Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)

Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)

Titel: Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Young
Vom Netzwerk:
umschließen und ihm etwas Intimes geben. Etwas Privates.
    Jahrelang bin ich immer wieder hierhergekommen, jahrelang habe ich meinen Bruder dabei beobachtet, wie er ins Wasser sprang. Er war so gern hier, und die Tatsache, dass James ebenso für diesen Ort empfindet, bestätigt mir, wie nahe sie einander waren. Dass wir alle viel Zeit zusammen verbracht haben.
    James breitet die Decke aus, und ich lasse mich neben ihm nieder. Still sitzen wir da, die Arme auf die angezogenen Knie gelegt, und beobachten das Wasser.
    Für einen Moment habe ich das Gefühl, als sei ich nach Hause gekommen. Nicht in mein offizielles Zuhause, das mich erstickt mit all den Lügen, die man mir aufgetischt hat. Sondern in mein wirkliches Zuhause, hier am Fluss mit James, mit den Erinnerungen an Brady. Mich überkommt das Verlangen, meinen Kopf an James’ Schulter zu lehnen, doch ich denke, es ist besser, wenn ich es nicht tue.
    James rutscht hin und her, dabei stößt er gegen mich, und ich kippe zur Seite. Er murmelt eine halbherzige Entschuldigung, dann legt er sich zurück, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, und starrt hinauf in die Wolken.
    Ich lege mich neben ihn, lasse den Blick schweifen und bekomme Gänsehaut von der kühlen Brise. Es ist so friedlich hier, dass ich am liebsten für immer bleiben würde.
    Nach einiger Zeit gähnt James übertrieben laut. »Hey«, sagt er, »hast du Lust zu schwimmen?« Er schaut zu mir herüber, kneift die blauen Augen gegen die Sonne zusammen.
    »Es ist kalt. Und außerdem kann ich nicht schwimmen.«
    »Echt?«
    Ich nicke.
    James setzt sich auf, zieht die Beine unter sich und schaut ungläubig drein. »Das ist aber verdammt schade, Sloane. Wie alt bist du? Fünf? Zieh dich aus. Ich bring es dir bei.«
    Ich lache. »Zu eins: nein. Ich habe Angst vor dem Wasser. Und zu zwei: Warum willst du wirklich, dass ich mich ausziehe?«
    Er lächelt. »Du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde dich schon nicht ertrinken lassen.«
    Mein Herz pocht vor Aufregung bei der Vorstellung, ins Wasser zu gehen. Und James’ Nähe trägt auch nicht dazu bei, meinen Herzschlag zu beruhigen. »Und wie war das mit dem Ausziehen? Hast du Badezeug dabei?«
    »Och, das wäre nur Spaß. Ich hab dir doch Spaß versprochen, oder?«
    Ich schubse ihn und lache. James steht auf, ragt über mir auf, während ich auf der Seite liege und zu ihm hochschaue.
    »Komm schon«, sagt er ernsthaft. »Komm mit mir ins Wasser. Du darfst deine Klamotten auch anbehalten.«
    »Und du?«
    Er lacht auf. »Ich geh doch nicht angezogen ins Wasser!«
    »Irgendwas sagt mir, dass du unbedingt möchtest, dass ich dich nackt sehe.«
    »Vielleicht bist du beeindruckt.«
    O mein Gott. James hat echt eine Begabung dafür, mich die Welt um uns herum vergessen zu lassen, mir das Gefühl zu gebe, es wäre alles ganz normal. Ich bin sicher, dass ich ihn deswegen geliebt habe. Dass es zumindest einer der Gründe war.
    Obwohl es kaum sechzehn Grad sind, legt James sein Shirt ab. Seine Muskeln sind fest und gut ausgebildet. Er zieht die Hose aus, steht dann nur noch in seinen Boxershorts da und dreht die Arme wie Windmühlenflügel, als er sich dehnt.
    Dann blickt er zu mir hin. »Siehst du – du bist beeindruckt.«
    Ich lächele. »Ein bisschen vielleicht.«
    »Brauchst du Hilfe bei deinem Shirt?«
    »Nein, ich werde es anlassen. Aber ich werde gern zusehen, wie du dir den Hintern abfrierst.«
    »Du bist wirklich beeindruckt«, sagt er über die Schulter, als er hinunter zum Ufer geht. Er schwimmt zu einem kleinen Bootssteg auf der anderen Flussseite, winkt mir kurz zu, nachdem er sich hinaufgezogen hat. Dann macht er einen Salto und klatscht ins Wasser – und erinnert mich damit an meinen Bruder.
    Seine Sachen liegen unordentlich im Gras. Ich überlege, ob ich sie verstecken soll, sodass er in seinen nassen Boxershorts nach Hause fahren muss. James planscht herum, ruft mit zittriger Stimme, dass ihm überhaupt nicht kalt wäre. Ich nehme seine Jeans, falte sie über meinem Arm und blicke mich suchend um. Als ich losgehe, fällt etwas aus seiner Hosentasche.
    Zuerst fürchte ich, es könnte etwas so Wichtiges wie seine Hausschlüssel sein, aber dann entdecke ich ein Stückchen entfernt etwas … anderes. Ich sinke auf die Knie, lasse James’ Hose fallen. Und hebe das auf, was ich beinahe verloren hätte.
    Es ist ein Ring. Ein herzförmiger rosafarbener Plastikring, ganz ähnlich dem, den ich in meiner Matratze gefunden habe. James muss mir den anderen

Weitere Kostenlose Bücher