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Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)

Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)

Titel: Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Young
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Informationen über die neuesten Fortschritte bei den Behandlungsmethoden. Es ist, als wüsste »Das Programm«, dass es uns durch unser Elternhaus im Griff halten kann. Na ja, ich denke, es hat uns überall in seinen Klauen.
    »Und wie sah sie aus?«, will Mutter wissen. »Hast du sie im Wellness Center getroffen?«
    Meine Fingernägel bohren sich in meine Jeans, bis in die Haut darunter. »Ja«, lüge ich. »Sie ist jetzt wieder blond. Sie ist jetzt vollkommen … anders.«
    »Ich wette, sie ist richtig hübsch«, meint Mutter. »Die Rückkehrer sehen alle immer so gesund aus, findest du nicht, Don?«
    Mein Vater antwortet nicht, aber ich spüre, dass er mich beobachtet. Ich überlege, ob er gerade dabei ist, meine R eaktion abzuchecken, ob er im Geiste die einzelnen Punkte der Ist-Ihr-Kind-depressiv?-Liste des »Programms« durchgeht. Ich bin nicht sicher, ob ich noch so viel Kraft habe, die Maske weiterhin aufrechtzuerhalten, dennoch hebe ich den Kopf. Und lächele.
    »Sie sieht großartig aus«, erwidere ich. »Hoffentlich darf sie bald wieder mit uns zusammen sein.«
    »Lass ihr einfach die Zeit, wieder ganz gesund zu werden«, sagt meine Mutter und lächelt mich an, als sei sie stolz auf mich. »Danken wir dem lieben Gott für ›Das Programm‹. Es rettet so viele Leben.«
    Mein Magen macht einen Satz, und ich stehe schnell auf, denn ich will nicht plötzlich losheulen, nachdem ich diese Unterhaltung schon so lange überstanden habe.
    »Ich spüle heute ab«, erkläre ich und schnappe mir meinen Teller. »Und dann muss ich noch einen ganzen Berg Hausaufgaben erledigen.«
    Ich eile aus dem Raum und schaffe es gerade noch in die Küche, bevor meine Augen zu brennen beginnen. Ich muss irgendetwas unternehmen, damit ich nicht vor ihnen in Tränen ausbreche. Gleich neben dem Telefon im Wohnzimmer liegt eine Weisungsliste des »Programms« – alle Eltern haben sie erhalten, als man an unserer Schule mit dem Experiment begann.
    Doch für mich ist diese Liste eine Bedrohung. Sie erinnert mich stets daran, welche Konsequenz es hat, falls mir ein Patzer unterläuft. Also mache ich keine Patzer. Nie.
    Ich schaue mich in der Küche um, und mein Blick bleibt am Gasherd hängen. Ich gehe hinüber, stelle ihn an. Orange und blau flackernd erwachen die Flammen zum Leben. Ich sterbe, wenn ich noch eine Sekunde länger meine Tränen zurückhalten muss. Der Kummer zerreißt mir die Brust und bringt mich um.
    Stattdessen halte ich meinen Unterarm mit der verletzlicheren Seite in die Flammen. Der Schmerz trifft mich sofort und mit voller Wucht, und ich schreie auf. Weiche zurück und lege unwillkürlich meine andere Hand auf das verbrannte Fleisch. Mein ganzer Körper reagiert, als würde ich in lodernden Flammen stehen.
    Ich stelle fest, dass ich es mag. Ich mag den Schmerz und die Ablenkung.
    Tränen strömen mir über die Wangen, aber es fühlt sich gut an, weil die emotionale Anspannung nachgelassen hat. Ich lasse mich auf den gefliesten Boden sinken. Als meine Eltern in die Küche stürzen, hebe ich den Arm, auf dem sich die mit Blasen bedeckte Wunde hellrot von der restlichen Haut abhebt.
    »Ich habe mich verbrannt«, schluchze ich. »Ich hab mich gegen den Herd gelehnt, als ich die Pfanne wegnehmen wollte, und in dem Moment muss sich der Brenner angestellt haben.«
    Meine Mutter schnappt nach Luft und rennt zum Herd, um den Brenner auszuschalten. »Donald«, sagt sie, »ich hab dir doch schon tausendmal gesagt, dass du die Töpfe in die Spüle stellen sollst.«
    Er entschuldigt sich und kniet sich neben mich. »Lass sehen, Süße«, bittet er.
    Und dann veranstalten sie ein riesengroßes Theater um mich und lassen mich so lange weinen, wie ich will, weil sie glauben, dass ich mich versehentlich verletzt habe. Sie haben nicht die geringste Ahnung, dass ich in Wirklichkeit um Lacey weine. Um Brady. Und vor allem aber um mich selbst.
    James seufzt. »Du hättest schon im Auto nicht heulen sollen.« Seine Stimme am anderen Ende der Leitung klingt besorgt. Ich halte mir das Telefon ans Ohr, während ich zusammengerollt im Bett liege, mit verbundenem Arm und schläfrig von den Tabletten. »Das ist ja das Problem: Wenn du erst einmal angefangen hast, kannst du vielleicht nie mehr aufhören.« Er schweigt einen Moment. »Ich hätte dich nicht weinen lassen dürfen.«
    »Aber ich musste einfach meinen Kummer loswerden«, erwidere ich. »Nicht jeder von uns kann ein Tattoo haben.«
    »Es geht hier nicht um mich. Und jetzt sag, wie

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