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Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist

Titel: Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cameron Stefanie Kremer
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Gillian.«Ich war heute schon zweimal mit ihm draußen, und er hat beide Male gekackt.»
    «Ich führe den Hund aus!», sagte Rainer Maria.«Und bis ich wieder da bin, hast du dir ein passendes Restaurant ausgesucht, Gillian. Gute Nacht, James.»
    «Gute Nacht, Rainer Maria.»Gillian sagte ich nicht gute Nacht, und sie sagte mir nicht gute Nacht.

5
    Mai 2003
    In den ersten Wochen nach meiner katastrophalen Rückkehr vom Amerikanischen Klassenzimmer wurde kaum über den Vorfall gesprochen. Weil man die Polizei hinzugezogen hatte, war meine Schule benachrichtigt worden, und meine Vertrauenslehrerin, eine Frau mit dem unglücklichen Namen Mrs. Kuntz (der«Koontz»ausgesprochen wurde), rief mich in ihr Büro und fragte, ob ich über das, was geschehen war, reden wolle. Natürlich sagte ich nein, was sie sichtlich erleichterte, und sie sagte, da Das Amerikanische Klassenzimmer nicht zum Lehrplan gehöre und mit der Schule in keinem Zusammenhang stehe, sehe sie keinen Grund, weshalb der Vorfall auf meinem Zeugnis erwähnt oder die Brown davon in Kenntnis gesetzt werden solle.«Wir tun einfach so, als wäre das Ganze nie passiert», meinte sie, und ich sagte: Einverstanden.
    Eine Zeit lang schien es so, als würden meine Eltern nach der gleichen Taktik vorgehen, denn keiner von beiden sprach die Sache an, aber ich wusste, dass sie wahrscheinlich nur noch beratschlagten, wie sie damit umgehen wollten. Seit meine Eltern geschieden sind, reagieren sie so verspätet auf Gillians und meine Sünden, denn sie müssen sich erst treffen und darauf einigen, was sie tun wollen, und weil sie sich nur ungern treffen und selten einigen, verstreicht unweigerlich Zeit.
    Und dann kam meine Mutter eines Abends im Mai in mein Zimmer und sagte:«Ich möchte mit dir reden.»
    Ich saß vor meinem Computer, und ich sagte:«Dann rede.»
    «Nein», sagte sie.«Mach das Ding aus. Oder dreh dich wenigstens um, und sieh mich an.»
    Ich drehte mich um, so dass ich sie anschauen konnte. Sie saß auf meinem Bett. Einen Augenblick lang sah sie mich prüfend an, als wäre ich ja vielleicht ein Hochstapler, und dann sagte sie:«Ich habe heute mit deinem Vater zu Mittag gegessen.»
    Ich schwieg. Ich war mir nicht ganz sicher, wohin das führen sollte, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass es angenehm werden würde, und so sah ich keinen Grund, das Gespräch voranzutreiben.
    Meine Mutter wartete einen Moment und sagte dann:«Wir haben uns ein wenig über dich unterhalten.»
    «Ein wenig?», sagte ich.«Hattet ihr ein Schwätzchen? Ein tête-à-tête?»
    «Ich werde deine geistlosen Bemerkungen einfach übergehen, James. Wir haben uns ein wenig über dich unterhalten.»
    «Was gibt es über mich zu reden?»
    «Die treffendere Frage wäre, ob es etwas gibt, worüber man nicht reden müsste. Wir machen uns beide Sorgen um dich. Darüber haben wir gesprochen.»
    «Wieso macht ihr euch Sorgen um mich?»
    «Wieso wir uns Sorgen machen? James, du hast keine Freunde, du sagst kaum etwas, du hattest beim Amerikanischen Klassenzimmer offenbar so etwas wie ein traumatisches Erlebnis und hast verantwortungslos und leichtsinnig gehandelt. Deshalb machen wir uns Sorgen.»
    «Nun, wieso solltet ihr euch Sorgen machen, solange ich glücklich bin?»
    Meine Mutter beugte sich zu mir herüber.«Bist du denn glücklich? Bist du glücklich, James?»Die Fragen platzten geradezu aus ihr heraus, mit einer erschreckenden, qualvollen Heftigkeit. Das machte mir Angst. Mir wurde klar, dass sie sich tatsächlich sorgte. Weil meine Eltern sich oft so verantwortungslos verhalten haben, vergesse ich häufig, dass sie sich dennoch für Gillian und mich verantwortlich fühlen. Vielleicht fühlen sie sich ja umso stärker für uns verantwortlich, weil sie denken, dass sie uns mit ihrer Scheidung auf gewisse Weise im Stich gelassen haben (was natürlich stimmt), aber ich glaube, es ist einfach eine Sisyphusarbeit, und der Gedanke daran erschöpft und lähmt sie beide, und so vermeiden sie ihn so lange wie möglich, um dann im allerletzten Moment plötzlich in dieses beängstigende, hyperelterliche Verhalten zu verfallen. Die Augen quollen meiner Mutter schier aus dem Kopf, und an ihrer Schläfe pochte eine Ader.
    «Nein», sagte ich nach einem Augenblick.«Ich bin nicht glücklich.»
    «Genau deshalb sorgen wir uns um dich», sagte meine Mutter sanft.«Wir machen uns Sorgen, weil du nicht glücklich bist. Wir wollen, dass du glücklich bist.»Sie lehnte sich wieder zurück.
    «Wer ist

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