Du musst die Wahrheit sagen
Patrik.
»Aha«, sagte ich, »und wo liegt das?«
»In Småland.«
»Na prima«, sagte ich. Wir hatten das Treppenhaus erreicht.
»Wollen wir in derselben Mannschaft sein?«, fragte Patrik.
»Was für einer Mannschaft?«
»Brennball, wir spielen gleich Brennball.«
»Ich kann nicht mitmachen.«
»Warum nicht?«
»Schürfwunden.«
»Dann wird die Mücke aber sauer«, behauptete Patrik.
»Mir doch egal.«
»Sie ist gefährlich. Schmeißt mit dem Schlüsselbund.«
»Aber doch nicht nach jemandem, der Schürfwunden hat«, sagte ich.
»Das kann man nie wissen«, meinte Patrik.
Wir kamen auf den Hof und überquerten den Parkplatz. Die Klasse hatte sich in einer Ecke des Grasplatzes versammelt, der an den Tannenwald grenzte. Ein Stück entfernt hielten sich die anderen achten Klassen auf.
Sie sah aus, als habe sie vor, ein Kalb oder irgendein anderes unschuldiges Tier zu schlachten. Hinter ihr ging Madeleine mit zwei Schlaghölzern in der einen Hand und ein Bündel aus roten und blauen Bändern in der anderen.
Die Mücke blies in die Pfeife.
Alle außer Ludde und Tubal scharten sich um sie. Marc ließ sich nicht blicken.
»Mädchen gegen Jungen!«, kommandierte die Mücke.
»Wir gewinnen!«, grölte Tubal, der zehn Meter entfernt im Gras lag.
»Wozu brauchen wir denn die Bänder?«, fragte Madeleine.
»Rot für die Mädchen«, sagte die Mücke. »Blau für die Jungen. Fangt an.«
Sie blies zweimal kurz und hart, und Tubal und Ludde standen auf und schlurften heran.
»Ich will kein Band«, maulte Ludde. »Jeder weiß, dass ich ein Junge bin.«
»In der Hitze des Gefechts kann man sich schon mal täuschen«, behauptete die Mücke.
Tubal lachte, versetzte Ludde einen Schlag zwischen die Schulterblätter, und Ludde fiel mit schmerzverzerrtem Gesicht auf die Knie.
Ich ging zur Mücke.
»Hab Schürfwunden.«
Sie starrte mich mit Gymnastiklehrerblick an.
»Schürfwunden«, wiederholte ich.
Die Mücke musterte mich missbilligend.
»Wie wär’s mit einem ganzen Satz?«
»Wie?«
»Versuch’s noch mal. Versuch es mit einem vollständigen Satz.«
»Ich habe Schürfwunden.«
»Das wird schon gehen«, tröstete sie mich. »Wie heißt du?«
»Tom. Ich kann aber nicht laufen.«
Die Mücke gab sich nicht geschlagen.
»Nimm ein blaues Band, du schaffst das schon.«
»Ich habe Schürfwunden.«
Die Mücke sah aus, als hätte sie die Nase voll von Jungen und Mädchen in meinem Alter. Mehr als voll.
»Jetzt wollen wir mal nicht übertreiben«, fauchte sie. »Nimm ein blaues Band und stell dich zu den Jungen.«
Sie blies zweimal heftig in ihre Kampftrompete. Ich riss mir Schuhe und Strümpfe von den Füßen und baute mich vor ihr auf.
»Schauen Sie!«, rief ich und zeigte ihr die rechte Ferse.
Sie beugte sich vor und musterte meinen Fuß.
»Oje«, sagte sie. »Ein junger Achilles!«
»Der andere auch.« Ich hielt ihr den linken Fuß hin.
Sie holte ein Notizbuch aus der Tasche, reichte es mir und gab mir einen Bleistiftstummel.
»Dann wirst du zählen.«
Madeleine stand schon bereit mit dem langen dünnen Schlagholz in der Hand. Die Mädchen hinter ihr hatten angefangen zu skandieren: »Madeleine, Madeleine, Madeleine!« Tubal und Ludde standen weit hinten und zogen sich noch weiter zurück.
Madeleine warf den Ball in die Luft und schlug mit einer kraftvollen Vorhand zu. Der Ball flog davon, und die Mädchen jubelten »Madeleine, Madeleine, Madeleine!«, während sie lief. Tubal und Ludde versuchten, den Ball in der Luft zu fangen, stießen jedoch zusammen, als sie ihn annehmen wollten, sodass keiner von beiden ihn bekam. Madeleine lief und lief, sie schaffte einen Rundlauf, denn der Ball war weit entfernt im Graben gelandet.
Patrik hatte regungslos ein Stück von mir entfernt gestanden, jetzt kam er heran und brachte meine Kenntnisse über Madeleines sportliche Leistungen auf den neuesten Stand.
»Sie spielt Tennis.«
Nach Madeleine war ein kleines pummeliges Mädchen mit einem viel zu großen Mund und reichlich Sommersprossen an der Reihe. Es beförderte den Ball ein kleines Stück weit, und niemand feuerte es an. Zu allem Unglück fing die Gegenpartei den Ball in der Luft, und die Pummelige war gebrannt. Dann kam Nadja an die Reihe, aber sie verfehlte den Ball.
Als die Jungen dran waren, schlug Tubal den Ball genauso weit wie Madeleine, und er lief schnell. Nadja fing den Ball, warf jedoch miserabel. Patrik stand die ganze Zeit total still. Hin und wieder steckte er eine Hand in die
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