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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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hat aus purem Gewinnstreben einen Mordanschlag mitfinanziert und versucht, Eure Stadt ins Verderben zu ziehen, verflucht sei ihre Asche?«
    »Verflucht sei ihre Asche. Jetzt habe ich es gesagt. Was habe ich davon? Ich fühle mich nicht besser. Wenn ich diesen Zweifel aus Eurem Gesicht verschwinden sehe, dann fühle ich mich besser.«
    Ich sah ihr in die Augen. Sie gab den Blick freimütig zurück. Ihr Blick war eine Umarmung, war ein Kuss. Ich spürte beides, ohne dass sie oder ich uns auch nur eine Handspanne bewegt hätten. Außerdem spürte ich das dringende Bedürfnis, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben.
    »Welcher Art sind die guten Beziehungen, die Euer Bruder zum Hause Medici hat?«, fragte ich. »Er verfügt über Informationen, die direkt aus dem palazzo der Medici zu stammen scheinen. Außerdem sagte er, dass er außer ein paar unangenehmen Fragen nichts Schlimmeres zu vergegenwärtigen hätte, wenn ich gefangen und es bekannt würde, dass ich in Eurem Haus eingeladen war.«
    »Das hat er gesagt?«
    »Ja. Natürlich frage ich mich, warum er mich unter diesen Umständen nicht doch an die signoria ausliefert.«
    Sie dachte nach. Ihr Blick ruhte dabei unverwandt auf meinem Gesicht, und ich erkannte, dass jenes merkwürdige Gefühl zwischen uns trotz meiner Bemühungen nicht vergangen war. Ich hatte ihr im Gegenteil noch die Möglichkeit gegeben, es zu vertiefen, indem sie mir etwas Vertrauliches mitteilte. Was mich dabei am meisten erschreckte, war die Tatsache, dass ich ebenso wie sie danach verlangte, dieses Gefühl zu vertiefen.
    »Es liegt daran«, sagte sie einfach, »dass Ser Lorenzo mir seit ein paar Monaten den Hof macht. Antonio will dieses ›zarte Pflänzchen‹, wie er selbst sagt, nicht zerstören.«
    Ich hörte mich wie von weitem fragen: »Werdet Ihr ihn erhören?«
    »Um seine Geliebte zu sein? Lorenzo de’ Medici ist ein verheirateter Mann. Dass seine Frau ihn nicht glücklich macht, tut mir Leid. Aber ich bin keine Lückenbüßerin.«
    »Es wäre nicht das, was Ihr verdient hättet.«
    »Was hätte ich denn Eurer Meinung nach verdient?« Sie sah mich so offen dabei an, dass ihre Frage kaum kokett wirkte.
    »Es kommt nicht auf meine Meinung an«, erklärte ich heiser.
    »Vielleicht liegt mir viel an Eurer Meinung?« Sie fasste über den Tisch und nahm einen der schwarzen Steine auf. Als sie ihn vom Brett hob, erkannte ich, dass er der Grund für den kommenden Untergang von Schwarz war: Er blockierte den Vormarsch, und den Regeln des Spiels zufolge konnten sie nicht zurück. Wenn man ihn vom Brett nahm, hatten die Schwarzen wieder eine Chance. Beatrice hielt ihn auf der offenen Handfläche und betrachtete ihn nachdenklich. Ich nahm ihre Hand und bog ihre Finger um den Stein und spürte, wie sie sich wieder öffneten und um die meinen schlossen.
    Jemand öffnete die Tür und räusperte sich. Beatrice und ich fuhren herum, als hätte man uns bei etwas Niederträchtigem ertappt. Der majordomus stand in der geöffneten Tür. Sein Gesicht war blass. Er schoss ein paar Worte in Beatrices Richtung ab. Sie zuckte zusammen und biss sich auf die Lippen.
    »Was ist passiert?«, stieß ich hervor.
    Sie sprang auf und eilte zur Tür. Ich hörte ihr hastiges »Kommt mit!«, kaum. Ich raffte mich auf, stieß an den Tisch und warf das Spielbrett auf den Boden. Die schwarzen und weißen Steine sprangen gemeinsam durch den Raum, ihrer Rivalität auf einmal ledig. Diesen vergeblichen Kampf brauchten die Schwarzen nicht bis zum Ende zu führen. Als ich am majordomus vorbeistürzte, hörte ich ein Kreischen und Heulen aus dem Erdgeschoss, das mir die Haare zu Berge stellte. Ich folgte Beatrice die Treppe hinunter, dem Toben entgegen.
    Die Weinlieferanten hatten ein gutes Dutzend Fässer im Hintergrund des Lagerraums aufgestellt; ein Fass stand bereits auf einem Bock, bereit, angezapft zu werden. Die beiden Männer standen um das aufgebockte Fass herum und machten neugierige Gesichter. Im Zentrum ihres Interesses befand sich eine Gruppe Menschen: Zwei schlanke, hoch gewachsene Frauen hielten sich gegenseitig im Arm; eine davon hatte ihren Haarschleier und ihre Frisur zerrissen und heulte mit den Verdammten um die Wette; zwei junge Männer waren in die einfachen Gewänder von Dienstboten gekleidet; und Antonio Pratini, der mit verkniffenem Gesicht versuchte, die Tobende zu beruhigen. Im Lagerkeller hallte das Kreischen noch lauter wider als das Rumpeln der Weinfässer. Plötzlich sackte die Frau zusammen,

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