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Du denkst, du weißt, wer ich bin

Du denkst, du weißt, wer ich bin

Titel: Du denkst, du weißt, wer ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Bailey
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Fantastisch!«, rief Miranda begeistert. »Dann kannst du heute Abend ja doch kommen!«
    »Nein«, sagte ich, entgeistert, wie schnell ich die Kontrolle über dieses Gespräch verlor. »Ich bleibe zu Hause. Ich bin fix und alle.«
    Einen Moment dachte ich, sie würde das Gespräch beenden. Dann hörte ich ein schwaches Geräusch – irgendetwas zwischen einem Seufzer und einem Gekicher.
    »Miranda?«
    »Entschuldigung«, sage sie. »Ich habe mir nur gerade vorgestellt, was die in der Schule alle sagen würden, wenn sie es wüssten.« Sie sprach auf diese sehr lässige, sorglose Art, und ich sah geradezu vor mir, wie sie dabei ihre Fingernägel musterte.
    »Was wüssten?«
    »Das mit Ami, natürlich. Ich wette, sei wären alle mehr als interessiert, alles über sie zu erfahren. Und die Kinder an der Schule deines Bruders.« Sie lachte leicht. »Du musst zugeben, Olive. Es ist eine ziemlich lustige Sache. Und sie wären wahrscheinlich noch faszinierter von der Geschichte, wie du versucht hast, dich umzubringen.«
    Mir wurde auf einen Schlag eiskalt. Als ich sprach, fühlte sich meine Zunge dick und geschwollen an.
    »Du hast versprochen, es nicht zu tun. Du hast gesagt, du würdest niemandem das mit Ami erzählen.«
    »Nein, das stimmt nicht«, sagte Miranda verschlagen. »Ich sagte, ich hätte niemandem etwas erzählt. Ich habe nie gesagt, ich würde es nicht tun. Es wäre dumm, das zu versprechen. Denn siehst du, Olive, ich bin nie auf deine Ich - bin-ja-so-tough-Nummer hereingefallen. Ich habe immer gewusst, was du wirklich bist. Rückgratlos. Und ich wusste auch, dass du eines Tages ein bisschen … Aufmunterung brauchen würdest, um das zu tun, was du meiner Meinung nach tun solltest.«
    Der Raum begann zu kippen und sich um mich zu drehen. Ami hätte nie zugelassen, dass Miranda das mit mir machte – mich so zu bedrohen. Aber ich war ja auch nie so belastbar gewesen wie Ami.
    »Gut«, gab ich mich geschlagen. Meine Stimme war nur noch ein Flüstern. »Ich komme.«
    »Klasse«, sagte Miranda. »Dann sehen wir uns ja bald.«
    Langsam zog ich meine Trainingshose und den alten Pullover wieder aus und wandte mich meinem Kleiderschank zu.
    Mum und Toby tranken gerade Wasser in der Küche, als ich hereinkam. »Du siehst aus, als wolltest du ausgehen«, sagte Mum mit einem Unterton in ihrer Stimme. »Nicht nach Efeu-Abreißen.«
    »Ich gehe zu Miranda«, erklärte ich.
    Toby verzog das Gesicht. »Nein!«
    »Olive«, sagte Mum. »Ich möchte, dass du heute Abend zu Hause bleibst.«
    Ich biss meine Zähne zusammen. »Ich bleibe morgen zu Hause.«
    »Bitte, geh nicht weg«, flehte Toby.
    Ich schaffte es nicht, ihn anzusehen. Ich wünschte mir von ganzem Herzen, es gäbe eine Möglichkeit ihm zu sagen, dass ich keine Wahl hatte.
    »Morgen«, versicherte ich und versuchte meine Stimme vom Wegkippen zu bewahren. »Ich verspreche es. Ich muss heute Abend ausgehen.«
    »Nein«, sagte Mum. » Nein . Ich spreche jetzt ein Machtwort. Du darfst heute Abend das Haus nicht verlassen. Ich will, dass du hier bei Toby bleibst, während ich einkaufen gehe. Dann koche ich etwas sehr Gut …«
    » Bei Toby bleiben «, sagte ich und machte die Stimme meiner Mutter nach. »Darum geht es doch eigentlich, oder? Dass ich auf Toby aufpasse.«
    »Nein«, widersprach Mum. »Darum geht es überhaupt nicht.«
    »Doch. Gib’s zu.«
    Mum tat einen Schritt zurück und warf dabei einen Stapel verstaubter Reisebroschüren von der Bank. Sie rutschten auf den Boden.
    Meine Brust fühlte sich beengt an. Eingeschnürt. All diese frische Seeluft, und trotzdem schien ich nichts davon in meine Lunge zu bekommen. Wann hatte ich das letzte Mal meine Pillen genommen? Seit Tagen nicht , ging mir auf. Vielleicht seit Wochen .
    »Livvy, was ist los?« Mum stand genau vor mir, aber sie hätte auch genauso gut auf der anderen Seite des Universums sein können. »Sag mir, was los ist?«
    »Du nutzt mich aus«, fuhr ich sie mit angeknackster Stimme an. »Weil du weißt, wie schuldig ich mich fühle wegen dem, was ich dir und Dad angetan habe.«
    Mums Gesicht verzog sich vor Verwirrung. »Was meinst du damit? Wegen was genau fühlst du dich schuldig?«
    Wollte sie, dass ich es ausspreche? Na gut, das sollte sie haben. Die Worte kratzten an meiner Zunge entlang und verbrannten mir die Lippen, aber ich stieß sie trotzdem aus. »Ich bin der Grund, dass Dad gegangen ist.«
    Mum hob die Arme, als wollte sie mich umarmen, aber dann ließ sie sie wieder fallen. »Schatz. Oh,

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