Du bist schön Marie (Geschichtentrilogie Band 1 Erotische Geschichten)
Tassen im Schrank. Endlich erhob sie sich von der steinernen Baumbank. Brütende Hitze lag dunstig über der Stadt. Kochte unter dem niedrigen Himmel. Die Sonne stampfte die Erde. Die Luft war stickig und heiß. Übelriechende Mittagswrasen breiteten sich unaufhaltsam aus über den engen Straßen und machten das Atmen schwer.
Mutlos, müde, hungrig und durstig lief Lily ein Stück die Straße entlang, dann weiter geradeaus, damit sie sicher sei, sich nicht zu verlaufen.
Eine weitere Stunde verging. Die Menschenmenge hatte sich etwas gelichtet. Jetzt war es Lily möglich, etwas freier zu atmen. Doch sie musste sich immer öfter setzen. Ihre Hände und Füße waren angeschwollen. Sie setzte sich wieder unter einen schattigen Baum auf eine steinerne Bank, zog ihre weißen Schuhe aus und legte die Beine hoch. Das hätte sie wohl nicht tun sollen. Alle Menschen, die vorüber gingen, blieben erstmal stehen und starrten sie an. Besonders die Männer.
Lily konnte sich die seltsamen Blicke nicht erklären und starrte zurück. Ein Polizist stand plötzlich einige Meter von ihr entfernt. Kam näher und umschlich sie kreisend. Misstrauisch beobachtete er einen Mann, der Lily gerade angesprochen hatte. Ob sie ein Hotel suche. So ein Unsinn. Sie wolle sich ausruhen, hatte sie erwidert. Der Mann grüßte und ging. Ein anderer kam. Zeigte Lily provozierend seine prall gefüllte Brieftasche mit Währungen aller Länder. Der Polizist kam näher. Der Mann verschwand. Andere Männer kamen. Und gingen. Sprachen sie an. Waren die denn alle verrückt geworden? Lily verstand die Welt nicht mehr. Sie war doch hier nicht im Zoo. Manche begnügten sich mit einem über das Wörterbuch gestottertem Gespräch. Ein ganz junger ließ sich begeistert über ihre Augen aus. Ein alter fuchtelte mit seinen schmutzigen Dollarscheinen vor ihrem Gesicht herum. Sie war eine Sensation. Plötzlich kam ihr die Erleuchtung.
„Es sind die roten Fußnägel“, dachte sie entsetzt. „Die denken bestimmt, ich bin eine Nutte. Daher das auffällige Verhalten des Polizisten. Oh, Gott. Nur schnell weg hier.“
Die Schamröte brannte zu der Sonnenröte in Lilys Gesicht. Entschlossen stand sie auf, steckte die Schuhe wieder an ihre etwas erholten Füße, sah sich unsicher um. Der Polizist lächelte ihr zu und verschwand hinter der nächsten Ecke.
Müde lief auch Lily weiter. Sie hatte die Nase gestrichen voll und war unsagbar wütend auf Alfredo. Für fünfzig Centavos kaufte sich in einer Straße an einem Kiosk Saft mit Eis. Dann noch ein Würstel. Auch für fünfzig Centavos. Erschöpft und geldlos setzte sie sich auf einen weißen Stuhl, der an einen Pfahl gekettet war, aß und trank und nickte ein. Den leeren Becher in der Hand, die Sonnenbrille über den Augen.
„Lily. Lily“, erschreckte sie plötzlich eine bekannte Stimme. „Da bist du ja endlich. Ich habe dich überall gesucht! Stundenlang laufe ich schon durch alle Straßen und suche dich.“ Alfredo ließ einen nicht enden wollenden Wortschwall auf Lily los. „Wollen wir nicht in ein Hotel gehen?“, fragte er plötzlich. „Uns ein wenig frisch machen?“
Vor Schreck fiel Lily der Becher aus der Hand. Das war zuviel für sie. Männer. Sie versuchen es doch alle. Und in dieser Situation. Es war makaber.
„Nein, Alfredo“, sagte sie kalt. „Ich habe dich bisher für einen seriösen Geschäftsmann gehalten. Dem ist ja nun wohl doch nicht so.“
„Es wäre aber doch nett mit einem kleinen Liebesstündchen.“ Alfredo setzte sein charmantestes Lächeln auf. „Ich könnte mir im Moment nichts Schöneres vorstellen.“
Lily war außer sich. Was bildete sich dieser verdrehte Gockel ein. Sie empfand es als maßlose Beleidigung, so plump angemacht zu werden. Alfredo war die Enttäuschung pur. Stundenlang ließ er sie in dieser unbekannten Stadt, in der kein Mensch deutsch sprach, durch die Straßen laufen, hungrig und durstig und geldlos. Immer wieder musste sie sich fast wehrlos von geilen Männern anmachen lassen. Und er, Alfredo besaß die Frechheit, ihr ein obszönes Angebot zu machen. Am liebsten hätte Lily Alfredo eine geklebt. Doch sie beherrschte sich. Wie sollte sie ohne ihn und besonders ohne Peseten nach Villa Gral. Belgrano kommen. „Nimmst du mich wieder mit?“, fragte sie scheinheilig. „Ich habe nichts erledigen können. Und meine Dollars habe ich auch vergessen.“
„Kein Problem“, grinste Alfredo frech. „Ich kann dir welche schenken, wenn du mit in ein
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