Duden - Bücher, die man kennen muss. Klassiker der Weltliteratur
sowie Henry Fielding parodiert. Mit seinem humorvollen und gefühlsbetonten Werk löste
Sterne in ganz Europa einen Kult der Empfindsamkeit aus.
Sterne wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Der Vater war als
Soldat in verschiedenen Ländern stationiert und die Familie zog
ihm nach. 1735-4o konnte er, finanziell unterstützt durch seinen
Cousin, in Cambridge Theologie studieren. 1741 wurde er Pfarrer in
Yorkshire, später der dortige Domherr. Ab 1741 war Sterne mit Elizabeth Lumley verheiratet; sie hatten eine Tochter. Themen seiner Tätigkeit als Geistlicher und seine literarischen Ambitionen verband er
in kirchensatirischen Schriften.
Nach dem Durchbruch des Tristram Shandy - ein Erfolg, der ihn
knapp zwanzig Jahre nach Beginn seiner Pfarrerstätigkeit berühmt
machte - hielt sich Sterne in London auf oder reiste durch Europa,
in der Hoffnung auf Heilung seines Lungenleidens. 1762-65 lebte die
Familie in Südfrankreich. Zwei Jahre später schloss sich seine Sentimentale Reise durch Frankreich und Italien (1768) an. Das Buch versammelt in loser Reihung Reiseeindrücke, Beobachtungen und Reflexionen sowie fiktive Passagen. Für den Sentimentalismus wurde
es zu einer der prägenden Schriften.
Unter seinen Zeitgenossen polarisierte Sterne. Insbesondere Konservative sahen in dem Pfarrer eine Reizfigur. Sein Lebenswandel
war nicht eben solide und er liebte es, mit frivolen Scherzen zu provozieren. Sterne starb berühmt, aber mittellos und vereinsamt sowie
von seiner Familie inzwischen getrennt lebend in London.
Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman
OT The Life and Opinions of Tristram Shandy, Gentleman 1
OA1759-671 Deutschsprachige Erstausgabe 1769 1 Form Roman 1
Epoche Aufklärung
Der Roman von Laurence Sterne, der bis 1767 in neun Bänden erschien, bewirkte im Winter 1759 eine Sensation. Diese Wirkung erklärte sich vor allem durch seine Gestaltung als Parodie auf Werke
des noch jungen englischen Romans.
Inhalt Obgleich der Titel eine Lebensbeschreibung des Icherzählers in Aussicht stellt, erfährt der Leser über die Biografie Tristrams
kaum etwas. Auch konterkarierte der Roman die Erwartungen von
Lesern an die Konsistenz und Stringenz einer Romanhandlung. Angetreten mit dem Vorsatz, sein Leben gewissenhaft und unter Berücksichtigung aller kausalen Zusammenhänge darzulegen, verstrickt sich der Held - er wird erst im dritten Band geboren! - in
zahlreichen Digressionen. Die Erzählgeschwindigkeit wird auf diese
Weise nicht nur herabgesetzt, auch verkehrt sich die Chronologie
des Romans insgesamt, indem die Passagen nach dem Bewusstsein
des Protagonisten geordnet sind: Die Erzählung beginnt 1718 - neun
Monate vor Tristrams Geburt - und wechselt zwischen verschiedenen Daten anscheinend planlos hin und her. Das Buch endet in
der Erzählung mit dem Jahr 1713. Dazwischen liegt ein vorgebliches
Chaos aus scheinheilig kaschierten Schlüpfrigkeiten, eingeschobenen Erzählungen sowie leeren oder geschwärzten Seiten. Das Vorwort reicht der Erzähler im dritten Teil nach.
Struktur Was den Verdacht erzählerischer Unfertigkeit aufkommen lässt, was scheinbar primär einer Spottlust genüge tut, ist tatsächlich wohldurchdacht. Sterne parodiert den Vernunft- und Ordnungsglauben der Aufklärung, zugleich aber setzt er an die Stelle des
klassischen Erzählmodells (das auf dem Prinzip linearer chronologischer Abläufe basiert) einen neuen, »zirkulären« Romantypus.
Der eigentliche literarische Kunstgriff des Buchs liegt darin, dass
durch das Fehlen einer stringenten Handlung der Blick vom Erzählten auf den Vorgang des Erzählens selbst gelenkt wird. Der Protagonist Tristram denkt laut über seine Schreibweise nach, erwägt, prüft
oder verwirft ausdrücklich den Gebrauch verschiedener Stilmittel
und diskutiert solche Fragen mit seinen Lesern, die ihm wiederholt
mit Einwänden ins Wort fallen (herkömmliche Romane hatten dem
Publikum dagegen eine nur passive Rolle zugestanden). Dadurch
bekommt das Werk den Charakter einer Konversation.
Wirkung Der Roman erlangte unmittelbar nach seinem Erscheinen große Popularität. Sein Stil wurde u. a. im Sentimental Magazine
nachgeahmt. In Frankreich, wo man Sterne den Titel eines »englischen Rabelais« verlieh, inspirierte er Denis Diderot zu dessen Roman Jacques der Fatalist und sein Herr (1778-80).
In Deutschland ist Jean Paul sein wichtigster Nachfolger. Die sittenstrengen Viktorianer stießen sich an Sternes Albernheiten und
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