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Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)

Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)

Titel: Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Young
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»Ich liebe euch, Leute.«
    Dann bricht das Gespräch ab.
    Ich würge. Meine Gefühle schlagen über mir zusammen.
    James tritt hart auf die Bremse. Lenkt den Wagen an den Straßenrand. Nimmt mein Handy, das mir aus der Hand gefallen ist, und wählt die 911.
    »Mein Freund!«, brüllt er ins Telefon. Ein Schluchzen schüttelt seinen ganzen Körper. »Er hat QuikDeath genommen …«
    Mehr höre ich nicht. Ich glaube, ich werde ohnmächtig.

7. Kapitel
    Der Krankenwagen ist schon wieder fort, als wir das Haus erreichen. Kein Blaulicht, keine Sirene – wir wissen, es ist zu spät. Lange sitzen wir da, starren auf das weiße Haus mit den schwarzen Fensterläden. James hält meine Hand nicht fest, und ich habe auch nicht nach seiner gegriffen. Wir sind einfach nur still.
    Hinter dem Haus geht die Sonne unter, im Wohnzimmer wird Licht angeknipst. Durch das große Fenster können wir Millers Mutter erkennen, sie hat sich auf der Couch zusammengerollt. Eine Frau leistet ihr Gesellschaft, redet mit ihr, geht auf und ab.
    James und ich waren schon öfter in Häusern, nachdem jemand gestorben war. Ein solches Haus ist kein guter Ort, um sich darin aufzuhalten. Schon gar nicht, wenn man so wie wir ebenfalls gefährdet ist.
    »Miller wäre in drei Monaten achtzehn geworden«, sagt James mit erstickter Stimme. Er räuspert sich nicht einmal. »Dann hätte er vor dem ›Programm‹ keine Angst mehr haben müssen. Dann hätte er das nicht zu tun brauchen.«
    Es ist eine Frage, die wir uns schon oft gestellt haben: Würden wir auch ohne »Das Programm« Selbstmord begehen, oder treibt es uns erst dazu, uns selbst das Leben zu nehmen?
    »Ist jetzt auch egal«, sage ich, und es läuft mir eisig den Rücken hinunter, als ich weiterhin auf das Haus blicke. Miller – mein Freund.
    Als ich ihm zum ersten Mal begegnet bin, spielte er gerade mit dem Bunsenbrenner herum, und meine Hausaufgaben gerieten in Brand. Er schrie nicht auf und ließ auch nicht mein Heft fallen, sondern griff sich meine Diätcola und goss sie darüber. Dann sah er mich an und fragte mich, ob er mir eine neue kaufen solle.
    Er hat mit uns gezeltet, mit uns die Schule geschwänzt, er liebte uns. Er war ein toller Typ. Ein großartiger Freund. Und ich kann nicht … ich kann einfach nicht …
    »Sloane«, sagt James und packt mich am Arm.
    Aber ich schaukele vor und zurück, schlage mit der Stirn gegen die Windschutzscheibe, will, dass die Erinnerungen, das Bedauern, der Schmerz verschwinden. Ich will nicht klagen und jammern, ich weiß doch nicht einmal mehr, was ich da sage. Aber ich habe mich nicht unter Kontrolle. Ich habe überhaupt nichts mehr unter Kontrolle.
    Dann haut mir James eine runter. Fest. Ich schnappe nach Luft, doch der Schmerz in meiner Wange reißt mich aus der Hysterie.
    In einer anderen Situation hätte James mit mir geredet, mich beruhigt, mich ganz fest gehalten. Doch nun sind seine Augen rot und vom Weinen verquollen. Seine Haut ist fleckig, feucht von Tränen. Ich habe ihn noch nie so gesehen. Ich berühre meine Wange, immer noch verwirrt.
    James scheint das Atmen schwerzufallen, sein Körper krümmt sich unter der Mühe. Ich habe aufgehört zu weinen, doch mein Kopf schmerzt davon, dass ich ihn gegen die Scheibe geschlagen habe. James sagt immer noch nichts, dann schaut er an mir vorbei zum Haus, und in dem Moment erlischt das Licht über dem Eingang.
    James wimmert. Ich strecke die Hand nach ihm aus, doch er weicht vor mir zurück, lehnt sich gegen die Wagentür.
    Dann drückt er langsam den Griff nach unten, öffnet die Tür und lässt sich nach draußen fallen.
    »Was machst du da?«, stoße ich hervor.
    Doch er vermeidet es, mich anzusehen, während er sich wieder aufrappelt. Er starrt zum Haus. Blanker Horror liegt in seinem Blick.
    Und dann dreht James sich um und beginnt zu laufen, seine Sandalen klappern auf dem Bürgersteig.
    Ich stoße meine Tür auf. »James!«, rufe ich, doch er ist schon um die nächste Ecke gebogen, und ich kann ihn nicht mehr sehen.
    Ich sitze erst einmal da, unfähig, mich zu rühren. Überdeutlich ist mir meine Umgebung bewusst. Das orangerote Leuchten der untergehenden Sonne am Horizont. Die Bäume, die sich im Wind wiegen.
    Einen Moment überlege ich, ob ich zum Haus gehen und fragen soll, ob ich mich für eine Weile in Millers Bett legen darf, damit ich ihm ein letztes Mal nahe sein kann. Doch solche Dinge führen geradewegs ins »Programm«.
    Miller . Ich werde nie mehr mit ihm zum Fluss gehen. Wir werden

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