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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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mir. Aber ich habe auch meinen Stolz! Es ist nur, dass…«
    »Ist ja schon gut.«
    »Nein, ist es nicht. Die Hochstetter… Also, das ganze Geschäft… Also, das ist alles die reinste Vetternwirtschaft!«, stieß er plötzlich hervor. »Wenn man nicht zur Familie gehört, zählt man nicht. Ich war immer nur ein besserer Laufbursche. Fernhändler? Pah. Sie haben mich zu den Orten geschickt, zu denen kein anderer wollte, weil dort entweder Krieg herrschte oder eine Seuche oder weil kein Geschäft zu machen war. Wenn ich trotzdem manchmal einen kleinen Erfolg hatte, hieß es: Das haben wir von Euch erwartet. Wenn ich, wie meistens, versagte, hieß es: Nun, die Situation hätte vielleicht nach einem erfahreneren Mann verlangt. War unsere Schuld. Ja, war deren Schuld… Na und? Was hatte ich davon? Nur wer erfolgreich ist, kann erwarten, dass man ihn anerkennt. Sie verweigerten mir den Erfolg, und sie verweigerten mir die Anerkennung. Zuletzt hielt ich es nicht mehr aus und sagte Joachim Hochstetter die Meinung…«
    »Und er hat dich noch mehr Dreck fressen lassen.«
    »Nein«, sagte er nach einer langen Pause. »Sie haben mich hinausgeworfen. Das hat Maria Euch niemals geschrieben, stimmt’s? Sie hat sich so geschämt. Ein Vierteljahr waren wir ohne Brot. Meine Eltern haben uns Geld gegeben. Schließlich bin ich zu Kreuze gekrochen und habe um Verzeihung gebeten. Sie haben mich wieder genommen – für weniger Geld als vorher und mit viel mehr Arbeit. Ich habe meine Sünden gebüßt, das könnt Ihr mir glauben. Das hier ist meine erste selbstständige Arbeit seit Jahren, und selbst darum musste ich betteln. Meine Bewährungsprobe! Es hieß, hier könne ich zeigen, ob ich die Gnade wert sei, die man mir entgegengebracht hat.« Kleinschmidt schüttelte in verzweifelter Verwunderung den Kopf. »Sie haben mir den Schneid abgekauft, und das gründlich.«
    »Warum hast du dich nicht bei mir gemeldet?«
    Er sah hoch. »Damit Ihr mir Arbeit gebt? Was wäre das anderes gewesen, als bei Joachim Hochstetter zu bitten? Oder hättet Ihr uns Geld gegeben? Es war schon schwer genug, zu meinen Eltern zu gehen.«
    »Das ist Stolz am falschen Platz«, sagte ich ruhig. »Wenn ich dir Arbeit gegeben hätte, dann wäre es kein Almosen gewesen. Und du hättest eine Chance bekommen – eine bessere als hier.«
    Kleinschmidt verzog das Gesicht. »Hättet Ihr mir wirklich Arbeit gegeben? Nicht bloß Geld?«
    »Warum zweifelst du daran?«, erwiderte ich und fühlte mich mehr durch seine Einsicht betroffen als seine unübliche Offenheit.
    »Als ich Maria heiratete, war mein Wunsch, es Euch gleichzutun und meine Heimatstadt Augsburg zu verlassen. Aber in Landshut kannte ich niemanden…«
    »Warum hast du damals nichts gesagt? Ich hätte in meinem Haus… oder ich hätte Hanns Altdorfer fragen können, der kennt jeden Floh in Landshut.«
    »Ich habe Maria gebeten, Euch zu fragen«, sagte er leise. »Ich fürchtete mich, es selbst zu tun.«
    »Das hättest du nicht tun sollen«, knurrte ich und versuchte mich daran zu erinnern, ob Maria um Arbeit für ihren Bräutigam gebeten hatte. Ihre Hochzeit war in meiner Erinnerung nur ein Wirbel aus Selbstmitleid und lähmender Verbitterung. »Wenn du mich selbst gefragt hättest…«
    Er wandte den Kopf ab, als fürchte er, ich würde ihn im nächsten Moment ins Gesicht schlagen. »Maria hat Euch nie gefragt«, erklärte er fast unhörbar. »Sie sagte, es hätte keinen Sinn gemacht. Nichts wäre zu Euch durchgedrungen. Ihr wart ein wandelnder Schatten. Es tut mir Leid.«
    Ich biss die Zähne zusammen, aber weniger aus Zorn denn aus Scham. »Sie hätte es versuchen können«, stieß ich schließlich hervor.
    »Maria? Ihr kennt sie doch besser als ich…«
    Ich schnaubte. »Stets bemüht, zwei Schritte weiter zu denken als alle anderen, um nur niemandem wehzutun oder ihn vor unangenehme Dinge zu stellen.«
    Er nickte.
    »Ich bedauere, dass ich dir nie eine Chance gab«, sagte ich. »Aber du hast mir auch keine gegeben, dich kennen zu lernen oder dir zu helfen.«
    »Ja, ich fürchte, das stimmt. Und dabei wollte ich das gar nicht… Doch nachdem alles so angefangen hatte, war es so schwer, etwas zu ändern.« Ich erwiderte nichts, und er holte Luft und fuhr fort: »Deshalb habe ich so sehr versucht, Euch aus der Gefahr herauszuhalten: Damit Ihr erkennt, dass ich doch zu etwas tauge… und habe es schon wieder falsch gemacht. Das ist es, was mir gestern Nacht klar geworden ist.«
    »Was willst du damit

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