Du machst, was ich will: Wie Sie bekommen, was Sie wollen - ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks (German Edition)
viele Menschen zuschauen, aber niemand hilft.
Die Verantwortungsdiffusion können Sie austricksen, indem Sie ganz konkrete Personen ansprechen. Herumgesprochen hat sich inzwischen, dass man nicht einfach »Hilfe!« rufen sollte, wenn man in der Öffentlichkeit Hilfe braucht. Besser funktioniert: »Sie in dem braunen Mantel, rufen Sie bitte die Polizei!«
Aber auch in weniger dramatischen Situationen hilft ein ähnliches Vorgehen: Wollen Sie zum Beispiel bei Ihren Nachbarn im Mietshaus ein bestimmtes Verhalten erreichen, werden Sie mit einem Aushang »Bitte Tor schließen« keine großen Verhaltensänderungen herbeiführen. Erfolgversprechender ist auch hier die persönliche Ansprache: »Herr Winter, ich bitte Sie, das Hoftor sorgfältig zu schließen, wenn Sie abends nach Hause kommen.«
Aber Gruppen haben nicht nur ungünstige Eigenschaften wie die Verantwortungsdiffusion. Sie können die Kraft der Gruppe auch nutzen, um Menschen zu Entscheidungen und Handlungen zu bewegen, die sie alleine nicht ausgeführt hätten. Das funktioniert auf unterschiedliche Weise bei unterschiedlichen Konstellationen:
Erstens können Sie »Gruppenpolarisierung« betreiben. Menschen treffen in einer Gruppe extremere Entscheidungen als alleine. In meinem Beispiel von oben waren fast alle der Studie gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen, keiner aber wollte fest zusagen. In der Gruppe bestand plötzlich kein Zweifel mehr daran, dass alle die Studie wollten.
In Experimenten testet man diesen Effekt, indem man Menschen einzeln zu einer riskanten Entscheidung befragt, zum Beispiel: Wie hoch muss die Wahrscheinlichkeit sein, dass eine Aktie steigt, damit Sie sie kaufen? Dieselbe Frage stellt man den Probanden dann noch einmal als Gruppe. Das Ergebnis: In der Gruppe sind plötzlich alle viel risikofreudiger.
Deshalb wurde der Effekt auch zuerst als sogenannter Risikoschub bekannt. Weitere Experimente zeigten aber: Eher konservative Menschen werden in der Gruppe noch konservativer. Die Gruppe verstärkt also generell eine Haltung, die vorher schon schwach vorhanden war. Denn zum einen versorgen sich Gruppenmitglieder noch mit zusätzlichen Argumenten und bestärken sich so gegenseitig in ihrer Haltung. Zum anderen tritt der interessante Effekt auf, dass die Gruppenmitglieder sich in ihrer Radikalität übertreffen wollen. Es entsteht plötzlich ein Wettbewerb darüber, wer am risikofreudigsten beziehungsweise am vorsichtigsten ist.
Sie können daher auch umgekehrt eine Entscheidung oder Veränderung verhindern, indem Sie grundsätzlich konservative Menschen, die allerdings etwas »wackelig« sind, in eine Gruppe stecken und dort ihrer konservativen Haltung wieder auf die Sprünge helfen.
Zweitens können Sie aber auch Zielpersonen, die bisher anderer Meinung waren, in der Gruppe »umdrehen«. Entscheidend ist, dass die Mehrheit in der Gruppe bereits auf Ihrer Seite steht. Dann greifen zwei hochinteressante Effekte ineinander:
Zum einen sorgt der »informationale Einfluss« dafür, dass sich Abweichler plötzlich nicht mehr sicher sind, ob sie von den richtigen Tatsachen ausgehen. Wenn wir nicht völlig sicher sind, wie wir eine Situation einzuschätzen haben, dann orientieren wir uns an den Menschen um uns herum.
In der berühmten »Rauchstudie« setzt man zum Beispiel Probanden in ein Zimmer, in dem sie auf einen Termin warten sollen. Manche warten alleine, andere mit Lockvögeln. Plötzlich lässt man weißen Rauch aus einer Öffnung strömen. Wer alleine wartet, verlässt das Zimmer schnell und meldet den Rauch. Sitzen jedoch Lockvögel mit im Zimmer, die ruhig bleiben, dann bleiben die Probanden auch ruhig. Sie beziehen ihre Informationen von den Menschen um sich herum, die in diesem Fall eben Lockvögel sind: Wenn die ruhig bleiben, dann kann es ja nichts Schlimmes sein.
Die meisten Menschen sind sich ihrer Ansichten nicht annähernd so sicher, wie es nach außen scheint. Sagen ihnen in einer Gruppe mehrere Leute, dass ihre Informationen falsch sind, kippen sie meist schneller um, als Sie sich das vielleicht vorstellen.
Zum anderen ändert selbst jemand, der von seinen Informationen überzeugt ist, trotzdem in der Gruppe schnell seine Meinung. Das liegt am »normativen Einfluss«.
In einem Experiment hierzu zeigt man Probanden zwei Linien, von denen eine ganz klar länger als die andere ist. Man fragt die Probanden, welche Linie die längere ist. Sind die Probanden allein, dann geben sie auch alle die richtige Antwort. Steckt
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