Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
nicht aufgeklärt.«
»Natürlich habe ich ihn aufgeklärt! Ich schlug seine Worte in den Wind. Aber ich brauchte zu lange, um mich dazu durchzuringen. Als ich die Täter gefasst hatte, war es zu spät. Die Morde waren während des Krieges begangen worden, und Bischof Peter hatte in den Friedensvertrag diktiert, dass keine Seite an den Missetaten der anderen Rache nehmen dürfe, die unter der Kriegsflagge begangen worden waren. Er wollte, dass der Frieden dauerhaft war.«
»Eure Hartnäckigkeit hat Euch Eure Stelle gekostet, nehme ich an.«
»Und Bischof Peters Freundschaft. Eingebracht hat sie mir nichts.«
»Ihr habt so gehandelt, wie Ihr musstet.«
Ich lächelte schwach. »Das ist ein großes Wort. Ich war hitzköpfig und verbohrt, das ist alles.«
»Umberto Velluti hat Antonio als den Verwalter seines Erbes eingesetzt«, sagte Gutswalter. »Ich habe Vellutis Konten durchgesehen.«
Ich bemühte mich, seinem abrupten Gedankenwechsel zu folgen.
»Warum habt Ihr das getan?«
»Weil Velluti das Wasser mehr scheute als eine Katze und sich ausgerechnet im Arno das Leben nahm.«
Ich sah ihn verblüfft an. Er lachte und schien erstaunt, dass es ihm nach der Szene auf dem Platz vor San Lorenzo noch gelang. »Schaut nicht so misstrauisch. Das waren doch Eure eigenen Worte, oder?«
»So ungefähr. Nur sagte ich sie zu…«
»… zu Monna Beatrice, ja. Was glaubt Ihr, von wem ich sie habe?«
»Beatrice und Ihr müsst ebenfalls ein ausgeprägtes Vertrauensverhältnis zueinander haben«, sagte ich mühsam.
»Das ist nur natürlich. Immerhin war es Matteo Federighi, der mich vor zwei Jahren aus dem Gefängnis holte.«
»Beatrices verstorbener Mann? Du meine Güte! Jetzt verstehe ich Beatrices Bemerkung über sein schlimmes Ende.« Ich schüttelte den Kopf. »Eure Bande zur Familie Pratini sind vielfältig.«
»Und dicker als Blutsbande, das versichere ich Euch.«
Ich schnaubte. »Was ist nun mit Vellutis Konten?«
»Er hat über die Bank von Francesco Nori kurz vor Ostern einen stattlichen Betrag erhalten.«
»Ich weiß. Das Geld stammte von Jana.«
»Wisst Ihr auch, was er damit getan hat?«
»Nein, zum Teufel«, rief ich erregt und dämpfte erschrocken meine Stimme. »Das versuche ich doch die ganze Zeit herauszufinden.«
»Er hat das gesamte Geld an Benedetto di Maiano weitergeleitet.«
»Was macht denn das für einen Sinn?«, fragte ich verdutzt. »Benedetto di Maiano – das ist doch dieser Porträtkünstler, habe ich Recht?«
»Ja, aber nebenher ist er auch ein sehr passabler Architekt und eines der Mitglieder von Lorenzo de’ Medicis Platonischer Gesellschaft. Nun, ich nehme nicht an, Velluti wollte seine Büste bei Maiano in Auftrag geben und hat schon vorab bezahlt, nicht wahr?«
»Was hat das alles mit seiner Ermordung zu tun?«
»Woher soll ich das wissen? Findet es heraus. Denn eines ist sicher: Velluti hatte mit Eurer Gefährtin zu tun, und alles, was an seinen letzten Taten und seinem Tod merkwürdig erscheint, steht mit Sicherheit im Zusammenhang mit ihr.«
»Weshalb helft Ihr mir jetzt schon wieder? Wegen des Todes jenes unseligen Priesters?«
»Ach, ich weiß nicht. Vielleicht hat es damit zu tun. Vielleicht mit Eurer Geschichte über den Mordfall.«
Ich sah ihn misstrauisch an. Er kämpfte einen kleinen Kampf mit sich.
»Was soll’s?«, rief er dann. »Ich helfe Euch, weil ich wissen muss, ob Jana unschuldig ist oder nicht. Wenn sie schuldig ist, zieht sie womöglich Antonio in die ganze Sache mit hinein, und das muss ich verhindern.«
»Davon redet auch Beatrice ständig. Der Einzige, der sich darüber keine Sorgen zu machen scheint, ist Pratini selbst.«
»Natürlich macht er sich Sorgen.«
»Er ist doch so ein guter Freund der Medici.«
»Das ist er nicht. Ihr wisst, dass Papst Sixtus die Finanzverwaltung des Vatikans Ser Lorenzo entzog und sie in die Hände von Franceschino de’ Pazzi legte? Lorenzo wollte diese Aufgabe wieder zurückholen, und angesichts von Franceschinos Inkompetenz schien es jedem, dass Lorenzo eine gute Chance dazu hatte.«
»Der Papst hätte Lorenzo niemals die Gelder des Vatikans wieder anvertraut«, rief ich. »Was glaubt Ihr denn, wer hinter diesem Anschlag in Santa Maria del Fiore steckt, wenn nicht der Heilige Vater?«
»Aber das hätte bis zum Ostersonntag niemand zu glauben gewagt. Und es ist auch egal; jeder wusste, wie viel Lorenzo daran lag, dass die Medici wieder die Finanzen des Papstes regelten.«
Ich zuckte mit den Schultern.
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