Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)
nicht sicher, ob das grausam ist. »Ich liebe ihn.«
Realm bewegt sich, aber er schiebt mich nicht weg. Stattdessen schließt er seine Arme um mich. »Ich verstehe«, flüstert er.
»Ich werde ihn wiederfinden«, sage ich, jedoch mehr zu mir selbst. »›Das Programm‹ kann James nicht auch noch aus meinem Herzen löschen. Ich weiß, dass sie es nicht können.«
»Wenn es euch bestimmt ist …«, meint Realm und hört sich an wie meine Mutter. Doch ich höre auch heraus, dass er verletzt ist.
Ich antworte nicht und lasse ihn mich einfach halten, obwohl ich weiß, dass ich nicht so mit ihm zusammen sein sollte.
Doch niemand kommt herein, um mich in mein Zimmer zu scheuchen. Und bevor ich einschlafe, denke ich noch, dass ich kein schlechtes Gewissen mehr habe – wenigstens für diesen Moment.
Ich bin angenehm empfindungslos geworden.
11. Kapitel
Ich wache auf und blicke auf die kahlen weißen Wände. Ich liege allein in meinem Bett, bin allein in meinem Zimmer. Ich war zwar in Realms Zimmer eingeschlafen, doch gegen drei bin ich aufgewacht, fühlte mich so ungeheuer leer und bin in mein eigenes Bett zurückgekehrt.
Als ich in den Speiseraum gehe, wartet Realm bereits am Tisch auf mich, ein albernes Grinsen im Gesicht. Seine Freunde pfeifen, als ich in meinem zitronengelben Krankenhausanzug zu ihnen trete, ein Tablett mit Rührei in der Hand.
Realm boxt Shep mit dem Ellbogen gegen die Brust. »Verschwinde«, sagt er, doch das Grinsen verschwindet nicht für eine Sekunde.
»Was ist los?«, frage ich, als ich mich neben ihn setze. Es kümmert mich nicht, ob sie über mich klatschen – nicht wirklich. Wenigstens werden sie jetzt nicht mehr versuchen, mich anzubaggern. Und nach Roger hoffe ich eh, dass mich nie mehr jemand anmachen wird.
Realm zuckt mit den Schultern. »Vielleicht ist ihnen aufgefallen, dass gestern Abend ein Mädchen mit in mein Zimmer gekommen ist. Und falls sie denken, dass du es gewesen sein könntest und wir es miteinander getrieben haben, dann ist das nicht meine Schuld.«
»Du hast es nicht klargestellt?«
»Nein. Und es ist immer noch nicht meine Schuld. Du hättest eine Verkleidung tragen sollen, wenn du gewollt hättest, dass man dich nicht erkennt.« Realm streckt die Hand aus und öffnet meine Milchtüte für mich, dann fängt er wieder an zu essen.
Ich starre auf meine Milch und denke, dass dies eine nette Geste war, wenn auch ein wenig besitzergreifend.
»Was ich dich schon längst fragen wollte«, sage ich, »wie lange bleibst du noch hier?«
Realm hält inne, blickt aber nicht auf. »Zwei Wochen. Und du hast danach noch anderthalb Wochen vor dir.«
Panik beginnt an mir zu zerren, schnürt mir die Luft ab. »Anderthalb Wochen können so lang sein.« Meine Stimme bricht, und ich habe plötzlich grässliche Angst davor, ganz allein hier zu sein. Ganz allein mit der Fremden zu sein, die mein Gesicht trägt. Und Roger, der jetzt garantiert wütend auf mich ist.
»Süße«, sagt Realm, »es wird alles gut.«
»Wird es nicht«, flüstere ich. »Ich werde alles vergessen. Und dann wird Roger … was nur? Was wird er tun, wenn ich nicht in der Lage bin, mich gegen ihn zu wehren?«
»Roger wird dir nicht mehr nachstellen«, gibt sich Realm überzeugt. »Das verspreche ich dir. Ich werde es nicht zulassen.«
»Du wirst nicht mehr hier sein.«
Realm sieht mich von der Seite her an und wirkt todernst, als er sagt: »Ich gebe dir mein Wort, dass ich es nicht zulassen werde. Keine Ahnung, wie ich das hinkriege, aber er wird dich nie mehr anrühren.« Er hört sich so an, als würde er es wirklich so meinen. Und obwohl ich Angst habe, dass ihm irgendetwas passieren könnte, schafft er es mit einem Lächeln, dass sich meine Sorge in nichts auflöst.
Dann beugt er sich vor und gibt mir einen sanften Kuss auf die Wange, einen Kuss, der nach Frühstück riecht, und macht sich wieder über sein Essen her.
Dr. Francis untersucht mich erneut und stellt fest, dass ich ein Pfund zugenommen habe. Das freut ihn, und so verringert er die Medikamentenmenge, die ich täglich verabreicht bekomme, sagt, dass ich solche Fortschritte in meiner Genesung gemacht habe, dass er endlich die Dosis senken könne.
Ich möchte ihm glauben, doch ich tue es nicht. Nicht, solange er für »Das Programm« arbeitet.
Nachdem die Untersuchung beendet ist, bringt er mich zu Dr. Warrens Büro. Sie scheint erfreut zu sein, mich zu sehen. Sie hat ihr Haar zu einem mädchenhaften Pferdeschwanz gebunden, trägt
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