Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen
Menschen, die nicht mehr selbst ihre Schultasche tragen müssen, unglücklich werden? Haben wir mit der Überbehütung genau das Gegenteil von dem erreicht, was wir wollten, nämlich verwöhnte, inaktive, mutlose, und zunehmend schwächelnde Heranwachsende?
Ich glaube: ja. Wer sich nur schont, um ja keinen Schaden zu nehmen, der wird schwach. Wer sich jedoch anstrengt, sich den Herausforderungen des Lebens stellt, wird stark. Es ist dringend ein Umdenken nötig. Kinder müssen unbedingt lernen, dass sie nur dann als vollwertiges Mitglied in die Allgemeinheit hineinwachsen, wenn sie ihre Aufgaben eigenverantwortlich lösen. Eltern und Lehrer, die für die Heranwachsenden die Auseinandersetzungen mit dem Leben übernehmen, erziehen unselbstständige Prinzen und Prinzessinnen. So ein Leben macht neurotisch, launisch und gelangweilt. In diesem
Sinne sollten die Erwachsenen darauf dringen, dass sich Heranwachsende selbst mit dem Leben auseinandersetzen und nicht in schwierigen Situationen kneifen.
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Ideen für Schüler: Frag dich, wie wichtig dir dein Leben wirklich ist. Wenn du auch nur ansatzweise glaubst, dass auch du im Leben etwas Besseres verdient hast, dann setze dir erreichbare Ziele, und schon ist der Erfolg dein täglicher Begleiter. Gutes Gelingen macht umgehend glücklich und motiviert für den Kampf um weitere Erfolge.
Ideen für Lehrer: Lassen Sie Ihre Schüler regelmäßig ihre Lernfortschritte vor der Klasse präsentieren. Feiern und würdigen Sie diese Erfolge ausdrücklich gemeinsam. So lernen Ihre Schüler, sich ihrer Stärken bewusst zu werden und diese auch zu kommunizieren.
Ideen für Eltern: Räumen Sie Ihren Kindern nicht jeden Stein aus dem Weg. Ein Kind, das nicht erfahren darf, dass man Hindernisse auch bewältigen kann, wird kein Selbstvertrauen aufbauen. Es wird immer vor jeder Herausforderung kapitulieren. Leben Sie vor, dass Anstrengungen selbstverständlicher Bestandteil des Lebens sind.
»Ich bin kein Streber!«
Für die meisten Schüler ist das Wort »Streber« dermaßen abwertend und unpopulär, dass sie alles unternehmen, um niemals selbst mit diesem Brandmal gezeichnet zu werden. Sie nehmen sogar noch lieber in Kauf, nichts aus sich zu machen und den Kopf in der »Schafsherde« einzuziehen, als solch einem verhassten Stigma zu unterliegen. Das Ego Heranwachsender wird in enormem Ausmaß von der Außenwirkung beeinflusst.
Die Jungen orientieren sich an »coolen« Typen wie einem Vitali Klitschko, lassen sich von einem dicken Motorrad beeindrucken und prahlen gern untereinander, welche »Katze« ihnen diesmal wieder auf den Leim gegangen ist, um dann müde abzuwinken und zu resümieren, dass die Welt voller »Schlampen« sei. Die Mädchen bedienen teilweise diese Klischees, indem sie sich mehr um ihr Aussehen als um ihre inneren Qualitäten kümmern. Ihr Selbstwertgefühl beziehen sie daraus, wie schön sie sind, wie viele Kerle sie abzuschleppen vermögen, oder sie geben sich als besonders emanzipierte Frau aus und verwechseln dabei Emanzipation mit bemühter Coolness. Ein weiteres beliebtes Vorgehen der Geschlechter zur Steigerung des eigenen Selbstwertgefühls ist es, einander abzuwerten: »Ich bin lieber Single, weil die Auswahl so scheiße ist.«
Eines der schlimmsten Urteile ist es in dieser Wahrnehmungswelt, ein Streber zu sein. So einen schrecklichen Makel mag niemand an sich haften haben – dann schon lieber Feministin, Gutmensch oder Macho sein.
Irgendwann konnte ich es nicht mehr aushalten, dass sich Heranwachsende mehr um ihre Außenwirkung kümmern als um ihr persönliches Wachstum. Ich bat meine Schüler um eine genaue Definition des Begriffs »Streber«. Ich wollte wissen, was Menschen in ihren Augen zu einem Streber macht, denn ich empfinde es grundsätzlich als sehr lobenswert, nach etwas zu streben, über sich hinauszuwachsen. Ich erfuhr, dass Streber gleichgesetzt werden mit Opportunisten, Jasagern und Musterschülern. Es sind zu Außenseitern deklarierte Menschen, die sich nur für die Schule interessieren, wenig soziale Kontakte haben, bei einer »Zwei« heulen, ständig nach dem Unterricht zum Lehrer rennen, um sich einzuschleimen. Es sind zu Karrieristen abgestempelte Menschen, die voller vermeintlicher Selbstzweifel in eine Klausur gehen, um dann doch als Bester daraus hervorzugehen. Es sind als Rechthaber
bezeichnete Menschen, die zum eigenen Vorteil gern andere abwerten, indem sie über deren Beiträge im
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