Du machst, was ich will: Wie Sie bekommen, was Sie wollen - ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks (German Edition)
eher werden die anderen sagen: »Ist doch halb so schlimm.«
Die Reaktanz sollten Sie aber nicht nur im Hinterkopf haben, wenn Sie von jemandem strategisch das Gegenteil von dem fordern, was Sie eigentlich wollen. Sie können auch Ihren wahren Wunsch äußern und darauf achten, den Reaktanz-Effekt beim anderen so gering wie möglich zu halten. Menschen haben eine unglaubliche Angst davor, sich auf Vorschläge und Bitten anderer einzulassen – sie glauben nämlich, dadurch unwiderruflich ihre Freiheit und Kontrolle aufzugeben.
Hier gibt es einen Trick, der in 95 Prozent der Fälle funktioniert. Sagen Sie dem anderen: »Was halten Sie davon, wenn wir das einfach einmal für ein paar Tage ausprobieren? Dann entscheiden Sie , ob es sich bewährt hat – und wenn nicht, lassen wir es einfach wieder.«
Interessanterweise wehrt sich kaum jemand dagegen, etwas einmal für eine begrenzte Zeit auszuprobieren .
So bekommen Sie die 180-Grad-Wendung hin
Hochinteressante Ergebnisse erreichen Sie, wenn Sie die Reaktanz mit einem anderen Effekt kombinieren:
Unser Problem saß relativ weit unten. Auf der Arbeitsebene. Seit Langem versuchten wir, wichtige gesetzliche Klarstellungen zu erreichen. Am Minister lag es nicht. Erst kürzlich hatten wir einen Gesprächstermin mit ihm und seinen engsten Mitarbeitern gehabt. Er hatte signalisiert, dass er unser Anliegen grundsätzlich teilte. Aber das Thema gehörte auch nicht zu seinen Herzensangelegenheiten. Er trieb es also von sich aus nicht voran.
Alles hing davon ab, ob der Referatsleiter auf der Arbeitsebene aktiv wurde. Und der zog nicht. Es war ein komplexes Thema, bei dem alle etwas anderes wollten, ein heißes Eisen. Und natürlich packt niemand gerne heiße Eisen an. Der Referatsleiter hatte bis jetzt immer gesagt, es gebe momentan wichtigere und dringendere Vorhaben.
Da kam ich auf folgende Idee: Bei unserem nächsten öffentlichen Empfang veranstalteten wir eine Diskussionsrunde zu dem Thema. Ich lud den Referatsleiter als Diskussionsteilnehmer ein. Er sagte zu und war sicherlich drauf vorbereitet, wieder einmal zu erklären, warum kein unmittelbarer Handlungsbedarf bestand. Für eine interessante Diskussion hätte man nun normalerweise die weiteren Teilnehmer danach ausgesucht, dass sie eine möglichst andere Meinung vertraten.
Stattdessen lud ich hauptsächlich Leute ein, die im Grundsatz auch der Meinung waren, es könne alles beim Alten bleiben. Also bei seiner Meinung. Von diesen Leuten wusste ich allerdings, dass sie in ihrem Standpunkt noch viel extremer waren als unsere Zielperson, der Referatsleiter – und dass sie ihren Standpunkt völlig überzogen begründeten.
Die Diskussion begann – gespannt verfolgte ich aus dem Publikum, wie sich unsere Zielperson entwickeln würde. Meine Rechnung ging auf: Schon nach kurzer Zeit sagte der Referatsleiter, in dieser Absolutheit könne man nun auch wieder nicht sagen, dass kein Handlungsbedarf bestehe. Die Gründe dafür seien nicht so einseitig, wie seine Mitdiskutanten es vorgäben. Vielmehr spräche schon einiges dafür, in absehbarer Zeit tätig zu werden …
Am Ende sagte unsere Zielperson vor Publikum, hier bestehe doch ein recht dringender Handlungsbedarf. Er werde sich darum kümmern. Nur wenige Wochen später kam aus diesem Referat ein Entwurf für eine Neuregelung.
Zunächst erstaunt dieses Ergebnis ja, wenn wir uns an den Effekt der Gruppenpolarisierung erinnern: Menschen verstärken in Gruppen eher ihre vorhandenen Einstellungen, als sie über Bord zu werfen.
Allerdings setzt die Gruppenpolarisierung etwas Entscheidendes voraus: Die Gruppe hat den Auftrag, eine gemeinsame Entscheidung zu treffen. Hier wirken die Bedürfnisse nach gegenseitiger Bestätigung und nach Zugehörigkeit. Keiner will die Zuneigung der anderen riskieren, indem er plötzlich aus dem Konsens ausbricht. Hätten wir aus den Diskussionsteilnehmern eine Arbeitsgruppe gebildet, die unbeobachtet zu der Frage getagt hätte, dann wäre mit Sicherheit das einhellige Ergebnis gewesen: kein Handlungsbedarf.
Eine öffentliche Diskussion hingegen verfolgt gerade nicht das Ziel, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen. Hier wirken die Bedürfnisse nach Anerkennung und Abgrenzung – jeder möchte sich mit einem möglichst individuellen Standpunkt profilieren. Hier wirkt die Reaktanz: Je mehr andere »meinen« Standpunkt vertreten, desto eher möchte ich mich davon wieder abgrenzen und ändere dafür eben notfalls meinen Standpunkt. Das war
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