Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)
schlimm die Verbrennung ist.«
»Voller Brandblasen.«
»Verdammt.« Ich höre eine Art Reiben, und ich denke, dass er sich mit der Hand über die Wange fährt. »Ich komme rüber zu dir.«
»Nein. Es ist spät. Und außerdem schlafe ich sowieso gleich ein. Du kannst morgen lieb zu mir sein.«
»Morgen trete ich dir in den Hintern.«
Ich lächele. »Echt? Bist du dir da ganz sicher?«
»Schlaf jetzt, Sloane.« Er hört sich kein bisschen amüsiert an, so wie sonst, wenn ich solche Sprüche mache. »Ich komme morgen schon früh, um dich abzuholen. Und bitte«, fügt er hinzu, »tu nicht noch etwas Dummes heute Abend, ja?«
Ich schlucke, zu erschöpft, um noch Tränen zu haben, und verspreche es ihm. Nachdem ich das Gespräch beendet habe, ziehe ich mir die Bettdecke über den Kopf. Und bevor ich endgültig in den Schlaf hinübergleite, denke ich noch einmal an meinen Bruder. Schuld lastet schwer auf meinem Herzen. Manchmal tut es so unerträglich weh, dass ich mir einzureden versuche, er hätte nie existiert. Als ob ich mich dadurch besser fühlen würde! Und dann erinnere ich mich wieder an sein Lächeln, an seine Witze, an … sein Leben. Und verstehe, was meine Eltern verloren haben und weshalb sie sich meinetwegen solche Sorgen machen. Ich frage mich, ob ich mich anders verhalten würde, wäre ich an ihrer Stelle. Doch ich habe keine Antwort darauf.
Meine Lider flattern, als ich eine leichte Berührung an der Wange verspüre, und ich öffne die Augen. James steht neben meinem Bett und sieht auf mich herab, seine Miene besorgt.
»Wir werden zu spät in die Schule kommen«, sagt er. »Deine Mom hat mich nach oben geschickt, um dich zu wecken.«
Ich bin ganz durcheinander und schaue auf den Wecker, bemerke, dass es bereits nach acht ist. Ich stütze mich auf den Ellbogen und blicke mich verwirrt in meinem Zimmer um.
James setzt sich zu mir auf die Bettkante. »Lass mich deinen Arm sehen«, bittet er und nimmt ihn, bevor ich zugestimmt habe. Er schiebt den Verband zurück, und ich zucke zusammen.
»Du machst mir im Moment wirklich Kummer«, meint er, schaut mich dabei aber nicht an, sondern konzentriert sich ganz auf die Wunde. »Ohne Narben gefällt mir deine Haut besser.«
Nun richtet er doch seinen Blick auf mich und beugt sich vor, um einen Kuss oberhalb der Verletzung auf meine Haut zu hauchen. Dann klettert er zu mir ins Bett und legt sich neben mich unter die Decke. Als würde es ihn kein bisschen interessieren, dass meine Eltern unten sind und jeden Moment heraufkommen können.
»Ich weiß, dass es nicht einfach ist«, flüstert er, und ich spüre seinen warmen Atem, als seine Lippen mein Ohr streifen. »Aber wir müssen da durch.« Er nimmt eine meiner Locken und dreht sie sich um den Finger, streicht sie wieder glatt. »Jeden Morgen denke ich, das ist er, der Tag, an dem ich krank werde. Der Tag, an dem die Betreuer mich herauspicken, mich mitnehmen. Und dann will ich gar nicht erst aufstehen. Aber ich tu’s. Trotzdem. Weil ich dich nicht allein lassen kann.«
Bei dem Gedanken, dass ich ihn verlieren könnte, schiebe ich meine Hand in seine.
»Wir müssen immer so tun als ob, sonst schaffen wir es nicht«, sagt er, und seine Stimme klingt bitter. »Und ohne dich schaffe ich es sowieso nicht. Brady hat uns aufgetragen, dass wir aufeinander aufpassen sollen, und ich werde ihn nicht noch mal im Stich lassen.«
»Ich hab es so satt, immer so zu tun als ob.«
»Ich auch.« Er holt tief Luft. »Ich auch.«
Er hebt unsere verschränkten Hände an seine Lippen und haucht einen Kuss auf meine. Dann dreht er sich ein wenig und küsst mich auf den Hals.
»Lass uns schwänzen«, murmelt er zwischen seinen Küssen. »Wir sagen, dass du einen Termin hast, und fahren zum Fluss, liegen den ganzen Tag in der Sonne.«
Ich lächele. »Haben wir das nicht schon gestern getan?«
»Ja. Aber mir ist nach noch einem freien Tag.« Er zieht mein Bein über seines und küsst mich auf die Schulter.
»Hör auf«, sage ich, aber es klingt nur halbherzig. Die Wahrheit ist, dass ich die Hitze brauche, die James mir gibt.
Doch bevor wir zu weit gehen können, seufzt er und löst sich von mir. »Du hast recht. Ich sollte es wirklich nicht ausnutzen, dass du verletzt bist.« Er setzt sich auf, schlägt die Decke zurück, sodass ich nur noch im Pyjama daliege. »Dann zieh wenigstens einen Rock an«, meint er. »Wenn ich auf deine Beine starren kann, bekomme ich immer gute Laune.«
Und da ist es wieder, dieses
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