Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
zusammengestaucht habe und froh sei, wenn er meinen Namen einige Jahrzehnte lang nicht mehr hören müsse; was Tredittore betreffe, so solle man ihn am besten dort suchen, wo es nach einem rolligen Küchenmädchen roch. Kleinschmidt verstand überhaupt nichts, rannte aber auf die Straße hinaus, von der ich schon längst verschwunden war, und lief ziellos in ein paar Gassen hinein, bis ihm die Unsinnigkeit seines Tuns bewusst wurde. Bis er schwer atmend wieder im Fondaco war, hatte Ferdinand Boehl festgestellt, dass das Küchenmädchen wieder an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt war und dem wütenden Küchenmeister gebeichtet hatte, dass sie sich mit Stepan Tredittore in einen Vorratskeller zurückgezogen hatte und dort von ihm noch vor Vollendung ihres Tuns verlassen worden war; nämlich als Tredittore der Soldaten ansichtig wurde, die das Haupthaus durchsuchten. Er hatte den gleichen Abgang gewählt wie auf Cerchis Landgut. Mittlerweile musste er eine gewisse Erfahrung darin besitzen. Kleinschmidts Nerven verkrafteten diese letzte Hiobsbotschaft nur schwer. Er machte auf dem Absatz kehrt und reagierte die Schrecknisse des Tages ab, indem er sich auf eine planlose Suche nach mir machte. Niemand war wohl erstaunter als er, tatsächlich auf mich zu stoßen.
»Was sollen wir jetzt tun?«, fragte er am Ende seines wirren Berichts.
»Ich versuche, diesen Idioten wiederzufinden«, knurrte ich.
»Du gehst deine Sachen packen.«
»Warum wollt Ihr ihn denn suchen? Ich meine… ich dachte… Ihr könnt ihn doch nicht leiden, oder?«
»Keiner kann ihn leiden. Du etwa?«
»Na ja. Ich will ja nichts Schlechtes über einen anderen sagen, aber er hat schon so eine Art…«
»Darum geht es aber nicht. Ich kann nicht riskieren, dass er einer Streife oder den Medici-Leuten in die Hände fällt und ins Gefängnis kommt.«
»Warum denn nicht?«
»Was glaubst du wohl, wie lange es dauern wird, bis sie ihn mit Jana in Verbindung bringen? Und wie lange, bis er auf der Folter anfängt, Jana anzuschwärzen, damit man ihn in Ruhe lässt?« Es würde der peinlichen Befragung gar nicht bedürfen. Ich war sicher, es reichte, ihm die Instrumente bloß zu zeigen, um ihn zu einem fantasievollen Bericht über die Verwicklung Janas in alle Verschwörungen seit der Ermordung Cäsars zu ermuntern.
»Ich werde nicht packen«, sagte Kleinschmidt fest. »Ihr braucht mich hier nötiger denn je.«
»Red keinen Unsinn. Wenn sie dir die Heimkehr befehlen, dann geh.«
»Ich kann Euch doch hier nicht allein lassen. Aber es stimmt schon; wenn ich mich widersetze, dann habe ich meine letzte Chance bei Joachim Hochstetter vertan.« Er trat unglücklich gegen den Boden und zog die Nase hoch wie ein kleiner Junge.
»Es wird schwer, aber ich komme zur Not auch ohne dich zurecht.«
»Was soll ich denn tun?«, stieß er hervor. »Wenn ich gehe und es stößt Euch etwas zu, werde ich mir Vorwürfe bis ans Ende meines Lebens machen. Wenn ich nicht gehe, bin ich wieder ohne Brot, und kein Kaufherr in ganz Augsburg wird mir jemals wieder Arbeit geben. Sie sind zwar alle miteinander verfeindet, aber einen Mann, der eine Anordnung seines Hauses missachtet, wird auch der ärgste Konkurrent von Joachim Hochstetter nicht zu sich nehmen.«
»Darum sage ich ja, dass du gehen sollst.«
»Ach, Herr Bernward, ich kann Euch einfach nicht im Stich lassen.«
»Pass auf«, sagte ich ungeduldig, »ich habe eine Idee. Du reist nach Prato und schickst eine Brieftaube los, dass dein Schreiber krank geworden ist und du ein paar Tage warten musst, bis es ihm wieder besser geht. Vielleicht ist dann hier alles ausgestanden, und wir holen dich in Prato ein. Andererseits ist es nahe genug, dass du innerhalb eines Tages zurück sein kannst, wenn ich dich brauchen sollte.«
Er sah nicht begeistert aus. »Ob sie mir das glauben? Sie brauchen doch nur den Schreiber zu befragen, wenn wir in Augsburg sind.«
»Dann gib ihm doch in Gottes Namen Geld dafür, dass er schwindelt. So dumm wird er ja wohl nicht sein, dass er nicht erkennt, wo sein Vorteil liegt!«
Kleinschmidt brummte zweifelnd.
»Da vorn ist der Fondaco«, sagte ich bestimmt. »Sobald wir angekommen sind, befiehlst du deinem Schreiber zu packen. Morgen in aller Frühe reist du ab. Sobald du in Prato bist, schickst du die Brieftaube mit der Botschaft von der Erkrankung deines Schreibers los. Hast du mich verstanden?«
Er ließ den Kopf hängen. »Wenn Ihr mich auch von hier weghaben wollt, dann soll es so
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