gehemmt, was langfristig zu Störungen (zum Beispiel Rückfall beim Trockenwerden, Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls) führen kann.
    Wenn Eltern mit dieser Form von Macht agieren, können sich Kinder dem entweder nur fügen oder in den Ring steigen und den Kampf mit den Erwachsenen aufnehmen. An vielen Stellen entstehen so kraftraubende Machtkämpfe zwischen Eltern und Kindern.
    Wie lässt sich diese Situation verändern? Indem wir Verantwortung übernehmen und mit unseren Kindern in einen Dialog gehen. Leonies Mutter könnte zu ihrer Tochter etwa Folgendes sagen:

»Es tut mir leid, dass ich dich nicht auf die Toilette habe gehen lassen und dich damit in diese Situation gebracht habe. Ich habe etwas falsch gemacht und nur an mich gedacht. Es ist nicht deine Schuld. Das nächste Mal werde ich versuchen, es anders zu machen.«

    So übernimmt Leonies Mutter auch die Verantwortung für das Entstehen der Situation. Die verhängnisvollen Botschaften, die Leonie zunächst empfangen hat, können in neue Botschaften verwandelt werden, und Leonie kann verstehen: Ihre Bedürfnisse zählen (doch) (»Mama hat es erst später gemerkt«). Sie wird ernst genommen und sie ist nicht schuld. Das heißt, sie trägt keine Verantwortung dafür, dass ihre Mutter ärgerlich ist. Leonies Mutter würde damit ihre elterliche Verantwortung übernehmen und ihre Tochter entlasten.
    Auch Kinder haben Bereiche, die in ihrer Verantwortung liegen. Das Ziel von Eltern ist es heutzutage überwiegend, ihre Kinder zu selbstständigen, selbstbewussten und verantwortungsvollen Menschen zu erziehen.
Das Selbstwertgefühl
Die Entwicklung des Selbstwertgefühls ist das entscheidende Merkmal für das gesunde Aufwachsen von Kindern. Das Selbstwertgefühl kann wachsen, wenn wir von einer uns nahestehenden Person die Botschaft »Du bist o. k., so wie du bist« erfahren. Zum einen wird die Sehnsucht nach Verbundenheit erfüllt, zum anderen liegt hier aber auch der Schlüssel zum Wachstum eines gesunden Selbstwertgefühls. Die Botschaft an Kinder, dass sie so, wie sie sind, »richtig« sind und »angenommen« werden, ist wie ein Samen, der genährt wird durch die weitere Erfahrung, im gemeinsamen Tun mit anderen Menschen für diese wertvoll und wichtig zu sein.
    Dafür ist es notwendig, dass Kinder auch Erfahrungen mit Eigenverantwortung machen können. So ist es wesentlich, dass Kinder für die Bereiche, in denen es ihnen möglich ist, auch eigene Verantwortung

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