Du oder der Rest der Welt
angespannter Erwartung und Angst bei ihm. »Willst du mitkommen? Ich gehe Ende des Monats, an Halloween.«
»Das ist in drei Wochen.« Aus Colorado wegzugehen würde bedeuten, Devlin den Finger zu zeigen und meinem Bruder und den Westfords ihr normales Leben zurückzugeben. Sie müssten sich nicht mehr mit mir oder meinem Bullshit beschäftigen. Und Kiara könnte mit ihrem Leben weitermachen, einem Leben, in dem für mich sowieso kein Platz gewesen wäre. Bald wird ihr klar werden, wie es aussieht: Ich habe ihr nichts zu bieten. Und das Letzte, was ich will, ist mit ansehen zu müssen, wie sie mit anderen Typen ausgeht. Wenn sie wieder mit Michael zusammenkommt, drehe ich durch. Es wäre völlig illusorisch, zu glauben, das mit uns könnte was Festes werden.
Ich nicke Keno zu. »Du hast recht. Ich muss hier weg. Aber ich muss zuerst nach Mexiko zurück und sichergehen, dass meine Familie außer Gefahr ist. Sie sind das Einzige, das mir bleibt, wenn ich hier die Biege mache.«
46
Kiara
Als ich meiner Mom erzählt habe, dass ich mit Carlos zum Homecoming gehe, war sie nicht überrascht. Sie hat gemeint, sie geht Freitag mit mir in die Mall und hilft mir, ein Kleid zu finden. Es hat eine Weile gedauert, aber schließlich habe ich in einem Vintageladen ein ärmelloses, langes schwarzes Satinkleid gefunden. Es schmiegt sich an jede Rundung meines Körpers. Etwas so Enges zu tragen, noch dazu mit einem Schlitz an der Seite, ist völlig ungewohnt für mich, aber wenn ich es anhabe, fühle ich mich schön und selbstbewusst. Es erinnert mich an Audrey Hepburn in Breakfast at Tiffany’s .
Als ich mit dem Kleid nach Hause kam, bin ich schnell in mein Zimmer geschlichen und habe es in den Schrank gehängt. Ich möchte nicht, dass Carlos es sieht, bevor ich es für den Ball anziehe.
Am Samstagmorgen steht die ganze Familie inklusive Carlos auf und geht zum Footballspiel. Flatiron gewinnt 21 zu 13, also sind alle euphorisch und aufgedreht. Nach dem Spiel sagt Carlos, er habe vor dem Ball noch was zu erledigen. Ich gehe mit meiner Mom Schuhe kaufen.
Sie nimmt ein Paar flache, schwarze mit kleinen Schnallen an der Seite in die Hand. »Wie wären die hier? Sie sehen bequem aus.«
Ich schüttle den Kopf. »Ich suche nichts Bequemes.«
Ich wandere durch den Laden und achte darauf, all die hochhackigen Schuhen links liegen zu lassen, die Carlos für omahaft halten würde. Da fällt mein Blick auf ein Paar schwarzer Pumps aus Satin, mit dünnen, zehn Zentimeter hohen Absätzen und einem Riemchen um die Knöchel. Der Look passt perfekt zu meinem Vintagekleid. Ich weiß nicht, ob ich in der Lage sein werde, in ihnen zu laufen, aber sie sind perfekt und sehen gut aus. »Was ist mit denen hier?«, frage ich meine Mom.
Sie macht große Augen. »Bist du dir sicher? In denen bist du größer als dein Vater.«
Meine Mom besitzt noch nicht mal ein Paar mit Fünfzentimeterabsätzen, geschweige denn eines mit zehn.
»Ich liebe sie«, sage ich zu ihr.
»Dann probier sie an. Sie sind schließlich für deinen besonderen Tag.«
Eine Viertelstunde später verlasse ich den Laden mit den Schuhen und freue mich riesig, die perfekten Schuhe zum perfekten Kleid gefunden zu haben. Ich möchte, dass der heutige Abend genauso perfekt wird. Ich hoffe, Carlos fühlt sich nicht unter Druck gesetzt, auch wenn ich ihn mehr oder weniger genötigt habe, mich zu fragen, ob ich mit ihm zum Ball gehe. Hoffentlich gelingt es uns, Spaß zu haben und zu vergessen, was letztes Wochenende passiert ist. Ich gehe nicht davon aus, dass wir viel tanzen werden, schließlich müssen seine Wunden noch heilen, aber das ist schon okay. Ich werde es genießen, mit ihm dort zu sein, egal, ob wir ein echtes Paar sind oder nicht.
»Wir müssen noch deine Ansteckblume abholen«, sagt meine Mom, als wir ins Auto steigen.
»Die habe ich heute Morgen schon geholt.«
»Gut. Mein Fotoapparat steht bereit, Dad lädt noch die Videokamera auf… wir sind bestens vorbereitet. Wir schicken Carlos’ Mutter die Bilder am Montag, damit sie nicht das Gefühl hat, etwas verpasst zu haben.«
Als wir wieder zu Hause sind, schließe ich mich in meinem Zimmer ein und übe, mit den neuen Schuhen zu laufen. Bei jedem Schritt habe ich das Gefühl, nach vorn zu fallen. Es dauert eine Stunde, bis ich es raus habe. Tuck kommt vorbei und macht mich mit seinen Mitbringseln für den Abend noch nervöser. Er hat eine Schachtel dabei.
»Aufmachen«, sagt Tuck und gibt sie mir.
Ich hebe
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