Du gehörst zu mir
Madeline erleichtert.
»Zum Teufel, von mir aus kannst du der Zeremonie splitterfasernackt beiwohnen«, brummte er. »Ich will diese verfluchte Angelegenheit lediglich hinter mich bringen, um mich wieder meiner Arbeit am Theater widmen zu können.«
Madeline senkte ihren Blick. Sie konnte Logans Ungeduld nachvollziehen, schließlich wusste sie, dass das Capital in seinem Leben immer Vorrang haben würde. Kein Mensch würde je an sein geliebtes Theater heranreichen können.
Nachdem die Hochzeitsbekleidung besprochen war, brach Logan auf. Nach seinem Aufbruch legten sich Madelines nervliche Anspannung und ihr Gefühlsüberschwang schnell. Leicht bedrückt kehrte sie in Begleitung ihrer Schwester Justine in ihr Zimmer zurück, um weiterzupacken.
»Was für ein außergewöhnlicher Mann!« entfuhr es Justine, unmittelbar nachdem die Zimmertür ins Schloss gefallen war. »Ein solches Charisma – und diese tiefblauen Augen! Am faszinierendsten finde ich allerdings seine Stimme. Vermutlich könnte er mit dieser Stimme jede Frau bezirzen – selbst wenn er mathematische Formeln vortrüge!«
Während sie den schwärmerischen Kommentaren ihrer Schwester lauschte, keimte in Madeline heimlicher Stolz auf. Justine hatte sie stets mit einer Mischung aus Zuneigung und Gleichgültigkeit behandelt. Jetzt klang erstmalig ein neidischer Unterton aus der Stimme der Älteren.
»Was bist du doch für eine hinterhältige kleine Schlange«, ereiferte sich Justine. »Althea und ich konnten es nicht glauben, als wir erfuhren, dass du von der Schule weggelaufen bist und eine Affäre mit Logan Scott hattest. Ich finde das einfach köstlich. Natürlich ist es schade, dass du einen Mann heiratest der dir gesellschaftlich bei weitem unterlegen ist.«
Madeline erstarrte. »Ich halte ihn in keinster Weise für unterlegen.«
»Das ist genau die richtige Einstellung. Du musst stets so tun, als sei dir seine niedere Herkunft nicht im entferntesten bewusst.« Mit neugierigem Blick beugte sich Justine zu ihr vor. »Scott scheint mir ein überaus potenter Mann zu sein. Ist er möglicherweise auch sehr erfahren? Erzähl mir doch, wie es war, Madeline!«
»Das kann ich nicht«, protestierte Madeline, empört über diese Bitte. »Das ist einfach zu intim.«
»Aber ich bin deine Schwester – du kannst mir alles anvertrauen. Komm, erzähl mir von Mr. Scott, und im Gegenzug verrate ich dir alles, was du über Lord Bagworth wissen willst.«
Madeline stellte sich Justines gedrungenen, pausbäckigen Gatten vor und musste kichern. »Justine … bitte verzeih mir, aber das Angebot ist keineswegs verlockend.«
»Also gut.« Ihre ältere Schwester lehnte sich zurück und musterte sie verärgert. »Lord Bagworth ist vielleicht nicht so überwältigend wie Mr. Scott, aber sein gesellschaftlicher Einfluss übertrifft den deines zukünftigen Gatten bei weitem.«
»Sicherlich hast du recht«, erwiderte Madeline, ein Lachen unterdrückend. Eine solche Reaktion hätte sie von ihrer Schwester nicht erwartet. Justine tat immer so zufrieden, ja fast hochmütig mit ihrem titelgeschmückten Ehemann, seinem riesigen Landsitz, einer eleganten Londoner Stadtresidenz und einem Heer von Dienstboten. Trotzdem war Logan Scott der wohlhabendere Mann – und dazu noch überwältigend, wie Justine selbst zugegeben hatte.
Madeline interessierte es nicht, dass kein blaues Blut durch seine Adern floss. Logan war der faszinierendste und zuvorkommendeste Mann, den sie jemals kennengelernt hatte, und sie konnte sich keinen wertvolleren Ehemann vorstellen. Eigentlich hoffte sie nur, dass sie ihn tatsächlich verdient hatte.
Eine Woche später wurden sie in Logans Salon mit den farbenprächtigen Gemälden und dem glänzenden Parkettboden getraut. Madeline nahm ihre anwesende Familie kaum wahr: ihre Eltern ihre Schwester Justine und Lord Bagworth.
Die einzigen geladenen Gäste von Logans Seite waren der Herzog und die Herzogin von Leeds und seltsamerweise Mrs. Florence. Es erschien Madeline rätselhaft, dass Logan anlässlich seiner Hochzeit auf die Anwesenheit der alten Dame gedrängt hatte, die er doch erst vor kurzem kennengelernt hatte. Sie behandelten einander höflich distanziert, trotzdem spürte Madeline, dass die beiden irgendein Geheimnis teilten, das niemand erfahren sollte.
Vielleicht würde sie später noch herausfinden, welches Vertrauensverhältnis zwischen ihnen existierte und warum sie die Situation besser einzuschätzen wussten als alle anderen
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