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Du oder der Rest der Welt

Du oder der Rest der Welt

Titel: Du oder der Rest der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Elkeles
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ohne zu stottern. Ich weiß es einfach.
    »Stifte weg«, weist uns Mr Furie eine Viertelstunde später an. Er klatscht in die Hände. »Okay, wer liest seins freiwillig vor?«
    Ich hebe die Hand.
    »Ms Westford, kommen Sie noch vorn und teilen Sie Ihre Gedanken mit uns.«
    »Oh nein. Nicht sie«, höre ich Madison neben mir stöhnen. Lacey lacht, genau wie der Rest von Madisons Fanclub.
    »Gibt es ein Problem, Madison?«
    »Nein, Mr Furie. Ich habe mir nur beinah einen Fingernagel abgebrochen!« Sie wackelt mit ihren manikürten Fingern.
    »Bitte verschieb deine Nagelprobleme auf nach dem Unterricht. Kiara, komm her.«
    Ich nehme mein Blatt und gehe nach vorn. Währenddessen befehle ich mir selbst, tief Luft zu holen und mich auf die Worte zu konzentrieren, bevor sie aus meinem Mund kommen. Als ich vor der Klasse stehe, sehe ich meinen Lehrer an. Er lächelt mir warm zu. »Leg los.«
    Ich räuspere mich. Und schlucke, aber ich spüre, wie meine Zunge dicker wird, bevor ich überhaupt etwas gesagt habe. Und das liegt an Madison. Sie hat mich aus dem Gleichgewicht gebracht, aber ich kann das schaffen. Ich muss ihr nicht die Macht über mein Stottern geben. Entspann dich. Denke an die Worte. Vergiss nicht, zu atmen.
    »Ich de-de-denke …« Den Blick auf mein Papier gesenkt, spüre ich, wie alle mich ansehen. Ein paar gucken wahrscheinlich mitleidig. Andere, wie Madison oder Lacey, amüsieren sich bestimmt köstlich. »Ich d-d-denke, dass L-l-leute in R-r-reality Shows …«
    Ein Mädchen prustet los. Ich weiß, wer es ist, bevor ich hochgucke.
    »Madison, ich finde das nicht witzig. Zeige deiner Klassenkameradin gegenüber mehr Respekt«, sagt Mr Furie, dann fügt er hinzu: »Das ist keine Bitte. Das ist eine Anweisung.«
    Madison legt eine Hand über den Mund. »Ich bin schon still«, sagt sie durch ihre Finger.
    »Das will ich auch hoffen«, sagt Mr Furie streng. »Lies weiter, Kiara.«
    Okay, ich schaffe das. So wie ich mit Tuck reden kann, ohne zu stottern – vielleicht sollte ich so tun, als würde ich ihm den ganzen Kram erzählen. Ich sehe meinen besten Freund an. Er winkt mir von seinem Platz im hinteren Teil des Raums aus ermutigend zu.
    »… Leute in Reality Shows sind Stars …« Ich mache eine Pause und hole tief Luft, bevor ich fortfahre. Ich schaff das. Ich schaff das. »… weil wir zulassen, dass die M-m-medien …«
    Wieder dröhnt Gelächter durch den Raum, dieses Mal von Madison und Lacey.
    »Miss Stone und Miss Goebbert!« Mr Furie zeigt auf die Tür. »Raus aus meinem Klassenzimmer.«
    »Das meinen Sie nicht ernst«, protestiert Madison.
    »Ich habe noch nie etwas so ernst gemeint. Und ich lasse dich und Lacey drei Tage lang nachsitzen, angefangen mit heute.«
    »Tun Sie das nicht«, flüstere ich Mr Furie zu und hoffe, dass niemand sonst mich hört. »Bitte tun Sie das nicht.«
    Madison wirkt schockiert. »Sie lassen uns nachsitzen, weil wir gelacht haben? Kommen Sie schon, Mr Furie, das ist nicht fair.«
    »Beschwert euch bei Direktor House, wenn ihr ein Problem damit habt.« Mr Furie zieht die oberste Schublade seines Pultes auf und holt zwei blaue Nachsitzzettel hervor. Er füllt beide aus und bedeutet Madison und Lacey, nach vorn zu kommen und sie sich abzuholen. Beide Mädchen werfen mir wütende Blicke zu. Oh, nein. Das ist gar nicht gut. Jetzt hat Madison mich auf dem Kieker, und ich weiß nicht, wie ich da wieder rauskomme.
    Madison schiebt den Zettel in ihre Handtasche. »Ich kann nach der Schule nicht nachsitzen. Ich habe einen Job in der Boutique meiner Mutter.«
    »Darüber hättest du nachdenken sollen, bevor du meinen Unterricht gestört hast. Jetzt entschuldigt euch beide bei Kiara«, befiehlt unser Lehrer.
    »Schon okay«, murmle ich. »Das m-m-müsst ihr nicht.«
    »Aber ich bestehe darauf«, sagt Madison: »Es t-t-t-tut uns leid …« Der Rest geht im Gekicher von Madison und Lacey unter. Sogar als sie längst aus der Tür sind, kann ich ihr Gelächter noch durch den Gang hallen hören.
    »Ich entschuldige mich an ihrer Stelle für dieses unmögliche Verhalten, Kiara«, sagt Mr Furie. »Möchtest du uns immer noch deine Gedanken vortragen?«
    Ich schüttle meinen Kopf, und er seufzt, hält mich aber nicht davon ab, zu meinem Platz zurückzukehren. Ich wünschte, die Glocke würde läuten, damit ich mich auf der Toilette einschließen kann. Ich bin so wütend auf mich, weil ich zugelassen habe, dass sie mich aus der Fassung bringen.
    Die nächsten fünfundzwanzig Minuten

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