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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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sagen?«
    »Ich will sagen, dass ich mich schäme, Euch bislang nicht tatkräftiger unterstützt zu haben. Das ändere ich ab sofort.« Er angelte seinen Hut von seinem Lager und stülpte ihn sich auf den Kopf. »Und deshalb gehe ich mit Euch und Herrn Tredittore zu den Banken und helfe Euch, die Dokumente zu entziffern. Ich habe das lange Zeit für das Haus Hochstetter gemacht: Banktransaktionen überprüft und nachgerechnet. Es gibt keine Art von Geldtransfer, die ich nicht schon einmal gesehen und nachverfolgt hätte.« Er lächelte schief und als ob er selbst nicht ganz von seiner neuen Entschlossenheit überzeugt wäre, aber alles daransetzte, sich nicht zu enttäuschen. Er wies mit einer auffordernden Handbewegung zur Tür, und ich ging vor ihm hinaus und erkannte erstaunt, dass ich fast begann, ihn zu mögen.
    Die Bank, die der verstorbene Francesco Nori für seinen Freund Lorenzo de’ Medici geführt hatte, war wieder in ihren üblichen Geschäftsbetrieb eingetreten. Die selbst ernannten Wächter des Bankhauses waren verschwunden, und statt ihrer standen uniformierte Söldner diskret im Hintergrund, die weniger die Insassen des Bankhauses als vielmehr das Geld beschützten, das auf den Wechseltischen gewogen, gezählt, geprüft, eingenommen und ausgegeben wurde. Ich ließ Stepan Tredittore den Vortritt, und er gab das überzeugende Bild eines herablassenden Generalbevollmächtigten seines Handelshauses ab, der sich über die Situation seiner Geschäftskonten informieren will. Der ältere Mann hinter dem Wechseltisch winkte einem der Bewaffneten und flüsterte ihm etwas ins Ohr, und dieser trabte unbewegten Gesichts ins Innere des Gebäudes, aus dem er alsbald in Begleitung eines anderen Mannes wieder auftauchte. Tredittore wies sich mit seinem Siegel erneut aus, gab irgendeine Erklärung über Kleinschmidt und mich ab und stolzierte voraus, als uns der Bankangestellte bat, ihm zu folgen.
    Kleinschmidt nickte mir zu und flüsterte: »Ich bin erleichtert, dass es so einfach ging.«
    »Wir haben noch nichts von Janas Konten gesehen«, erinnerte ich ihn. Er hob die Schultern und beobachtete zwei Männer mit farbfleckigen Gewändern, die auf einer Leiter standen und im Durchgang zum Innenhof eine runde Holzscheibe aufhängten. Als wir an ihnen vorbeigingen, konnte ich sehen, dass auf der Holzscheibe ein Porträt aufgemalt war. Es war feiner ausgearbeitet, als zu erwarten gewesen wäre, und hatte hinreichende Ähnlichkeit mit Francesco Nori, so wie ich mich aus dem Dom an ihn erinnerte. Die Männer auf der Leiter fassten das Porträt mit so spitzen Fingern an, dass die Farben noch nass sein mussten.
    Das Innere der Bank sah nicht anders aus als ein Kontor in einem Handelshaus – oder eine Schreibstube in einem Kloster, in der die Mönche für einmal ihre Kutten ausgezogen haben. Fast alle Pulte waren besetzt von rechnenden, schreibenden oder siegelnden Männern, und das Klicken der Zählkügelchen in ihren Rinnen erhob sich über dem Räuspern, Hüsteln und Murmeln, das sie bei der Arbeit produzierten. Unser Führer brachte uns zu einem unbesetzten Schreibpult und bat uns zu warten. Tredittore entließ ihn gnädig und wandte sich zu mir um, sobald er außer Sichtweite war. Seine Blicke wanderten zwischen Kleinschmidt und mir hin und her.
    »Nur keine Nervosität«, sagte ich. Er verzog den Mund.
    Die Transaktionen des Geschäftshauses Dlugosz befanden sich in einem Folianten zusammen mit vielen anderen Geschäftsvorfällen, die alle eines gemeinsam hatten: Ihre Sicherheit war bei der Fugger-Filiale in Bologna hinterlegt. Der Mann, der uns hereingebracht hatte, hatte den Folianten und einen misstrauisch blickenden Jüngling herangeschafft, der zwei kleinere und ein großes geschwärztes, steifes Pergament in den Händen hielt, als wolle er jemanden damit erschlagen. Kleinschmidt und Tredittore traten an das Pult heran, als der Foliant darauf gelegt wurde. Der Bankangestellte breitete in einer bedauernden Geste die Hände aus und stellte sich schützend vor das Buch.
    Kleinschmidt verstand und trat mit einer Entschuldigung zurück. Tredittore folgte ihm ein wenig begriffsstutziger. Der Foliant wurde aufgeschlagen, der Bankangestellte suchte mit einem langsam über die Einträge wandernden Finger etwas, fand es und stoppte den Finger; dann nickte er dem Jüngling zu, und dieser deckte mit wichtiger Geste zuerst die gegenüberliegende Seite mit dem großen Pergament zu, dann alle Einträge oberhalb und unterhalb des

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