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Du stirbst zuerst

Du stirbst zuerst

Titel: Du stirbst zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Vater?
    Trotzdem, er ist gekommen und hat mit mir geredet, er hat mich und Devon angebrüllt, und dann haben Devon und Doktor Little mit ihm gesprochen und ihn angefasst. Ich weiß nicht, wo die reale Welt beginnt und wo sie endet.
    Wahrscheinlich ist es doch nur Wunschdenken, dass mein Vater nicht existiert. So viel Glück habe ich nicht.
    Was ist mit der Reporterin Kelly Fischer? Ich musste ihr versprechen, sogar schwören, niemandem zu verraten, dass sie bei mir war. Als sie sich im Bad versteckte, damit die Schwester sie nicht bemerkte – war sie wirklich dort drinnen? Hat sie sich wirklich versteckt, oder habe ich mir nur eine Erklärung dafür zurechtgelegt, dass die Schwester sie nicht sehen konnte? Als sie mich im Gemeinschaftsraum aufsuchte, saß sie neben mir. Gleich dort drüben. Doch sie hat kein Wort mit Linda gewechselt.
    Es klopft an der Tür. Ich reagiere nicht darauf, das tue ich schon lange nicht mehr. Es ist sowieso nie jemand, mit dem ich reden will. Der Griff dreht sich, die Tür öffnet sich einen Spaltbreit, und ich rieche sie, bevor sie ein Wort gesagt hat. Dieser sanfte Blumenduft. Lucy.
    »Michael?«
    Ich hebe den Kopf, und da ist sie endlich wieder und späht zur Tür herein. Sie sieht mich, strahlt und kommt hereingelaufen, nimmt mich in die Arme und weint an meinem Hals. Ich halte sie fest, es ist eine ausgedehnte, warme Umarmung, nicht mehr durch die Gurte behindert wie beim letzten Mal. So sitzen wir einige Minuten lang da und halten einander nur fest. Mehr als ein Monat ist vergangen, seit sie das letzte Mal hier war. Ich will sie nie wieder verlieren.
    »Es tut mir leid«, flüstert sie. »Ich habe alles Mögliche versucht, aber sie wollen dich nicht entlassen.«
    »Wie bist du überhaupt hereingekommen?«
    »Ich habe den Raumpfleger bestochen«, erklärt sie. »Er ist nicht daran beteiligt, du kannst ihm vertrauen.«
    »Woran ist er nicht beteiligt?« Ich fasse sie bei den Händen und flüstere entsetzt. »Ich bin wirklich krank. Woran soll er nicht beteiligt sein?«
    Sie runzelt die Stirn. »Du bist nicht krank.«
    »Die Mittel wirken«, erkläre ich. »Ich glaube, ich bin vielleicht wirklich schizophren.«
    »Aber ich habe so viel herausgefunden«, wendet sie ein. »Du hast mir gesagt, ich solle nachforschen – über den Wellnesskiller, die Klinik und alles andere. Da ist wirklich etwas im Gange …«
    »Ich will nicht, dass es wahr ist«, erwidere ich. »Ich habe Dinge gesehen, die nicht wahr sein können – reale Monster, die Halluzinationen sein müssen. Außerdem war da ein anderes Mädchen …«
    »Ein anderes Mädchen?«, fragt Lucy laut und eifersüchtig. Ich mache beschwichtigende Gesten und blicke nervös zur Tür. Sie stemmt die Hände in die Hüften. »Welches andere Mädchen?«
    »Eine Reporterin«, flüstere ich. »Sie arbeitet für die Sun , ist aber nur eine Einbildung. Als du mich das letzte Mal besucht hast, war sie auch da. Ich habe mir nichts dabei gedacht, weil Doktor Little sagte, ich bekäme Besuch. Er hat aber dich gemeint. Er sagte, es sei eine Frau, und das warst du. Die Reporterin war auch bloß eine Halluzination, die mich stärker an den Killer, an die Verschwörung und alle anderen Dinge binden sollte, die nicht real sind. Verstehst du, was das bedeutet? Wenn es nicht real ist, dann muss ich auch keine Angst mehr haben. Ich muss mich nicht mehr verstecken.«
    Draußen auf dem Flur sind laute Schritte zu hören, die sich langsam nähern. Ich lasse Lucy los. »Der Wachmann«, sage ich. »Schnell, mach die Tür zu!«
    Doch die Tür ist bereits geschlossen.
    Verwirrt sehe ich sie an. »Warst du das?«
    »Ich glaube schon.«
    »Du bist doch direkt auf mich zugerannt. Die Türen hier haben keine Schließautomatik und keine Federn. Wer hat die Tür geschlossen?«
    »Ich bin sicher, dass ich sie zugezogen habe. So muss es gewesen sein.«
    Die Schritte sind fast da. »Egal. Versteck dich!«
    Sie springt auf, zieht sich in die hintere Ecke zurück, so weit wie möglich von der Tür entfernt, und duckt sich hinter das Bett. Ich lege mich hin und stelle mich schlafend. Durch die Augenlider, die ich einen Spaltbreit geöffnet lasse, beobachte ich den Nachtwächter, der stehen bleibt, durch mein Fenster späht und weitergeht. Ich zähle die Schritte, während er sich entfernt. An der nächsten Tür bleibt er wieder stehen. Ich halte den Atem an. Endlich geht er weiter, und ich wende mich zu Lucy um. Sie hebt den Kopf über die Bettkante.
    »Das ist kein

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