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Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Titel: Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Saalfrank
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Wasser steigen können. Das Mädchen wirkt immer noch unwillig, verschränkt wieder die Arme vor der Brust, streckt dann beide Hände aus und möchte offensichtlich, dass ihre Eltern sie in die Mitte nehmen. Die Eltern greifen beide freundlich lächelnd zu.
So bewegt sich die Dreiergruppe langsam auf die Liegestühle zu und diskutiert, welche drei Sitzgelegenheiten es nun sein sollen. Die Halle ist nicht gut besucht, und einige Stühle sind frei. Der Vater entscheidet sich für einen Platz, legt sein Handtuch ab und setzt sich, seine Frau folgt ihm.
Das Mädchen steht unzufrieden vor den beiden. »Nein, nein, da«, sagt sie und deutet auf einen Stuhl, der zwei Meter weiter steht.
»Aber Finchen, jetzt sitzen wir doch hier«, versucht es der Vater vorsichtig.
»Ich will aber da«, jault Finchen.
»Na gut«, seufzt die Mutter lächelnd, steht auf, streicht ihrer Tochter im Vorbeigehen über den Kopf und setzt sich auf den von Finchen bevorzugten Liegestuhl. »Meinst du diesen hier?«, fragt sie sanft. Auch der Vater hat den Platz gewechselt.
»Ja, eigentlich schon«, setzt das Mädchen an, »aber die dahinten sind noch besser.« Sie zeigt auf die Liegestühle am anderen Ende des Schwimmbeckens.
»Ach, die meintest du. Komm, jetzt lass uns hierbleiben. Hier können wir auch gut alle Becken sehen«, versucht der Vater seine Tochter zu überzeugen, denn er hat mittlerweile ein Buch, die Zeitung und Handtücher aus dem Rucksack geräumt.
Das Mädchen jedoch ist damit gar nicht einverstanden. Sie hüpft ungeduldig auf und ab. »Neiiiin, die dahinten!«, hallt es schrill durch die Halle.
Jetzt versucht es die Mutter: »Aber Finchen, schau mal, wir sind doch schon auf diese Stühle hier gewechselt, jetzt lass uns doch hier bleiben. Sollen wir erst mal was zu trinken kaufen?«
»Nein!«, schreit Finchen und stürmt heulend auf die neu auserwählten Liegestühle am Ende des Schwimmbeckens zu. Sie lässt sich dort nieder und dreht sich mit verschränkten Armen zu ihren Eltern um. Diese machen sich tatsächlich wieder auf den Weg. Der Vater klemmt sich die bereits ausgepackten Utensilien unter den Arm, und so setzen sich die schwer bepackten Eltern wieder in Bewegung und gehen ans andere Ende der Schwimmhalle, wo Finchen zusammengekauert auf den Liegestühlen wartet.
Als die Eltern fast bei ihr angekommen sind, setzt sie sich auf und fragt: »Kann ich Pommes haben?«
»Erst mal auspacken, oder? Und wollen wir nicht erst mal schwimmen?«, fragt ihr Vater.
»Lass sie doch«, sagt die Mutter und zu ihrer Tochter gewandt: »Willst du nicht lieber eine Pizza haben?« Es entwickelt sich wieder ein Hin und Her, bis schließlich Mutter und Tochter gemeinsam zum Kiosk gehen und mit einem Burger, einer Pizza und etlichen Getränken wieder zurückkommen. Kurz bevor sie die Liegestühle erreicht haben, werden sie allerdings vom Bademeister angesprochen, der ihnen mitteilt, dass am Becken keine Speisen verzehrt werden dürfen. Finchen bricht wieder in lautes Gebrüll aus. Der Vater eilt herbei, es wird ein neuer Platz gesucht, schließlich auch irgendwann gefunden. Sachen werden wieder umgeräumt, Handtücher ausgelegt.
Endlich scheint es Zeit fürs Essen. Das Mädchen beißt einmal in den Burger, verzieht das Gesicht und sagt angewidert: »Bäh, der schmeckt nicht!«
»Waaas?«, rufen die Eltern entsetzt. Beide probieren und loben den vortrefflichen Burger in den höchsten Tönen. »Probier doch noch mal, Finchen«, sagt ihre Mutter aufmunternd.
»Oder möchtest du lieber die Pizza fertig essen?«, fragt ihr Vater freundlich, aber erschöpft.
Und auch das Finchen hat genug. Sie erklärt plötzlich: »Hab keine Lust mehr, ich will nach Hause!« Das restliche Essen bleibt übrig, die Getränke bleiben unberührt auf dem Tablett zurück, die Taschen werden gepackt, und die Eltern folgen ihrer Tochter hastig in Richtung Dusche.

    Dies ist so eine Situation, die Kinderpsychiater dazu bringt, Kinder mit einem solchen Verhalten als »Tyrannen« zu bezeichnen und in diesem Zusammenhang Eltern zu raten, sich klar von ihren Kindern »abzugrenzen«, ihnen früh beizubringen, was »richtig« und »falsch« ist und den Kindern zu sagen, was sie tun oder lassen sollen. Ich halte es für destruktiv, Kinder so zu bezeichnen, und auch für unangebracht, Eltern in dieser Weise zu verunsichern. Denn dass manche Eltern so mit Kindern umgehen, ist darauf zurückzuführen, dass sie sich ein neues Verhältnis zum Kind wünschen. Sie probieren deshalb neuartige

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