Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
Schreibpult stand und Geschäftsbilanzen aktualisierte, während zwei Türen weiter meine Frau und mein viertes Kind starben.« Ich fühlte den alten Schmerz und versuchte ihn hinunterzuschlucken. »Aber das würde nicht der Wahrheit entsprechen. Wenn Ihr wissen wollt, was mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin, müsste ich Euch von dem Tag erzählen, an dem ich von den Gräbern meiner Familie Abschied nahm und aufbrach, mit Janas Bild im Herzen.«
Beatrice sah mich überrascht an.
Ich holte tief Atem. »Bis zu dem Tag war ich nur der düstere Schatten eines Mannes.«
»Nicht sie hat es vermocht, Euch dort herauszuholen; Ihr habt es selbst getan.«
»Ohne ihre Liebe hätte ich es nie geschafft.«
»Ihr wisst selbst am besten, wie viel Ihr ihr schuldet.«
»Ja«, stieß ich hervor. »Das weiß ich. Das wenigstens.«
»Und Ihr wisst selbst, wie stark die Liebe ist, die Euch verbindet.« Es hatte keinen Sinn, etwas anderes zu sagen. »Nein«, erklärte ich erstickt. »Das weiß ich nicht mehr.«
Sie überlegte lange. Einer ihrer Finger kratzte sanft am Rand des Spielbretts. Es wäre leicht gewesen, ihre Hand zu nehmen. Es wäre gut gewesen. Meine Hand lag wie ein Klumpen Teig auf dem Tisch und bewegte sich nicht.
»Man hat herausgefunden, dass Franceschino de’ Pazzi mit Geld unterstützt worden ist, damit er Montesecco und seine Söldner kaufen konnte«, sagte sie schließlich.
»Das Geld wird wohl von Papst Sixtus gekommen sein. Und wie ich gehört habe, von den Fuggern.«
»Pazzi war der Finanzverwalter des Papstes. Für jede Transaktion zwischen den beiden gibt es zu viele legale Gründe, als dass man ihm etwas beweisen könnte. Abgesehen davon, dass es ohnehin nichts nützen würde. Ebenso verhält es sich mit den Fuggern. Die signoria kann weder den einen noch die anderen zur Rechenschaft ziehen. Wie es heißt, gab es aber noch eine dritte Geldquelle.«
»Jemanden aus dem hiesigen Adel?«
»Oh, davon gab es etliche. Nein, ich meine eine Geldquelle außerhalb von Florenz.«
»Wenn Ihr wisst, um wen es sich handelt, dann spannt mich nicht auf die Folter.«
»Ich weiß es nicht. Wie es scheint, lässt es sich auch nicht so leicht feststellen. Es gibt natürlich Verdächtigungen.«
»Gegen wen?«, fragte ich und wusste die Antwort bereits.
»Hatte Jana eine Bankverbindung?«, fragte Beatrice schließlich.
»Was?«
»Ihre Konten. Für Geschäftsabschlüsse braucht man eine Bank – es sei denn, man schleppt das ganze Geld mit sich herum, in den verschiedenen Währungen der jeweiligen Herzogtümer und Republiken.«
»Natürlich hatte Jana eine Bankverbindung. Sie bediente sich der Fugger-Filiale in Bologna. Jede namhafte Bank der Christenheit nimmt einen Wechsel auf eine Fugger-Filiale an.«
»Wenn sie die Pazzi mit Geld unterstützte, muss es Belege über die Transaktionen geben.«
»Wie soll ich das feststellen? Bis ich in Bologna und wieder zurück bin, ist es zu spät. Außerdem würde ich keinen Einblick in ihre Konten bekommen. Und was sollte es auch? Ich will den Behörden ja nicht noch einen Beweis für Janas Schuld liefern.«
»Nein. Aber vielleicht müsst Ihr Euch selbst etwas beweisen.«
Ich starrte sie an und suchte nach einer Antwort. Ich hätte sagen können: Ich fürchte mich vor noch einem Beweis. Es wäre nicht zu weit neben der Wahrheit gelegen. »Die Beweise, die vorliegen, reichen bereits aus, um zwei Menschen zu hängen.«
»Zwei Menschen. Ihr meint: sie und Euch.«
Ein Schauer lief mir über den Rücken, als sie es sagte. Sie betrachtete mich nachdenklich. »Ich würde es nicht ertragen«, sagte sie dann einfach.
Ich biss die Zähne zusammen und hielt es für angebracht, nichts darauf zu erwidern. Nach einer Weile schüttelte sie den Kopf, als würde sie ihre Gedanken abschütteln wollen.
»Wenn jemand in Florenz Geld erhalten hat, ist es über ein Florentiner Bankhaus gelaufen«, sagte sie scheinbar leichthin. »Ich kann Euch mit einer Empfehlung versorgen, sodass Ihr bei den mit meinem Bruder befreundeten Bankiers leichteres Spiel habt. Wie Ihr ihnen die Erlaubnis abringt, in Janas Transaktionen zu schnüffeln, wenn Ihr dazu nicht legitimiert seid, ist allerdings Eure Sache.«
»Ich habe mich nie darum gekümmert«, murmelte ich. »Ich kümmerte mich ohnedies viel zu viel um ihre Dinge.«
»Vielleicht habt Ihr Euch immer um die falschen Dinge gesorgt?«
»Warum sagt Ihr das? Warum versucht Ihr, ihr zu helfen? Warum sagt Ihr nicht einfach: Sie ist schuldig, sie
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