Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)
Eltern gut geht, geht es auch den Kindern besser!
Analog gilt für unsere Schultriade: Wenn wir wollen, dass es unseren Schülern gut geht, dann müssen wir Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich auch Lehrer anerkannt und in ihrer Rolle geachtet fühlen. Hierzu können nicht nur Eltern beitragen, gefragt ist auch die Politik, die mit immer neuen Verordnungen dazu beiträgt, dass Lehrer oft an den Rand der Überforderung geraten. Letztendlich jedoch sind wir alle als Gesellschaft gefragt, Voraussetzungen für ein Bildungssystem zu schaffen, in dem sich die, die Verantwortung tragen, auch wohlfühlen.
Eigenverantwortung
In der Beratung mit LehrerInnen ist das Thema Eigenverantwortlichkeit immer wieder ein wunder Punkt. Schnell ist in den Diskussionsrunden von den »Grenzen des Systems« die Rede; gemeint sind die Schulbürokratie und deren Vorgaben, die Lehrer als Korsett empfinden, welches Eigeninitiative abschnürt, sowie ganz allgemein »die Realität« an den Schulen. Und so kann es passieren, dass LehrerInnen Verantwortung abgeben und andere verantwortlich machen.
Entweder ist das System verantwortlich:
Unser Schulsystem lässt uns keine andere Wahl.
Es ist einfach nicht möglich, in dieser kurzen Zeit den Stoff zu vermitteln und auch noch zu schauen, dass es jedem Schüler gut geht.
Wir lehren nach dem Leistungsprinzip – da müssen Kinder durch.
Wir haben schlicht keine Zeit, um individuell auf Kinder einzugehen.
Wir können uns nicht auch noch mit Gruppendynamik beschäftigen.
Oder Kinder und Jugendliche sind die Verantwortlichen:
Die Kinder kommen doch schon mit Störungen zu uns in die Schule.
Die Kinder sind gar nicht mehr fähig, dem Unterricht zu folgen.
Kinder sind eben manchmal grausam untereinander. Da gibt es Konflikte. Da müssen die Kinder selbst durch. Wir haben keine Zeit.
Oft ist ein richtiger Unterricht gar nicht möglich, weil viel zu viele Kinder in einer Klasse sind.
Oder auch die Eltern:
Eltern erziehen ihre Kinder gar nicht mehr »richtig«.
Bei Eltern sind wir Lehrer immer die »Buhmänner«.
Eltern müssen auch mitarbeiten.
Gerade diese Eltern waren noch nie zu einer Sprechstunde da.
Die Elternabende sind nicht gut besucht – Eltern haben oft gar kein Interesse, und wir als Lehrer sollen dann alles in der Schule auffangen.
Es geht nun nicht darum zu werten, wer hier recht oder unrecht hat, wer Schuld trägt oder nicht. Diese Kategorien werden der Komplexität des Themas nicht gerecht. Viele dieser Aussagen entsprechen dem Zustand des Systems und sind nachvollziehbar: Es sind oft viel zu viele Kinder in den Klassen! Wie soll da guter Unterricht stattfinden? Wie soll ich als Lehrer allen und allem gerecht werden? Überforderung mit Ansage sozusagen! Diese Fragen zu stellen ist legitim. Innerhalb des bestehenden Schulsystems jedoch kann nur jeder Einzelne sie konkret für sich beantworten – und persönlich Verantwortung übernehmen:
Es ist mein Leben.
Es ist mein Beruf.
Es ist mein Unterricht, den ich gestalte.
Es ist mein Klassenraum, in dem ich die Tür hinter mir zumache.
Es ist meine Beziehung zu jedem Einzelnen.
Dafür übernehme ich als Mensch jetzt selbst Verantwortung!
In dem schulischen Dreieck Schüler–Lehrer–Eltern darf die Verantwortung nicht länger (auf dem Rücken der Kinder) hin- und hergeschoben werden. Auch die Eltern sind hier gefragt. Oft ist es für eigenverantwortliche LehrerInnen schwierig, wenn Eltern »dazwischenfunken« und »mitmischen«, wenn so die Beziehung zum Schüler verkompliziert und es spürbar wird, dass das Vertrauen in die Persönlichkeit des Lehrers fehlt. Nur wenn Eltern loslassen und darauf vertrauen können, dass Lehrer in einer wertschätzenden Beziehung zum Kind Konflikte klären (können), können alle Beteiligten zum Wohle der Kinder zusammenwirken.
Probleme lösen und Strategien entwickeln
Im staatlichen Schulsystem sind bestimmte (Lern-)Methoden und Lösungsstrategien durch den Lehrer bereits vorgegeben. Das heißt, meist ist der Unterricht so angelegt, dass sich der Schüler (lediglich) diese bereits erprobten Strategien aneignet, um die gestellten Aufgaben zu lösen. Was wäre, wenn Schüler ihre eigenen Wege finden, ihre eigenen Strategien und Problemlösungsverfahren erproben könnten? Was, wenn Schüler wirklich experimentieren, ausprobieren, verwerfen und wieder neu überlegen dürften? Was, wenn Schule ein Ort zum Experimentieren und Ausprobieren wäre? Warum eigentlich nicht? Warum ist es nicht
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