Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)
gesetzt, dass ich diese Erinnerung behalte. Jetzt bin ich wirklich verloren.
»Du solltest mir die Pille geben«, sagt er.
»Geht nicht«, erwidere ich ruhig. »Ich habe sie schon genommen.«
Ärger flammt in Realms Augen auf. »Du Närrin«, sagt er. »Du hättest dich damit umbringen können.«
Verwirrt senke ich den Kopf. Realms grobe Worte tun weh. Ich stehe auf, doch er greift schnell nach meiner Hand.
»Tut mir leid«, flüstert er. »Ich habe das nicht böse ge meint. Bitte bleib hier, Sloane. Ich bin einfach nur frustriert. « Er spricht nicht weiter, und als ich endlich aufblicke, atmet er tief aus. »Tut mir leid«, wiederholt er und löst seine Finger von meinen. »Lass uns das Thema wechseln, ja?«
Weil ich nicht weiß, wohin ich sonst gehen soll, setze ich mich wieder. »Such dir eins aus«, sage ich. Realm nimmt immer so bereitwillig alles hin, was mit dem »Programm« zu tun hat, wehrt sich nicht dagegen, dass sie ihm seine Vergangenheit nehmen. Aber ich bin anders. Ich will mich nicht ändern.
Realm rutscht ein Stück beiseite und klopft auf die Decke neben sich. »Möchtest du dich zu mir setzen?«, fragt er.
Ich nicke und klettere neben ihn auf die Matratze.
»Es wird alles gut«, sagt er sanft. »Du hast es doch bald hinter dir.«
Ich starre ihn an, und es ist, als würde jemand die Luft aus mir herauspressen. »Ist das alles, worauf ich mich noch freuen kann? Auf den Zeitpunkt, an dem ich leer bin?«
Er lächelt traurig. »Es tut nicht mehr weh, wenn du erst einmal alles vergessen hast. Es ist das Einzige, was uns jetzt noch retten kann.« Er beugt sich zu mir und lehnt seine Stirn an meine. »Wir können so nicht weitermachen«, flüstert er. »Hier drin hast du ein riesiges Loch.« Er legt seine Hand auf mein Herz; es ist eine intime und fast schon tröstliche Berührung. Aber ich habe keine Schmetterlinge im Bauch, und es ist auch nicht romantisch – ich empfinde nichts in dieser Art für ihn. Dennoch es ist eine Berührung, bei der ich mich wie ein Mensch fühle. Lebendig.
»Ich weiß nicht, ob ich es schaffe«, sage ich und schließe die Augen.
»Du schaffst es. Du bist doch schon so weit gekommen. Und, verdammt, du bist wenigstens nicht gestorben, oder?« Er lehnt sich wieder zurück und umfasst mein Kinn, bringt mich so dazu, ihn anzuschauen. »Und jetzt möchte ich, dass du mich hältst«, scherzt er und zieht mich an sich, als wir uns zurück in die Kissen lehnen.
»Was ein Glück, dass wir beide zur selben Zeit hier sind«, fährt er fort und beginnt, mit meinem Haar zu spielen. »Sonst müsste ich mit Schwester Kell kuscheln.«
Ich lache und lege meine Hand auf seine Brust, auf sein Herz. Und bin überrascht, wie schnell es klopft. »Bist du nervös?«, will ich wissen.
»Nun, ich liege mit einem hübschen Mädchen auf dem Bett. Ich fürchte, diese Art von Reaktion kann ich nicht kontrollieren.«
Ich setze mich auf, Realm aber rutscht tiefer, bis er flach auf dem Bett liegt. Ich stütze mich auf meinen Ellbogen und betrachte sein Gesicht. Die Verfärbung unter seinem Auge ist verblasst, und seine Haut wirkt gesünder als bei unserer ersten Begegnung. Die Narbe an seinem Hals verheilt, und ich frage mich, wie alt sie ist. Mit dem Zeigefinger fahre ich die gezackte rosa Linie nach.
Realm hält den Atem an, und der Blick seiner dunklen Augen sucht meinen.
»Tut es immer noch weh?«, frage ich.
Realm antwortet nicht gleich, fährt sich mit der Zunge über die Lippen. Dann sagt er: »Jeden Tag.«
Ich halte inne, mein Finger liegt unter seinem Kinn. »Mir auch«, erwidere ich.
Realm zieht mich näher an sich heran, und ich weiche nicht zurück. Ich bin so einsam, alles in mir ist zerbrochen, und ich glaube nicht, dass ich jemals wieder neu zusammengesetzt werden kann. Mit jemandem zusammen zu sein, könnte mich dies für eine Weile vergessen lassen. Realm ist gut zu mir. Er ist mein Freund.
Doch als er sich vorbeugt, zieht sich etwas in mir zusammen. Einen Moment, bevor seine Lippen meine berühren, drehe ich das Gesicht weg, sodass sein Mund stattdessen meine Wange streift.
»Ich kann nicht«, murmele ich. Realm ist nicht mein fester Freund. Er ist nicht James.
Ich schließe die Augen und lehne den Kopf an seine Brust, umarme ihn und hoffe, dass er mich nicht wegschickt. Ich will jetzt nicht allein sein. Realm beginnt sofort, sich zu entschuldigen, doch ich unterbreche ihn.
»Es liegt nicht an dir. Ich bin nun mal mit … mit James zusammen«, erkläre ich ihm,
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